Essen.. Im Gegensatz zu früher ist die Regionalliga nur noch die vierte Liga. Aber an Rhein und Ruhr steckt jede Menge Tradition in der Spielklasse – und mit RWE und RWO zwei Titelkandidaten. Weniger Chancen haben die SG Wattenscheid und die Bochumer U23. Ein Ausblick auf die Saison.
Der Wahnsinn hat Tradition: Wenn an diesem Freitag Rot-Weiss Essen die neue Regionalliga-Saison gegen die Sportfreunde Lotte eröffnet, werden vermutlich wieder mehr als 10 000 Zuschauer wie Motten vom Flutlicht angezogen, dass so mancher Zweitligist vor Neid erblasst. Oder, wie es die Gastgeber in Anlehnung an ihren Boss Helmut formulieren: Es herrscht „Rahnsinn“ im 60. Jahr nach der Deutschen Meisterschaft des Traditionsvereins.
Die vierte Liga hat dank ihrer Traditionsklubs nichts von ihrer Strahlkraft eingebüßt. Neben RWE sind auch Rot-Weiß Oberhausen und Wattenscheid 09 am Start, dazu der FC Kray sowie Schalkes und Bochums Profi-Nachwuchs. Zum Saisonstart: der große Check der Regionalliga.
Rot-Weiss Essen - Fascher-Elf muss direkt hohe Erwartungen erfüllen
Aus Erfahrung vorsichtig, lautet das Motto. Der neue Sportvorstand Uwe Harttgen hat nach der letzten trüben Saison alle Steine im Verein umgedreht und jeden Frosch draußen vor den Toren der Stadt abgesetzt. Auch auf die Gefahr hin, den einen oder anderen mit entsorgt zu haben, der sich woanders vielleicht als Prinz entpuppen könnte.
Stattdessen ging RWE auf Shoppingtour quer durch die Lande und griff gerade im Sturm ins oberste Regal: Sven Kreyer (VfL Bochum), Marwin Studtrucker (Wiedenbrück) und Tobias Steffen (Fortuna Köln) gehören mit zum Feinsten, was diese Liga zu bieten hat. Qualität hat ihren Preis, deswegen ist der Kader insgesamt auf Kante genäht.
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Die U 23 wurde mit einem Federstrich abgeschafft, das freigewordene Geld floss bis auf den letzten Cent in die erste Mannschaft. Viel passieren darf nicht mehr, zumal es bereits wieder einige Verletzte zum Saisonstart gibt. Erst in der letzten Woche zog sich der als Innenverteidiger benötigte Philipp Zeiger einen Schlüsselbeinbruch zu. Die vorsichtige Saisonprognose des Sportvorstands (Platz eins bis fünf) wurde nur zur Hälfte akzeptiert, die „fünf“ möchte an der Hafenstraße niemand hören.
Prognose: Einmal mehr wird alles von den ersten Spielen abhängen. Der äußerst engagierte Trainer Marc Fascher arbeitet mit Hochdruck daran, aus klangvollen Namen eine Einheit zu formen. Läuft die Mannschaft allerdings gleich von Beginn an der Musik hinterher, gibt es Heavy Metal von den Rängen an der Hafenstraße.
Rot-Weiß Oberhausen - Malocherklub mit Aufstiegschancen
Diese Sorgen kennt der Nachbar vom Rhein-Herne-Kanal nicht. RWO hat eine phänomenale Rückserie gespielt, das Team ist nahezu zusammengeblieben, aber der Zuschauerzuspruch hält sich wie seit Jahrzehnten in engen Grenzen. Der sportliche Leiter Frank Kontny vertraut seinem Näschen für Talente aus dem Low-Budget-Bereich und hat die Truppe mit Nachwuchskräften aus der Oberliga angereichert. Die Testspiele verliefen vielversprechend, RWO redet vom Aufstieg innerhalb der nächsten beiden Jahre.
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Prognose: Wenn es dem neuen Trainer Andreas Zimmermann gelingt, den Teamspirit in die neue Saison hinüberzuretten, ist der selbst ernannte „Malocherklub“ ein Anwärter für die Top 5.
FC Kray - Auf Kunstrasen zum Favoritenschreck?
