Essen. In turbulenten Zeiten an der Hafenstraße könnte RWE mit der Partie bei Viktoria Köln ein Zeichen setzen. Aber die Gastgeber wollen Revanche.

Manchmal spielt die Wetterlage einen perfekten Doppelpass mit der sportlichen Situation: Nach einem Frühlingseinbruch hat zäher Nebel sich auf die Stadt gelegt, auch die Hafenstraße wird von dicken Schwaden erfasst, die das Stadion Essen wie einen Schutzwall umhüllen.

In der nächsten Woche, so hört man daraus flüstern, wird Licht ins Diffuse gebracht – egal, was die Wetterfrösche sagen. Willkommene Abwechselung bietet den Rot-Weissen Sonntag das Duell beim Tabellendritten Viktoria Köln (14 Uhr, Sportpark Höhenberg). Vor wenigen Wochen noch hätten sich die Fans wie Bolle auf diese Partie beim Rivalen gefreut, inzwischen dient es nur der Ablenkung zwischen vereinsinternen Turbulenzen. So weit ist RWE mal wieder.

Vom „Duell der Verfolger“ sprechen die Gastgeber, doch wen oder was sollen die Gäste momentan verfolgen? Für das Team von Trainer Marc Fascher geht es an diesem Spieltag lediglich darum, sich nicht nachhaltig aus den Top Drei zu verabschieden. Bei einer Niederlage hätten die Essener bereits fünf Punkten Rückstand auf die Kölner, die noch eine Nachholpartie in der Hinterhand haben.

Kölner Kurswechsel nach Wollitz-Abgang

Seit dem letzten hitzigen Duell im Hinspiel hat sich auch bei den Kölner Vorstädtern einiges getan. „Der Star ist der Trainer“ war bei Viktoria gestern, nach der Trennung von Pele Wollitz haben die Kölner Neureichen einen kompletten Kurswechsel vollzogen: Mit dem erst 30jährigen Tomasz Kaczmarek hat der neue Vorstand Sport, – ein momentanes Reizwort an der Hafenstraße – Franz Wunderlich, offensichtlich mitten ins pralle Glück gegriffen. Plötzlich sind im Viktoria-Spiel wieder System und Struktur zu erkennen, die Ansammlung von Individualsportlern tritt als echte Mannschaft auf. Da ließ sich auch der Erfolg nicht lange bitten: Die letzten vier Partien machte Viktoria ihrem Namen alle Ehre. Und vor der Partie gegen RWE braucht es keine zusätzliche Motivation. Zu tief sitzt der Stachel der Frustration nach dem 1:2 aus dem Hinspiel, als die Kölner 85 Minuten lang wie der sichere Sieger aussahen und am Ende wohl an ihrer eigenen Überheblichkeit scheiterten.

Aber diese Zeiten sind vorbei, bei der Viktoria werden längst ganz andere Töne angeschlagen. Selbst bei „nur“ sieben Punkten Rückstand auf die Aachener Alemannia erklärt Kaczmarek den Titelkampf für beendet: „Wir haben keine Chance. Ich bin sogar der Meinung, dass es noch nicht einmal einen Strohhalm gibt, an den wir uns klammern können,“ verriet er dieser Tage dem Kölner Stadtanzeiger.

Fascher erwartet eine "Hammeraufgabe"

Worte, die eigentlich seinem Pendant, Marc Fascher viel eher zugestanden hätten, doch der verbietet sich selbst den Blick auf die Tabelle, erwartet eine „Hammeraufgabe“ und denkt nur „von Spiel zu Spiel“, worin eine vielleicht ungewollte Zweideutigkeit der eigenen Situation steckt.

Die Mannschaft jedenfalls könnte erstmals in dieser Saison frei aufspielen: Der Titelzug ist abgefahren, der ominöse Platz fünf durch die Trainer-Verlängerung nicht mehr wichtig, nun könnte sie zeigen, ob sie wirklich mit diesem Coach weiter arbeiten will.