Düsseldorf.

Der winzige Silberstern im linken Ohrläppchen glänzt. Die Haare sind so kurz, dass höchstens ein Rasiermesser noch Millimeterarbeit leisten könnte. Dazu ist der Mann 1,94 Meter groß, spielt den rustikalen Innenverteidiger. Und spricht erstaunlich gut Deutsch. „Nein, ich bin kein typischer Brasilianer“, betont Bruno Soares. Was Fortunas neuer Abwehrrecke gar nicht thematisieren müsste. Immerhin verraten ihn der kaffeebraune Teint und das schelmische Grinsen. Zumindest ein bisschen.

Die Sache mit der Stoppelfrisur ist schnell geklärt. „Wenn ich mein Haar wachsen lasse, sehe ich so aus wie Dante. Und den habe ich schon gefragt, wie lange er morgens am Kopf herumkämmt: Eine halbe Stunde? Oder länger?“ fragt der 23-jährige Brasilianer. Lässt die Antwort besser offen. Und verrät stattdessen, dass sich seine Landsleute in einem fremden Land in der Regel kennen.

Heißer Draht zu Ex-Gladbacher Dante

Brasilianer halten zusammen. Über Grenzen hinweg. Zum Ex-Gladbacher Dante (jetzt Bayern München) gibt es einen heißen Draht. Auch zum Neu-Hannoveraner Felipe, mit dem Bruno Soares einst beim Erstligisten Coritiba FC in der Jugendmannschaft gekickt hat.

Im südbrasilianischen Curitiba, das mit 1,7 Millionen Einwohnern zu den WM-Städten 2014 zählt, kann es im Süd-Winter schon mal sieben bis zehn Grad Celsius kühl werden. „Da ist es dann wie im deutschen Sommer“, scherzt Bruno Soares. In seiner eigentlichen Heimat, der 3,1 Millionen-Metropole Belo Horinzonte (übersetzt: „schöner Horizont“ – ebenfalls WM-Stadt), herrschen im brasilianischen Winter dagegen an die 30 Grad Celsius.

Soares' Ehefrau lebt seit zwölf Jahren in Deutschland

Das sonnige Gemüt entfaltet sich in deutscher Mundart. Ohne Schule. Dafür mit strikter weiblicher (Nach-)Hilfe. Bruno Soares lernte seine Ehefrau Stefanie, wirklich ein Zufall, in Düsseldorf kennen. Die Brasilianerin lebt seit zwölf Jahren in Deutschland. Und ist nun die beste Lehrerin. „Das hat mir natürlich in meiner Zeit beim MSV Duisburg auch eine Menge Halt gegeben“, versichert der stämmige Verteidiger.

Die neue Saison im roten statt im blau-weiß gestreifen Dress wird ein vielfältiger Kampf. Bruno Soares debütiert nach drei Zweitliga-Jahren bei den „Zebras“ erstklassig. Hat in Jens Langeneke, dem Spanier Juanan und dem Ex-Bremer Leon Balogun derzeit drei Positionskonkurrenten im Team. Und die Gegenspieler werden auch nicht leichter: Mario Gomez, Claudio Pizarro oder Marco Reus. Beispielsweise.

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„Zehn Tanten und noch mehr Cousinen“

„Aber ich habe Angst vor niemandem, höchstens Respekt. Ich bin Profi und kein kleiner Junge mehr“, bekräftigt der Neu-Fortune. Die familiäre Rückendeckung ist groß. „Mein Lieblingsteam ist nicht Flamengo, sondern der FC Bruno Soares!“ Nicht, dass der Abwehrrecke so viele Brüder hätte, um eine wirkliche Elf aufzustellen, die mit dem populärsten Team des Landes aus Rio de Janeiro konkurrieren könnte. Aber die Familie ist nun einmal exorbitant. „Ich habe zehn Tanten und noch mehr Cousinen. Viele haben nicht so viel Geld wie meine wirklich engen Verwandten. Ich unterstütze sie deshalb so gut ich kann“, sagt Bruno Soares. Zwackt von seinem Salär stets etwas ab.

Die Eltern verfolgen den deutschen Erfolgsweg des Juniors, der beim Serie-A-Team Coritiba als 18-Jähriger keine echte Erstliga-Chance erhielt und dreimal zu unterklassigen Teams verliehen wurde, recht intensiv. Drei Monate leben sie in Brasilien, dann drei Monate in Deutschland. Um hier natürlich auch das aus einem leckeren Eintopfmix aus Reis, Bohnen und Fleisch bestehende Nationalgericht Feijoada auf den Abendtisch zu bringen.

In Farfans Nachbarschaft

Das neue Domizil in Düsseldorf ab 1. August dürfte also nicht kleiner werden als das bisherige Haus in Gladbeck. Unweit seines Spielvermittlers Hannes Bongartz (ehemals Wattenscheid und Schalke) sowie eines weiteren Profi-Freundes gelegen: dem 45-maligen peruanischen Nationalspieler Jefferson Farfan vom FC Schalke 04.

Die Bundesliga ist noch einige Wochen entfernt. „Für mich ist Fortuna eine Superchance, für die ich hart arbeiten muss. Jedes Spiel wird toll, jedes Spiel wird aber auch superschwer. Das dürfte der große Unterschied zur zweiten Liga werden“, glaubt Bruno Soares.

Dass er auf Strecke von der Premier League träumt, versteht sich angesichts seiner Statur von selbst. Die robuste Spielart mit vielen hohen, weiten Bällen käme ihm gelegen. Da wäre ihm sogar das nass-kalte Wetter auf der Britischen Insel schnuppe. „Bis dahin ist es ein weiter Weg. Und nur Gott weiß, ob ich ihn schaffe“, sagt Bruno Soares.

Übrigens: Mit Brasilianern hatte Fortuna in jüngster Vergangenheit wenig Glück. Torjäger Wellington (aktuell bei Viertligist CA Linense!) und Mittelfeldkicker Rockenbach da Silva (bei Viertligist RB Leipzig) hielten 2010 nur eine halbe Saison durch, Innenverteidiger Thiago (Newcastle Jets/A-League in Australien) wurde nach einer Spielzeit wieder abgegeben.