Essen. Für Berti Vogts ist alleine Trainer Lucien Favre für den neuen Höhenflug von Borussia Mönchengladbach verantwortlich. Die Vereinsführung, so der frühere Bundestrainer, habe daran keinen Anteil. Wir haben mit Aserbaidschans Trainer gesprochen.
Berti Vogts kann zur Zeit noch ein paar sonnige Herbsttage am heimischen Niederrhein genießen. Bevor er am kommenden Mittwoch nach Aserbaidschan abreist, um dort seinem derzeitigen Job als Trainer der Fußball-Nationalmannschaft nachzugehen, wird er am Samstag auf der Tribüne des Borussia-Parks das Bundesligaspiel „seiner“ Mönchengladbacher gegen den 1. FC Nürnberg verfolgen. Ein Gespräch mit dem Ex-Bundestrainer über den Höhenflug der Borussen und den Fußball in Aserbaidschan.
Herr Vogts, in der letzten Saison beinahe abgestiegen, jetzt auf Platz 3 der Bundesliga-Tabelle – worauf führen Sie den Höhenflug „Ihrer“ Borussia zurück?
Berti Vogts: Das ist einzig und allein das Verdienst von Lucien Favre. Als er hierher kam, hat er ein Team übernommen, das in sich zerstritten war, dazu körperlich und taktisch in schlechter Verfassung. Favre ist der Heilsbringer, der daraus eine homogene Mannschaft geformt hat, in der jeder für jeden kämpft. Was er geleistet hat, davor kann ich nur den Hut ziehen.
Ergeben sich jetzt neue Perspektiven für den Klub? Wo kann es hingehen in dieser Saison?
Vogts: Das Team muss sich stabilisieren. Dann ist in der Tat vieles möglich. Wenn alles gut läuft, wenig Verletzungen dazwischenkommen – warum soll Mönchengladbach dann nicht eine ähnliche Rolle spielen wie letzte Saison der FSV Mainz 05 und am Ende Fünfter oder Sechster werden?
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung: War es nicht ein Fehler von Ihnen, mit der Oppositionsgruppe um Stefan Effenberg einen Umsturz in Gladbach zu versuchen?
Vogts: Meine Rolle dabei ist in den Medien ganz falsch dargestellt worden. Ich hatte mich keiner Opposition angeschlossen. Es gab zwar ein Treffen mit diesen Leuten und ich habe auch öffentlich auf gewisse Punkte hingewiesen, die meiner Meinung nach zu kritisieren waren. Aber ich habe nicht für oder gegen jemanden Partei ergriffen.
Ist es denn nicht auch der derzeitigen Vereinsführung zu verdanken, die an ihren Plänen und ihrem Personal festgehalten hat, so dass es mit der Borussia dermaßen aufwärts ging?
Vogts: Das hat mit der Politik gewisser Leute gar nichts zu tun. Das bleibt allein der Erfolg von Lucien Favre. Ja, ich habe mich kritisch zu Präsident Rolf Königs und Manager Max Eberl geäußert. Ich will diese Leute auch nicht um Ehrenkarten bitten. Seit zwei Jahren besuche ich zusammen mit meinem Sohn Justin die Spiele mit ganz normalen Kaufkarten.
Zur Lage in Aserbaidschan: Sie wollten dort einen Entwicklungsprozess für den Fußball des Landes einleiten. Wie läuft’s? Gibt es Fortschritte?
Vogts: Es ist ein schwieriges Geschäft. Die Spieler sind nicht auf internationalem Niveau. Das Training in den Vereinen ist nicht professionell. Zwischen den Spielen geht es dort meist nur um Regeneration.
Gibt es dort denn nicht auch Spieler, die ihr Geld als Profis im Ausland verdienen?
Vogts: Kaum. Auch das ist ein großes Problem. In Aserbaidschan verdienen die Fußballer im Verhältnis zu den Normalbürgern dermaßen gut, dass kaum einer weg will. Ich versuche, ein leistungsbezogenes Gehaltssystem einzuführen. Aber der Widerstand ist groß.
Wie sieht Ihr Programm in der nächsten Zeit aus?
Vogts: Wir spielen jetzt zweimal in der WM-Qualifikation gegen Österreich und danach in der Türkei. Für den Winter ist noch ein Freundschaftsspiel auf Zypern geplant sowie ein weiteres in der Nähe, vielleicht gegen Albanien.
Wissen Sie schon, wie Ihre persönliche Zukunft aussieht. Werden Sie Ihren Vertrag verlängern?
Vogts: Der läuft im Januar aus. Ob ich verlängere, weiß ich nicht. Die Tendenz ist eher Nein.