Essen ist Fußball-Hauptstadt der Regionalliga. Denn da gibt es ja noch den FC Kray. Wurde der Aufstieg vor zwei Jahren noch als positiver Betriebsunfall von der Konkurrenz belächelt, so sind die Krayer dank des Verzichts von Oberliga-Meister Hönnepel-Niedermörmter schon wieder zurück. Diesmal, um zu bleiben.
Das kleine gallische Dorf in der höchsten Amateurliga hat sich mächtig gemausert. Dankend wurde vom großen Bruder mit Torhüter Philipp Kunz und RWE-Kultfigur Vincent Wagner solides Personal gewonnen. Vom ETB lockte man Kamil Waldoch und Torhüter Kai Henkel, vom WSV kommt mit Eric Yahkem ein vielversprechendes Sturmtalent.
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Prognose: Trainer Michael Lorenz, noch ein Ex-Rot-Weißer und Debütant in der vierten Liga, hat brauchbares Material an die Hand bekommen. Dass die Krayer zehn ihrer 17 Heimspiele daheim auf Kunstrasen austragen dürfen, wird so manchen Favoriten vor Probleme stellen. Motto in Kray: Alles kann – nichts muss.
FC Schalke 04 U23 - Ambitionierte Jugend mit Herbergsvater Asamoah
Noch ein Stückchen weiter östlich hält man gar nichts von der legitimen Idee, die U 23 abzuschaffen. Der FC Schalke 04 verjüngt sich aber Richtung U 21, Gerald Asamoah (35) ist in seinem letzten wohl aktiven Jahr so etwas wie der Jugendherbergsvater. Aber der Nachwuchsbereich, der in letzter Zeit bundesweit für Aufsehen sorgte, ist den Königsblauen heilig. „Die erste Mannschaft ist unser Aushängeschild, aber die Knappenschmiede ist unsere Seele, das Herz des Vereins“, sagt Bodo Menze, so etwas wie der geistige Nachwuchs-Vater im Verein.
Prognose: Die Königsblauen gehören immer zum technisch Stärksten, was diese Liga zu bieten hat. Wenn es der neue Trainer Jürgen Luginger, ein Schalke-Rückkehrer, schafft, das Team auch kämpferisch auf Augenhöhe mit der meist älteren Konkurrenz zu bringen, dürfte der Titel „Beste U 23 der Liga“ sicher sein. Von mehr möchte man ohne echte Heimspielstätte noch nicht träumen.
Wattenscheid 09 - Mit einem 17-Mann-Kader gegen den Abstieg
Vier Jahre lang hatte sich der einstige Bundesligist nach dem Totalabsturz 2010 nach oben gearbeitet, von der Westfalen- bis in die Regionalliga, schaffte dort den Klassenerhalt. Sportlich lief’s also, doch Trainer André Pawlak verlängerte seinen Vertrag nicht. Ein Kabinen-Eklat zwischen Alexander Thamm und dem seit jeher im Kreuzfeuer stehenden Vorsitzenden Christoph Jacob setzte den Geschehnissen die Krone auf. Am Saisonende verabschiedete sich – bis auf zwei Spieler – die gesamte Mannschaft. Unter dem neuen Trainer Christoph Klöpper und mit einem reduzierten Etat von offiziell 150 000 Euro wollen sich nun Spieler beweisen, die den Sprung in das Profigeschäft noch nicht geschafft haben: Burak Kaplan (Besiktas Istanbul) oder Güngör Kaya (Bochum) etwa.
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Prognose: Die A-Elf kann sich sehen lassen, bislang allerdings umfasst der Kader nur 17 Spieler. Der Klassenerhalt käme einer riesigen Überraschung gleich.
VfL Bochum U23 - Schaulaufen für die Neururer-Mannschaft
Rundumerneuerung beim Unterbau des Zweitligisten VfL Bochum. Von der U 23, die im Vorjahr nur mit Mühe den Klassenerhalt schaffte, sind nur drei Spieler übrig geblieben. Die Neuen senken den Altersschnitt des Teams von Trainer Thomas Reis noch einmal, die meisten Spieler sind um die 20. Alle hoffen, sich für die 2. Liga zu empfehlen.
Prognose: Die U 23 muss erneut um den Klassenerhalt bangen.