Düsseldorf.

Wäre Fabian Giefer ein Raubvogel, er würde wohl einen vortrefflichen Kondor in den Süd-Anden von Chile oder Argentinien abgeben. Die Spannweite der ballfangbereiten Arme ist enorm, der Oberkörper kompakt, die Augen wirken entschlossen. Seine Gedanken verbalisiert der neue Fortuna-Torhüter von Bundesliga-Konkurrent Bayer 04 Leverkusen rhetorisch präzise. Aber nie langweilig. Und seine Statur, so viel vornweg, ist nicht auf sein (ehemaliges) Lieblingsessen zurückzuführen. Das hat er vor zwei Jahren mal in einem Interview zum besten gegeben: Currywurst mit Pommes Frites! Die Alptraum-Antwort für viele Cheftrainer. Trotzdem hat Fortuna-Coach Norbert Meier das Bayer-04-Talent für transferwürdig erachtet.

Herr Giefer, ein Trainingslager-Start in Maria Alms Kletterwald mit Blick aufs Steinerne Meer – ist das nicht für einen 1,96 Meter großen und 93 Kilogramm schweren Torwart ein etwas undankbares Programm?

Fabian Giefer: Überhaupt nicht. Ich bin aus der Eifel und kenne den Wald.

Im Tor ist Ihre enorme Körpergröße sicher kein Nachteil.

Giefer: Ich habe mir im Zimmer schon eine Beule geholt. An manchen Stellen ist’s für mich niedrig. Trotzdem bin ich meinen Eltern dankbar, dass sie mir etwas mehr Wachstum mitgegeben haben.

Das gilt auch für ihre Hände, oder?

Giefer: Aber nur ein bisschen. Frank Rost (Bremen, Schalke, HSV, zuletzt Red Bulls New York, d. Red.) hat sicher größere Bratpfannen als ich.

Wer hat Sie inspiriert, sich zwischen die Pfosten zu stellen?

Giefer: Zuerst mein Vater. Der war Torhüter. Aber er hat nicht so hoch gespielt. Kreisliga B, glaube ich.

Welche Vorbilder gab es darüber hinaus?

Giefer: Oliver Kahn und der Däne Peter Schmeichel. Beides richtig dynamische Kerle. Auch den Dortmunder Stefan Klos fand ich für mich immer beispielhaft.

Sie kämpfen mit Robert Almer um den Startposten im Fortuna-Tor. Gibt es schon Reibereien?

Giefer: Nein, persönlich verstehen wir uns gut. Das kenne ich aus meiner Leverkusener Zeit zwischen den Torhütern aber auch nicht anders (unter anderem mit Rene Adler und Bastian Leno, d. Red.). Dass auf dem Platz Tacheles geredet wird, versteht sich ja von selbst.

Giefer und Fortuna-Torwarttrainer Gloger "haben einen gute Bindung" 
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Dafür ist ja auch Ihr neuer Torwarttrainer Manfred Gloger bekannt.

Giefer: Wir haben eine gute Bindung, auf die ich nicht blind eingegangen bin. Ich habe ihn im Vorfeld so beobachtet wie die Fortuna mich. Damit ich weiß, was auf mich zukommt. Tom Starke (Ex-MSV-Keeper unter Gloger, d. Red.) hat mir das eine oder andere auch noch erzählt.

Die Münchener Bayern wollten Sie auch verpflichten. Keine Lust, mehr Geld beim Rekordmeister zu verdienen?

Giefer: Ach, das war eine rein sportliche Entscheidung. Jupp Heynckes wollte mich tatsächlich nach München lotsen. Doch dort wäre ich, wie in Leverkusen, wieder nur die Nummer Zwei gewesen. Hinter Nationaltorhüter Manuel Neuer. Und ich will nun mal mehr spielen als zuletzt.

Robert Almer wird seinen Platz sicher nicht freiwillig abgeben.

Giefer: Dieses Risiko ist mir durchaus bewusst. Aber Risiken sind doch immer da, oder?

Apropos: Wie schwer ist es Ihnen gefallen, schon als zwölfjähriger Eifel-Junge in Leverkusen zu trainieren?

Giefer: Gar nicht schwer. Ich war mir meiner Chance und der Tragweite der Entscheidung schon bewusst. Der damalige Jugendtrainer hat gesagt, was alles auf mich zukommt. Meine Eltern haben mich gefragt, ob ich daran Spaß hätte. Da musste ich nicht lange überlegen. Obwohl die Quote, es aus der Jugend zu den Profis zu schaffen, nur bei fünf Prozent liegt.

Was wäre passiert, hätten Sie den Sprung verpasst?

Giefer: Dafür muss man einen Plan B in der Tasche haben.

Wäre dieser da gewesen?

Giefer: Irgendwie schon. Ich habe in Leverkusen das Abitur gemacht, um studieren zu können. Ich kenne Jungs, die Plan B umgesetzt haben.

Zum Beispiel?

Giefer: Henning Sauerbier, ein ehemaliger Kollege aus der Jugendnationalmannschaft. Der wollte nicht nur dritte oder vierte Liga für überschaubares Honorar spielen. Jetzt studiert er an der Columbia-Universität in Manhattan.

Noble Adresse. Daran hätten Sie auch Spaß gehabt, oder?

Giefer: Ich habe ihn kürzlich in New York besucht. Und muss ehrlich sagen: Das wäre auch mein Ding gewesen.

Düsseldorf "ist heiß auf die Bundesliga" 

Jetzt ist Fortuna Ihr Ding.

Giefer: Ja! Die ganze Stadt ist heiß auf die Bundesliga. Es wird allerdings keine leichte Saison werden. Und durch das eine oder andere Tal müssen wir sicher auch.

Macht die Tatsache, dass Fortuna die meisten Neuzugänge aller Bundesligisten verpflichtet hat, eine Saisonprognose zum reinen Glücksspiel?

Giefer: Eher nicht. Es geht für uns um den Klassenerhalt, den wir mit einem komplett neuen Team schaffen wollen.

Haben Sie sich schon an den neuen Ball für die kommende Saison gewöhnt?

Giefer: Mir bleibt nichts anderes übrig. Er flattert zwar nicht so sehr wie der WM-Ball von 2010. Grundsätzlich gilt aber: Die Spielgeräte werden nicht mehr für die Torhüter gemacht.

In welchem Stadion möchten Sie gern mal spielen?

Giefer: Eines in Deutschland zu nennen, wäre zu langweilig.

Weil?

Giefer: Die sind zwar gut, aber auch etwas austauschbar. Und in Barcelona war ich schon. Da haben wir neulich übel was auf die Mütze bekommen (1:7 in der Champions League, d. Red.). Trotzdem war die Nou-Camp-Schüssel beeindruckend, auch wenn Spanien eine andere Fankultur ohne große Sprechchöre, aber mit mehr rhythmischem Klatschen besitzt.

Wo zieht es Sie also eher hin?

Giefer: Ich denke, zur Premier League. Die schätze ich wegen ihrer robusten, körperbetonten Spielweise sehr. Ich mag auch grundsätzlich die Fußballkultur Großbritanniens. Also: Auflaufen an der Anfield Road in Liverpool, das wäre mein Ding!