Frankfurt/Main. Wiederholungsspiel oder nicht: Das DFB-Sportgericht gibt am Montag sein Urteil bekannt. Doch nach dem Protest von Hertha BSC Berlin gegen die Wertung des Relegationsrückspiels bei Fortuna Düsseldorf droht ein Prozess-Marathon.

Die Profis im Standby-Modus statt am Ballermann und jede Menge neuer Zündstoff vor der ersten Entscheidung über die Wiederholung des Chaos-Spiels: Wenn das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) am Montagnachmittag um 15.00 Uhr sein Urteil über den Protest von Hertha BSC gegen die Wertung des Relegationsrückspiels bei Fortuna Düsseldorf (2:2) bekannt gibt, dann ist das letzte Wort wohl längst noch nicht gesprochen.

Gut zwei Wochen nach dem Ende der regulären Punktspiel-Saison geht die Angst vor einem Prozess-Marathon um. Beide Seiten haben theoretisch die Möglichkeit, in zweiter Instanz das DFB-Bundesgericht anzurufen. Danach könnte das DFB-Schiedsgericht folgen. Selbst der Internationale Sportgerichtshof CAS könnte theoretisch noch eine Rolle in der Auseinandersetzung spielen.

Fortuna streicht die Mannschaftsfahrt

Die Mannschaften trainierten am Wochenende und harren der Entscheidung in dem Musterprozess. Die Düsseldorfer haben mittlerweile die für die nächsten Tage geplante Mannschaftsfahrt nach Mallorca abgesagt.

Nachdem am vergangenen Freitag nach knapp siebenstündiger Verhandlung der Urteilsspruch auf Montag vertagt worden war, goss Düsseldorfs Finanzvorstand Paul Jäger am Wochenende zusätzlich Öl ins Feuer. „Nachdem, was ich in der Verhandlung gehört habe, hätte ich an Herthas Stelle den Ball sehr, sehr flach gehalten. Wären wir in der Situation gewesen, hätten wir keinen Einspruch gegen die Spielwertung eingelegt. Im Gegenteil: Wir hätten uns einfach nur geschämt für das, was nach Abpfiff passiert ist“, sagte Jäger der Bild am Sonntag.

Der 53-Jährige spielte damit auf die Zeugenaussage von Schiedsrichter Wolfgang Stark („Das war eine Hetzjagd“) an. Der FIFA-Referee hatte vor dem Sportgericht von einer handgreiflichen Attacke von Hertha-Profi Lewan Kobiaschwili und wüsten Beschimpfungen weiterer Berliner Spieler gegen seine Person berichtet.

Hertha bittet um Entschuldigung für das Verhalten der eigenen Profis

Hertha hatte einen Tag nach der Verhandlung um Entschuldigung für das Fehlverhalten einiger Profis gebeten. „Insbesondere auch bei den Schiedsrichtern. Trotz der enormen Anspannung und Belastung für unsere Spieler kann Hertha BSC solche Verfehlungen nicht akzeptieren“, teilte der Hauptstadtklub mit. Stark hat Kobiaschwili inzwischen wegen Körperverletzung angezeigt. Der DFB-Kontrollausschuss ermittelt zudem gegen Thomas Kraft, Christian Lell, Andre Mijatovic und Kobiaschwili sowie gegen Fortuna-Kapitän Andreas Lambertz.

Dass das Urteil eine immense Tragweite in puncto Fankultur haben wird, weiß auch Hertha-Anwalt Christoph Schickhardt. „Es sollte davon ein Signal ausgehen, bevor es irgendwann Tote gibt. Es geht darum, den Spielbetrieb vor Verrohung, Anarchie und Gewalt zu sichern. Vielleicht ist das die letzte Chance“, sagte Schickhardt. In seinem flammenden Plädoyer hatte er wegen der chaotischen Umstände „mit historischen Maßstäben“ ein Wiederholungsspiel gefordert: „Dazu bedarf es keines Blutvergießens.“

Stark entkräftet Berliner Argumente

Allerdings empfahl der DFB-Kontrollausschuss dem Sportgericht, den Hertha-Protest abzuschmettern. Wohl auch, weil der als wichtigster Zeuge geladene Stark unmissverständlich klar gemacht hatte, dass er nach der Spielunterbrechung „ohne Druck der Polizei“ wieder angepfiffen habe.

Damit wurde das Argument der Berliner entkräftet, Stark habe die Partie auf Anraten der Sicherheitskräfte lediglich wieder fortgesetzt, um eine weitere Eskalation zu verhindern. Fortuna-Anwalt Horst Kletke hat keinen Zweifel daran, dass das Spiel „ordnungsgemäß“ zu Ende geführt worden sei. „Wir können positiv nach vorne gucken“, meinte Kletke.

„Ungeheurer Zeitdruck“ fürs Sportgericht

Die Hertha-Seite indes beruft sich auf die „psychologische Schwächung“ ihrer Profis nach der Unterbrechung. Nach dem Wiederanpfiff sei es für die Gästespieler „nur noch um die Rettung der eigenen Haut“ unter „irregulären“ Begleitumständen gegangen, meinte Schickhardt. Nicht zuletzt, weil Eckfahnen und der Elfmeterpunkt fehlten. „Zu einem ordentlichen Spielbetrieb gehört ein vollständiger Spielaufbau. Das Regelwerk war nur noch Makulatur“, erklärte Schickhardt.

Der Sportgerichts-Vorsitzende Hans E. Lorenz verteidigte indes die Vertagung von Freitag auf Montag. „Es gab kontroverse Anträge. Wir wollten nichts übers Knie brechen', sagte der Berufsrichter. Lorenz verwies andererseits auf den „ungeheuren Zeitdruck“ für das Gremium, da die Saison ja eigentlich „schon längst abgeschlossen“ sei. (sid)