Rottach-Egern. Während andere Bundesligaklubs noch um neue Stars feilschen, kann Max Eberl im Trainingslager von Borussia Mönchengladbach selbst sportlich aktiv werden. Der Kader der Fohlen steht bereits und der Manager ist froh über den neuen Konkurrenzkampf, wie er im Interview mit WAZ.de erzählt.
Für Max Eberl ist das Trainingslager in Rottach-Egern wie Heimaturlaub. Ein bisschen Sport, gute Laune und ein Ausflug zu seiner allerersten Fußballstation als Kind unterstreichen, dass der Aufenthalt am Tegernsee nur wenig mit dem sehr stressigen Leben eines Bundesliga-Sportdirektors zu tun hat. Statt Vertragsverhandlungen und Telefonaten mit Beratern nutzt Eberl jede Möglichkeit, um Sport zu machen. Statt Büroarbeit genießt er das Sommerwetter am Fußballplatz. Wahrlich, Max Eberl ist entspannt wie selten in einer Saisonvorbereitung.
Für Sport habe er in diesem Jahr mehr Zeit, "weil es Gott sei Dank für uns etwas ruhiger ist", freut sich der 39-Jährige. Zwar habe er versucht, in den letzten Jahren immer "einen Großteil des Kaders stehen zu haben, aber es gab immer hier und da noch kleine Stellschrauben zu drehen." In diesem Jahr ist das anders und "zu Gunsten aller frühzeitig geklärt gewesen." Das sei sehr wichtig, um eine komplette Vorbereitung vernünftig absolvieren zu können.
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Mit Max Kruse, Raffael und Christoph Kramer habe Lucien Favre nun "eine schöne Möglichkeit, auf verschiedene Systeme reagieren zu können und dadurch variabler spielen zu lassen", erklärt Eberl. Natürlich werde es nun verschärft "Konkurrenzkampf und Härtefälle" geben, "aber jeder Spieler hat die Chance zu spielen und ist deshalb in jedem Training gefordert." Die Verantwortlichen haben sich das genau so vorgestellt: "Einen mit 23 Feldspielern kompakten Kader zu haben, der in sich qualitativ hoch ist." Die so viel diskutierten Abgänge von Dante, Marco Reus und Roman Neustädter habe die Borussia nun "in zwei Sommertransferperioden aufgefangen. Das ist uns jetzt sehr ordentlich gelungen, wie ich finde", erläutert er zufrieden.
Vertragsunterschrift bedeutet nicht gleich Stammplatzgarantie
Von der Seitenlinie schaut sich Eberl nach der eigenen, schweißtreibenden Sporteinheit das Treiben auf dem Platz an, erfüllt die Wünsche der Autogrammjäger und lässt sich geduldig mit den Gladbach-Anhängern ablichten. So gut wie die Stimmung bei den Fans, sei auch der Spirit auf dem Platz: "Jeder will sich anbieten, um Eigenwerbung zu betreiben." Angst, dass der harte Konkurrenzkampf - gerade im defensiven Mittelfeld und im Offensivbereich - hat der Sportdirektor nicht. "Murren im Profi-Fußball ist okay", so Eberl, "aber jeder Spieler weiß, dass eine Unterschrift unter einem Vertrag nicht gleich eine Stammplatzgarantie bedeutet." Wenn ein Spieler nicht aufgestellt wird, solle er damit "professionell, ehrlich und geradlinig" umgehen. Zufrieden aber, solle damit kein Spieler sein.
Gladbach am Tegernsee - Tag 5
So wie Granit Xhaka und Luuk de Jong im vergangenen Jahr. Beide kamen für viel Geld mit großen Erwartungen nach Mönchengladbach, blieben aber meist hinter diesen zurück. "Granit hat nach einer schwierigen Zeit am Ende gezeigt, was er kann", anaylsiert Eberl und ergänzt, dass der Schweizer in Gladbach auch mal "die Schattenseiten" vom Fußballgeschäft kennengelernt hat. Das hatte aber auch mit der schweren Saison zu tun, die Gladbach nach "zwei extremen Jahren - mit Platz 16 und dem vierten Rang" hatte. Für beide sei die Bundesliga Neuland gewesen, "aber jetzt sind wir ein Jahr weiter."
Eberl will mit Gladbach bis zum Schluss um die internationalen Plätze kämpfen
In dieser Saison will Gladbach erneut die "Nachhaltigkeit der Einstelligkeit" erreichen. Diesen sperrigen Begriff prägte Eberl in der Umbruchsaison. Understatement sei dies aber nicht. "Wir haben diese Einstelligkeit bewusst gewählt, vor dem Hintergrund, dass man dann bis zum Schluss um die internationalen Plätze mitspielt." Denn selbst in der so unkonstanten vergangenen Saison sei der Europa-Zug "erst drei Spieltag vor Schluss beim Heimspiel gegen Schalke abgefahren", so der gebürtige Bayern. Die untere Tabellenhälfte wolle Gladbach weit hinter sich lassen.
Den Kampf um das internationale Geschäft tragen auch in dieser Spielzeit etliche Vereine aus. Nur vier Mannschaften spielen seit Jahren konstant oben mit, "wir sind wieder auf dem Weg dorthin", sagt Eberl. Aber damit sei die Borussia nicht allein: "Vereine aus Großstädten wie Hamburg, Hannover und Stuttgart" haben "von sich aus immer das Ziel Europa"; hinzu kämen Teams wie Wolfsburg und Hoffenheim, "die viel Geld in die Hand nehmen können." Die Bundesliga sei eine sehr ausgeglichen Liga und "wenn wir uns dort etablieren, wo wir in den vergangenen beiden Jahren standen, sind wir auf dem richtigen Weg."
Vom Bayern-Auftakt "hängt nicht unsere ganze Saison ab"
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Der Weg zum Saisonauftakt führt Borussia zum Branchenpriumus und Triple-Sieger nach München. Erneut in die Heimat von Eberl. "Von dem ersten Spiel hängt nicht unsere ganze Saison ab", guckt der Manager auf den Auftakt im August. "Wenn wir gegen Bayern gewinnen, sind wir noch nicht automatisch in Europa und wenn wir dort verlieren, haben wir noch keine schlechte Saison gespielt."
Eberl ist zuversichtlich. Entspannt. Die Ziele für seinen Verein realistisch. Alleine beim Sport geht der 39-Jährige hart mit sich ins Gericht. "Ich habe für ein paar Wochen Bruce Springsteen bei uns im Borussia-Park gesehen", erzählt Eberl. Der habe mit seinen 63 Jahren eine top Figur und "da habe ich gesehen, dass ich etwas machen muss", grinst der ehemalige Fußballer. In den verbleibenden Tagen am Tegernsee wird Max Eberl genau daran arbeiten.