Gedankenspiele um WM-Teilnahme von Gladbachs Kramer
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Mönchengladbach. Auch beim 2:1-Sieg von Borussia Mönchengladbach gegen Champions-League-Teilnehmer Schalke 04 überzeugte einmal mehr Christoph Kramer im defensiven Mittelfeld. Der 22-Jährige wird von Taktikexperten mittlerweile als legitimer Ersatz von Sami Khedira in der deutschen Nationalmannschaft gesehen. Mit Chancen auf die WM in Brasilien.
Christoph Kramer lächelt verlegen und seine Gesichtsfarbe färbt sich, als hätte er just in dem Moment wieder einen kräftezehrenden Zweikampf auf dem Rasen gewonnen. Kramer gewann viele Zweikämpfe beim 2:1 der Borussia aus Mönchengladbach gegen den FC Schalke 04 und die Frage, die ihn erröten ließ, wurde berechtigt gestellt. Ruft Bundestrainer Joachim Löw noch vor der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien an?
Taktikexperten jedenfalls sehen den ehemaligen Bochumer längst im Trikot der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Und von seinem Vereinstrainer Lucien Favre wird Kramer „Laufwunder“ gerufen. Der Schweizer Fußballlehrer weiß, dass er mit dem erst 22-Jährigen ein Juwel im defensiven Mittelfeld im Kader hat. Ein Juwel, das nicht mehr so viel geschliffen werden muss und immer wieder beeindruckend aufblitzt. Konditionsstark, lauffreudig, hoch motiviert und zudem mit fußballerischem Talent gesegnet, jubeln Fußballanalytiker den Mittelfeldspieler in den Himmel und wollen ihn lieber heute als morgen im DFB-Team sehen.
Kramer konstant gut und wichtig für Gladbachs Umschaltspiel
„Jaja, das sind die Taktikexperten“, lächelt Kramer verlegen und wir sind in dieser Situation in der Mixedzone nach dem Sieg gegen die Köngisblauen. „Das freut mich zu hören, dass ich von Taktikexperten in die Nationalmannschaft berufen werde. Aber schöner wäre es, wenn das der Bundestrainer macht“, sagt Kramer, der weiß, „dass wir gerade auf der Position unheimlich gut besetzt sind“. Das sei natürlich ein Traum, berufen zu werden. „Aber ob der in Erfüllung geht, wage ich zu bezweifeln“, schätzt der ehemalige U19- und U20-Nationalspieler seine Situation ein. Wahrscheinlich liegt er damit nicht ganz verkehrt.
Dabei muss sich Kramer vor keinem Bundesliga-Spieler im defensiven Mittelfeld verstecken. Bei der Borussia ist der Mann mit der Pferdelunge gesetzt, war zu Saisonstart die Überraschung im Kader der Gladbacher und verdrängte Havard Nordtveit und Thorben Marx auf die Bank oder gar auf die Tribüne. Kramer überzeugt in jedem Spiel durch intelligentes Stellungsspiel, gutes Antizipieren und sicheres Aufbauspiel aus der eigenen Hälfte. Zusammen mit dem Schweizer Nationalspieler Granit Xhaka hat sich am Niederrhein ein Mittelfeldpärchen gefunden, was enorm gut in der Balleroberung und im Umschaltspiel agiert. Fußball, so wie ihn Favre sehen will.
Von David Nienhaus, aufgezeichnet in der Mixedzone
Es sei natürlich auch eine Willenssache, dass die Borussia momentan neben den Bayern die beste Mannschaft der Fußball-Bundesliga ist. Aber „wir haben einfach einen unheimlich Lauf. Wir wissen, was wir können.“ Wenn man einmal so einen Lauf habe, gelingen eben auch Dinge, die sonst nicht gelingen. Er macht es fest an dem Traumtor von Raffael, der aus 18 Metern den Ball mit Links in den Winkel hämmerte. Aber auch ihm selbst gelingt fast alles. Alleine gegen Schalke kamen 94 Prozent seiner Pässe an, der Energiespieler hatte 13,11 Kilometer auf dem Tacho und bestreitete die meisten Zweikämpfe des Tabellenvierten.
Löw kündigt Überraschungen im WM-Kader an
Die Frage nach seinen Stärken ist ihm unangenehm. „Ich versuche mein Bestes zu geben, und der Mannschaft zu helfen. Ich bin da wo es weh tut, da wo es brennt. Und dann stehe ich oft gut“, erklärt der junge Mann zurückhaltend und es entfleucht ihm ein leises „keine Ahnung.“ Es sei doch immer schwer, sich selbst zu loben oder seine Stärken zu beschreiben, sagt Kramer.
Seine Stärken und Spielweise erinnern an Sami Khedira, der sich im Testspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Italien einen Riss des vorderen Kreuzbandes und Innenbandriss im rechten Knie zuzog. Ob der Mittelfeldstratege von Real Madrid pünktlich bis zur Weltmeisterschaft im Juni fit wird oder seinen Leistungsstand bis dahin erreicht, ist mehr fraglich. Und wer kommt im Moment sonst für die Position für Joachim Löw in Frage? Bastian Schweinsteiger? Verletzt. Ilkay Gündogan? Verletzt. Sven Bender? Verletzt. In der "Bild am Sonntag" sagte Löw, er wisse, dass er Spieler brauche, "die extrem belastbar und topfit
sind". Auch deshalb könne es Überraschungen bei der Kaderzusammenstellung für die WM
geben. "Es gibt schon einige Spieler, die zwar noch jung, aber
von ihrem Talent her überragend sind. Da kann es schon sein, dass einer
bei der WM mit dabei ist", so der Bundestrainer.
Die Nachfrage bei Kramer deshalb durchaus berechtigt. „Wenn sich keiner findet, dann mache ich dat“, sagt Kramer im besten Ruhrpott-Deutsch. „Die müssten mich einfach fragen“, lacht er. Diesmal hat seine Gesichtsfarbe einen normalen Teint. Und der Gedanke gar nicht abwegig.
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