Essen. RWE-Torhüter war beim 2:1-Pokaltriumph nur einmal machtlos. Mit Kefkir, Harenbrock und Platzek wechselt Trainer Neidhart die Joker ein.

Als es vorbei war um 21.03 Uhr fehlte fast die Kraft zum ausgiebigen Feiern: Die Pokalhelden von Essen waren nur noch müde. Lang ausgestreckt in seinem Torraum lag im gelben Sweater RWE-Keeper Daniel Davari, seine Mitstreiter Alex Hahn, Dennis Grote und der oben rum längst "blanke" Felix Herzenbruch legten sich zu ihm. Liegen war einfach angenehmer als Stehen.

Denn Rot-Weiss Essen hatte beim sensationellen Pokaltriumph über das europäische Spitzenteam Bayer Leverkusen wirklich alles aus sich rausgewrungen. Die Verlängerung war ein einziger Muskelkrampf. Dieser Erfolg hatte natürlich ganz viele Väter, aber einer ragte dennoch heraus.

RWE-Keeper im Stile eines Eishockey-Torwarts

Daniel Davari, überall: Mal zuckte die Faust raus bei Schüssen und Kopfbällen der Leverkusener aus nächster Nähe, beim nächsten Mal klärte der 33-Jährige im Stile eines Eishockey-Torwarts, in dem er die Grätsche machte und per Fuß oder Schienbein abwehrte. War er denn doch einmal geschlagen, dann erklang im leeren Stadion der helle Ton von Aluminium; egal, ob es die Baileys, Alarios oder Schicks oder wie sie alle hießen, am Ende immer verzweifelter versuchten. Der Alu-Preis in Essen schnellte in die Höhe.

"Unfassbar, wie wir hier alle füreinander gekämpft haben, ich kann das noch gar nicht in Worte fassen", gab der Keeper bescheiden nach Spielende von sich. Dafür kamen die Lobeshymnen von anderen. Trainer Christian Neidhart: "Das macht er ja nicht erst seit heute, Daniel führt uns schon durch die ganze Saison. Wenn es brennt, ist er da."

RWE-Boss Uhlig bewundert Davaris Ruhe

Und RWE-Vorsitzender Marcus Uhlig sieht die Abstrahlwirkung der unumstrittenen Nummer eins auf das ganze Team: "Seine unglaubliche Ruhe, die er ausstrahlt, überträgt sich auf seine Vorderleute, nur so ist ein solcher Erfolg möglich."

Natürlich hatte der Erfolg auch einige Adoptivväter. Auch Trainer Christian Neidhart kann sich ein großes Stück von der Torte abschneiden, zog er im richtigen Moment doch die entscheidenden Joker. Denn Hand aufs Herz: Wer hat denn wirklich noch mit einem Weiterkommen gerechnet, nachdem Leon Bailey nach 105 Minuten den Bann für Leverkusen brach?

Platzek und Harenbrock stachen als Joker

Zu dem Zeitpunkt liefen alle in Rot-Weiss schon auf Reserve, doch was war das für eine Monster-Mentalität? Eine Minute nach dem Rückstand kamen Cedric Harenbrock und Marcel Platzek in die Partie - und plötzlich verfielen die Bayer-Stars in eine unfassbare Passivität, hatten sie auf einmal etwas zu verlieren.

Und Essen? Vereins-Ikone Platzek ließ mit dem Mute der Verzweiflung eine unkonventionelle Fackel von der Strafraumgrenze ab, Bayer-Keeper Lukas Hradecky faustete etwas waghalsig zur Seite, genau in den Lauf des ebenfalls nach einer Stunde eingewechselten Oguzhan Kefkir: 1:1. Der Vater in spe machte sogleich die Wiege-Bewegung an der Eckfahne. Und sie schaukelten das Ding tatsächlich noch.

Kingeling, dann kam der Engelmann

Denn drei Minuten vor Ende der Verlängerung kam tatsächlich, "klingeling klingeling, der Eier.....", pardon Engelmann. Bis dahin war vom 22-Tore-Ligamann so gut wie nichts zu sehen, das Spiel lief an ihm vorbei. Bis, ja, bis der feine Techniker Harenbrock - übrigens in Leverkusen ausgebildet - den Ball von Aranguiz abluchste, Engelmann traumhaft in das freie Stück Strafraum schickte und der Torjäger die Kugel mit dem schwächeren rechten Fuß aus spitzem Winkel unter die Latte nagelte.

Der trockene Kommentar des Schützen dazu: "Ich weiß, wenn ich den Ball auf dem Fuß hab und ein Ding hab, dann kann es immer klingeln." Und wie es schepperte, es dröhnte den Leverkusenern noch lange in den Ohren.

Umstrittene Szene hätte alles zunichte machen können

Vor dem ersehnten Abpfiff hatte die Partie aber noch einen kitzeligen Höhepunkt parat: Direkt nach dem 2:1 und vor dem Wiederanstoß eilte Schiedsrichter Daniel Schlager zum Videogerät. Eine umstrittene Szene direkt zuvor galt es abzugleichen. Felix Herzenbruch soll Frimpong im Strafraum gezupft und zu Fall gebracht haben. Statt Siegtor RWE hätte es dann Strafstoß für Bayer gegeben. 

Bange Sekunden vergingen, dann zeigte Schlager endlich zur Mitte. Dann war es vorbei und die Party begann. Und so durfte auch das Schiedsrichtergespann den Heimweg antreten. Im anderen Fall hätte es wohl eine Übernachtungsmöglichkeit im Stadion Essen geben müssen...

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