Essen. Pokal-Sensation an der Essener Hafenstraße. Regionalligist Rot-Weiss Essen schlägt Bundesligist Bayer Leverkusen mit 2:1 (0:0) nach Verlängerung.

Rot-Weiss Essen kämpfte mit Leidenschaft, hatte Glück im Spiel und verdiente sich das Glück in der Verlängerung. Die Sensation ist perfekt, Rot-Weiss steht im Viertelfinale. Im Achtelfinale des DFB-Pokals schaltete der Viertligist den Erstligisten Bayer Leverkusen aus. Der krasse Außenseiter lag in der Verlängerung zurück und kam zurück. Unglaublich. Erst der Ausgleich, dann bereitete der Ex-Leverkusener Cedric Harenbrock vor und Torjäger Simon Engelmann traf in der 117. Minute aus spitzem Winkel todescool unter die Latte zum 2:1-Sieg. Was für ein Triumph an der Hafenstraße, wo RWE in dieser Saison ungeschlagen bleibt. Die ungleichen Verhältnisse in solchen Pokalduellen provozieren immer die gleichen Reaktionen.

Der Mann des Spiels fängt den Ball: RWE-Torwart Daniel Davari.
Der Mann des Spiels fängt den Ball: RWE-Torwart Daniel Davari. © ffs | Thorsten Tillmann

Der Außenseiter beteuert stets, dass er seine Chance glaubt, der Favorit wiederum, dass er die Aufgabe seriös angehen werde. Doch würde RWE als Viertligist eine Chance gegen den Champions-League-Anwärter Leverkusen? Normalerweise nicht, aber…. Die Rot-Weissen sind seit nunmehr einem Jahr saisonübergreifend ungeschlagen, streben in die 3. Liga. Im DFB-Pokal setzten sie sich gegen den Erstligisten Arminia Bielefeld (1:0) und den Zweitligisten Fortuna Düsseldorf (3:2) durch und haben sich damit den Ruf des Favoritenschrecks erworben.

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Und ein weitere Hoffnungsschimmer für die unterklassigen Hausherren: Der tiefe Rasen an der Hafenstraße sei für das technisch anspruchsvolle und temporeiche Spiel der Leverkusener weniger geeignet, was sich auch bewahrheitete. “Wir wissen damit umzugehen und sind gut vorbereitet”, schlug Bayer-Trainer Peter Bosz den Rückpass, denn am Rhein hatten sie lange Zeit ebenfalls Platzprobleme.

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Also, bloß keine Ausreden. Klar war, dass der Erstligist die Initiative übernehmen würde. Das gehört sich so für den Favoriten, der von Beginn an keine Zweifel aufkommen lassen wollte, wer ins Viertelfinale einziehen wird. “Werkself” steht in großen weißen Lettern auf dem Mannschaftsbus, und das klingt mehr nach harter Arbeit als nach leichtfüßiger Gala. Und das wurde es auch. Die Leverkusener übernahmen die Initiative, waren bissig in den Zweikämpfen und setzen Rot-Weiss unter Druck. Es ergaben sich Chancen. Tapsoba ließ den Ball scharf in Richtung Essener Tor flattern, so dass RWE-Keeper Daniel Davari nur abklatschen konnte (3.). Alario hatte die erste richtig gute Möglichkeit in der neunten Minute, scheiterte aber an Davari.

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Bayer Leverkusen macht mächtig Druck

Die Essener hatten Mühe, den Ball kontrolliert nach vorn zu spielen, kamen kaum aus der eigenen Hälfte heraus. Aber die Defensive, die Trainer Christian Neidhart durch Felix Herzenbruch verstärkt hatte, hielt ausgezeichnet dagegen. Der Favorit spielte geduldig, aber ließ seine Chancen liegen. Er vertändelte die Kugel im Fünfmeterraum (14.), und nach einer Flanke von Bellarabi köpfte Schick aus vier Metern an den Pfosten. Da wollte er es zu genau machen - eine Hundertprozentige (25.). Als Alario seinen Kollegen Aránguiz künstlerisch wertvoll mit der Hacke bediente, scheiterte dieser aus 14 Metern an Davaris Bein (29.). Und RWE? Der Außenseiter befreite sich mit zunehmender Spielzeit häufiger, profitierte einige Male von den fahrlässigen Fehlern der Gäste vor deren Strafraum.

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Der quirlige Young sorgte einige Male mit Dribblings für Unruhe, Torjäger Engelmann war abgemeldet. RWE-Kapitän Kehl-Gomez hatte schließlich fünf Minuten vor der Pause die Führung auf dem Fuß, als er aus 18 Metern nur hauchdünn das Ziel verfehlte. Die Führung wäre sehr glücklich gewesen angesichts der Chancenverteilung.

Und Leverkusen machte dort weiter, wo man aufgehört hatte, und das in jeglicher Hinsicht. Der eingewechselte Diaby traf nur den Pfosten (49.) und Tapsoba zwang Davari mit einem Kopfball zu einer Flugeinlage (51.). Toreschießen war bekanntlich schon in den letzten Liga-Spielen nicht die Stärke der Rheinländer. Von vier Partien hatten sie drei mit 0:1 verloren. Leverkusen belagerte aber die Essener Hälfte, doch gegen die leidenschaftlichen Essener Vollversammlung fehlten oft Esprit und Durchschlagskraft. Und wenn Bayer mal durchkam, war Davari zu Stelle, wie beim Gewaltschuss von Bailey (60.).

RWE: Kefkir gleich in der Verlängerung aus

Die Zeit lief gegen den Favoriten. Es nieselte und der Rasen wurde immer mehr zur seifigen Rutschbahn. Spaß hatten wohl nur noch die Rot-Weissen, die immer noch die Sensation als Option hatten, während dem Erstligisten der Frust teilweise anzusehen war. Als Diaby nur den Innenpfosten traf (89.) und Super-Davari Wirtz’ Nachschuss aus drei Metern abwehrte, war es der Vorbote der Verlängerung. RWE verteidigte weiterhin mit Herz und Seele, aber dann passierte es doch. Die Roten bekamen den Ball nicht weg, Dragovic passte den Ball diagonal durch den Strafraum auf Bailey, der freistehend ins lange Ecke zum 1:0 (105.) vollendete.

Es war nicht die Entscheidung. Der eingewechselte Marcel Platzek stellte mit seinem Gewaltschuss Torwart Hradecky vor Probleme, der wehrte zu kurz ab vor die Füße von Oghuzan Kefkir, der überraschend das 1:1 (109.) erzielte. Es folgte schließlich die Krönung durch Essens Torjäger Simon Engelmann.

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