Düsseldorf. . Zwischen dem 15. Dezember 2001 und dem 8. März 2003 trieb Fortunas neuer Torwarttrainer Simon Jentzsch die Strafstoßschützen der halben Bundesliga zur Verzweiflung. In der Saison 2010/11 feierte der neue Fortune gemeinsam mit Axel Bellinghausen in Augsburg den Bundesliga-Aufstieg.

Von seiner imposanten Erscheinung und Strahlkraft hat Simon Jentzsch auch ein Jahr nach seinem Karriereende nichts eingebüßt. Auch, wenn der 1,96 Meter große Torwarthüne künftig neben, statt zwischen den Pfosten stehen wird. „Stürmer kriegen Angst, wenn sie auf ihn zulaufen“, hatte sein einstiger Münchener Teamkollege Davor Suker zu „Löwen“-Zeiten einmal über Fortunas neuen Torwarttrainer gesagt und ihn dabei fast schon ehrfurchtsvoll mit dem zweimaligen Welttorhüter Peter Schmeichel verglichen.

Alle Höhen und Tiefen erlebt

Große Komplimente und wohlklingende Vergleiche bekam der 38-Jährige in seiner langen Karriere oft zu hören. „Ich habe schon alle Höhen und Tiefen erlebt“, sagte Jentzsch gestern Mittag bei seinem Einstand auf Fortunas Trainingsrasen, „ich weiß wie es ist, gefeiert zu werden, aber auch auf der Bank oder der Tribüne sitzen zu müssen und rasiert zu werden.“ Von diesem gewiss nicht immer positiven Schatz an Erfahrungen aus 274 Bundesligaspielen soll fortan auch Fortunas Torhüter-Trio mit Michael Rensing, Lars Unnerstall und Robin Heller profitieren.

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Fortunas Cheftrainer Oliver Reck hatte Jentzsch, der an der Brehmstraße groß wurde, im Mallorca-Urlaub mit Töchterchen Leya-Soleil angerufen. „Danach ging alles ganz schnell“, so Jentzsch, der sich zu seiner aktiven Zeit vor allem als Entschärfer von Elfmetern einen Namen machte.

Mit sieben gehaltenen Strafstößen in Serie steht sein Name noch immer in den Bundesliga-Rekordbüchern. Ein Kunststück, das vor ihm nur Thomas Zander gelang. Ebenfalls mit dem TSV 1860 München. Zwischen dem 15. Dezember 2001 und dem 8. März 2003 trieb Jentzsch die Strafstoßschützen der halben Bundesliga zur Verzweiflung. Gladbacher Arie van Lent, Hamburger Sergej Barbarez (ans Lattenkreuz), Münchener Michael Tarnat (an den Pfosten), Freiburger Vladimir But, Bremer Tim Borowski, Stuttgarter Zvonimir Soldo und Nürnberger Sasa Ciric scheiterten.

Doch wie so oft bei solchen Höhenflügen kommt das Ende abrupt. So auch an jenem 8. März 2003, als Simon Jentzsch mit den Münchener „Löwen“ im Berliner Olympiastadion mit 0:6 unterging und Herthas Brasilianer die Rekordserie zunichte machten. Bereits nach sieben Minuten traf Marcelinho vom Punkt. Der von Jentzsch gefoulte Luizao legte per Elfmeter zum 5:0 nach, ehe der Torhüter auch noch per Eigentor zum Endstand traf.

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Wechselbad der Gefühle

Ein ähnliches Wechselbad der Gefühle durchlebte Jentzsch nach seinem Transfer von München nach Wolfsburg. 142 Partien lang hütete er für den VfL das Tor, ehe seine steile Karrierekurve am 1. Dezember 2007 eine dicke Beule erfuhr. Trainer Felix Magath wechselte ihn in der Halbzeit gegen Eintracht Frankfurt (2:2) aus, kreidete ihm den Kopfball von Christian Maicon zum 1:1-Ausgleich an. Das Tischtuch zwischen Jentzsch und Magath, der seinen Torhüter ein paar Jahre zuvor verbal noch in der Nationalmannschaft sah und mit Oliver Kahn verglich, war zerschnitten. Große Komplimente und wohlklingende Vergleiche – die Realität sah anders aus.

Anderthalb Jahre lang fristete der Schlussmann ein Schattendasein, trainierte teils isoliert. Sein Berater warf Magath später sogar „Mobbing“ vor. Der noch bis Juni 2011 datierte Vertrag wurde schließlich zwei Jahre vor Laufzeitende aufgelöst. Und Jentzsch in Augsburg glücklich, wo er in der Saison 2010/11 mit Fortune Axel Bellinghausen den Bundesliga-Aufstieg feierte. Mit der dritten Operation am bereits seit drei Jahren lädierten Ringfinger der rechten Hand endete eine große Karriere, von der nun die Fortuna profitieren soll.