Mönchengladbach. . Lucien Favre ist erstmals in der Champions League dabei, Borussia Mönchengladbach spielt zum Auftakt in Sevilla. Ausgerechnet jetzt kriselt es.

Am Flughafen Düsseldorf waren sie am Montagvormittag wieder vereint, Gladbachs Fußballer und ihr Trainer Lucien Favre. In schwarzen Anzügen und frischgebügelten weißen Hemden stiegen alle zusammen um 11.30 Uhr in den Flieger nach Sevilla – mit dem Ziel, im sonnigen Andalusien im ersten Gruppenspiel der Champions League an diesem Dienstag ab 20.45 Uhr (Live bei uns im Ticker) etwas Farbe zurück in ihr Sportlerleben zu bringen. „Wir sind wild entschlossen. Besser spielen als zuletzt – das ist das Allerwichtigste“, betonte Innenverteidiger Roel Brouwers vor dem Check-in.

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Das Problem: Beim jüngsten 0:3 in der Bundesliga gegen Hamburg spielten der schlaksige Niederländer und seine Kollegen gar nicht mehr. „Es funktioniert nicht“, kommentierte Trainer Lucien Favre fassungslos – und bei der internen Krisensitzung am nächsten Morgen war der Übungsleiter erst mal außen vor. Ganz unter sich wollten die Spieler ergründen, wie sie dem rasanten Abwärtsstrudel entkommen könnten. Heraus kam ein Forschungsergebnis, das Sportdirektor Max Eberl („Wir müssen wieder einfacher werden“) am Wochenende der Öffentlichkeit präsentierte. Und das die Elf in Sevilla zeigen will: einfach spielen, alles geben.

Favre angeblich Anwärter auf Guardiola-Nachfolge

Völlig aus dem Häuschen waren die Borussen im Frühjahr bei dem Ausblick, nach 37 Jahren Abstinenz wieder in der europäischen Meisterklasse mitgeigen zu dürfen. Weiter angefeuert wurde die Begeisterung Ende August, als mit Sevilla, Juventus Turin und Manchester City drei höchst attraktive Gruppengegner zugelost wurden. Da allerdings lagen bereits die ersten Schatten des misslungenen Bundesliga-Starts über dem Borussia-Park – die einem Mann gerade besonders stark zu schaffen machen: Lucien Favre.

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Viele Beobachter sind seit längerem der Ansicht, dass die Königsklasse, die der Schweizer Übungsleiter jetzt mit Gladbach betritt, dessen natürliches Terrain ist. In München gilt er angeblich bereits als Kandidat für die Nachfolge von Pep Guardiola, sollte der seinen 2016 auslaufenden Vertrag nicht verlängern. „Er ist ein Trainer, der ganz große Mannschaften trainieren kann“, behauptet Max Eberl – der Favre für die Arbeit mit seinem aktuell völlig verunsicherten Ensemble aber zugleich den klaren Auftrag erteilt hat: „Wir haben eine gute Truppe. Die müssen wir jetzt ans Laufen bringen.“

Ein Schlag ins Gesicht

Die Leistung der Mannschaft gegen den HSV bezeichnete der Sportchef als „Schlag ins Gesicht“, das Estadio Ramón Sánchez-Pizjuán von Sevilla soll dem punktlosen Bundesliga-Schlusslicht vor dem brisanten Derby am Samstag in Köln als Reha-Zentrum dienen. „Es kommen sehr harte Wochen auf uns zu, deswegen brauchen wir ganz dringend ein Erfolgserlebnis“, betont Offensivspieler André Hahn. Ein kompliziertes Unterfangen, bei dem nun vor allem das psychologische Geschick des Fußball-Denkers Favre gefragt ist.

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In der verfahrenen Situation den Zuversichtsapostel zu geben, dazu ist der 57-Jährige aber nicht so ohne Weiteres bereit. Vor allem die nun beginnenden Englischen Wochen, in denen kaum trainiert, sondern immer nur gespielt oder regeneriert wird, behagen dem Trainer überhaupt nicht. „Wir sind beschissen in die Saison gestartet, haben in Sevilla nichts zu verlieren“, sagt Max Eberl. Bei Lucien Favre klingt das so: „Wir können in nächster Zeit keine normale Einheit machen – das wird schwer.“

Neue Verletzungssorgen

Als wolle ihn das Schicksal nach dem unbeschwerten Flug durch die letzte Saison mal so richtig auf die Probe stellen, muss Favre beim Start in die Champions League nicht nur auf Granit Xhaka (gesperrt), Patrick Herrmann, Alvaro Dominguez und Fabian Johnson (alle verletzt) verzichten. Beim HSV-Spiel zog sich zudem der frisch zurückgekehrte Abwehrchef Martin Stranzl einen Bruch des Augenhöhlenbodens zu und fällt vermutlich für den Rest der Hinrunde aus. Es kann wohl nur noch alles besser werden.