Essen. . Manager Willi Wißing glaubt, dass der Außenseiter beim Finale in Köln gegen den Favoriten 1. FFC Frankfurt mithalten kann. Egal, wie das Spiel ausgeht: Essen wird nachher groß feiern. Denn schon das Erreichen des Finales ist der Höhepunkt der Vereinsgeschichte.
Willi Wißing aus der Reserve zu locken, ist nicht ganz einfach. Mal versuchen: Wenn die Fußballerinnen der SGS Essen an diesem Samstag in Köln den DFB-Pokal gewinnen, dann ist das doch der größte Erfolg in der Geschichte des Vereins. Oder? Tja, macht Willi Wißing, und fragt zurück: „Was ist denn ein Erfolg im Leben?“ Na, der Pokalsieg?
Da will der Manager der SGS Essen gar nicht widersprechen, aber dann zählt Wißing, der seit 1970 für den Schönebecker Verein und seinen Frauenfußball arbeitet, ganz andere Dinge auf: „Wir haben hier über die Jahre so viel auf den Weg gebracht. Wir haben jetzt ein Gesundheitszentrum auf dem Vereinsgelände, und hier treiben 3600 Menschen Sport.“ Und dann sagt er einen Tag vor dem DFB-Pokalfinale gegen den 1. FFC Frankfurt (Samstag, 16.30 Uhr, live in der ARD) einen bemerkenswerten Satz: „So etwas, das bleibt.“
Nun soll man nicht glauben, dass Willi Wißing, 61, oder Trainer Markus Högner, 47, oder auch nur eine der Spielerinnen gleichgültig wäre, wie das Finale ausgeht. Frankfurt, das mit Nationalspielerinnen nur so gespickte Team, ist zwar der Favorit, aber die Essener fahren durchaus selbstbewusst nach Köln, um dort vor der für sie völlig ungewohnten Kulisse von rund 15 000 Menschen zu spielen: „Wir liegen denen nicht“, hat der Trainer gesagt. „Ich erwarte ein enges Spiel“, sagt Wissing, und Steffi Jones, die DFB-Direktorin für den Frauenfußball und langjährige Frankfurter Spielerin, hat ebenfalls ihre Sympathien für Essen entdeckt: „Das Team hat nichts zu verlieren und soll einfach frech spielen.“
Wißing hält Teamgeist für Schönebecks großen Pluspunkt
Tja, macht Wißing da zum zweiten Mal und geht ins Detail. Heraus kommt, dass der Bundesliga-Siebte, der seit Jahren seinen Platz in der Liga zwischen Gut und Böse gefunden und behauptet hat, eine ganze Ansammlung von guten und, darauf ist der Manager hörbar stolz, sehr jungen Spielerinnen beisammen hat. Linda Dallmann beispielsweise, die Spielmacherin, ist erst 19 und gilt doch schon als eine der ganz großen Hoffnungen im deutschen Frauenfußball. „Unser weiblicher Messi“, sagt Wißing und lacht dabei – inzwischen sollte klar geworden sein, dass Wißing nicht wie jemand wirkt, der große Sprüche klopft. Und sehr ernst fügt er hinzu. „Sie spielt manchmal Pässe, da schnalzt man nur noch mit der Zunge.“
Favorit bleibt Frankfurt trotzdem, bei der SGS drückt zu oft der Schuh im Sturm, Verletzungsprobleme haben zwei Angreiferinnen lahm gelegt, und so ist Charline Hartmann, mit 28 ein Routinier im Team, zu oft auf sich allein gestellt. „Dann müssen es andere richten“, sagt Wißing, der den Essener Teamgeist für Schönebecks großen Pluspunkt im Finale hält: „Wir spielen kompakt, wir sind unangenehm, weil jede für jede läuft. Das wird für Frankfurt nicht so ganz einfach gegen uns.“
Nach dem Spiel wird in Köln gefeiert
Ein Pokalsieg wäre die sportliche Krönung für den Verein, für Wißing vielleicht der Klacks Sahne auf etwas, das man wohl als Lebenswerk bezeichnen darf. Seit 44 Jahren arbeitet er für die SGS, der Verein spielt inzwischen vor 1000 Zuschauern im Schnitt, er erhält in der Szene große Anerkennung für seine Jugend und arbeitet mit einem Etat von 500 000 Euro – das ist auch im Frauenfußball längst keine große Nummer mehr. Für die Finalteilnahme erhält die SGS 50 000 Euro, beim Sieg etwas mehr. Das Geld, hat man entschieden, wird nicht in die Mannschaft fließen. „Unser Trainer trägt das mit“, sagt Wißing nicht ohne Stolz, „der erste Schritt muss sein, die Infrastruktur auszubauen, Sponsorenpflege und Marketing zu verbessern. Und was wir dadurch vielleicht in Zukunft zusätzlich reinholen, können wir dazu verwenden, um ein, zwei erfahrene Spielerinnen einzubauen.“
Zur der Lockerheit, mit der Essen das Finale gegen Frankfurts Millionen-Elf angeht, passt auch, was nach dem Endspiel geschehen soll. „Wir fahren in Köln zurück ins Hotel“, sagt Sara Doorsoun, defensive Mittelfeldspielerin und auch erst 22 Jahre alt, „da feiern wir ein bisschen, und danach geht’s in der Kölner Kneipenszene auf den Ringen richtig rund.“ Beim Sieg, klar. Und bei einer Niederlage? Große Augen. Verstanden, dumme Frage.
Die SGS Essen ist nämlich fest entschlossen, ihren großen Tag zu genießen. So oder so. „Das“, sagt Willi Wißing, „hat sich das Team längst mal verdient.“