Essen. Auch wenn das Verhalten einiger tausend durchgedrehter Fortuna-Anhänger nicht schönzureden ist – ein nachträglicher Sieg von Hertha BSC wäre der größere Skandal. Das zeigte die als Hängepartie endende Verhandlug vor dem DFB -Sportgericht. Ein Kommentar

So viel vorweg: Das Verhalten jener Fortuna-Anhänger, die unmittelbar vor dem Abpfiff des Bundesliga-Relegationsspiels gegen Hertha BSC den Rasen gestürmt haben, war verantwortungslos – auch wenn es keinen aggressiven Hintergrund hatte, sondern eher kindischem Überschwang und zügelloser Euphorie geschuldet war.

Unabhängig davon, dass es daran nichts schönzureden gibt, hat die Verhandlung des Hertha-Einspruchs gegen die Wertung des Spiels vor dem DFB-Sportgericht einen zweiten, wenn nicht den eigentlichen Skandal dieses für den Fußballsport beschämenden Abends enthüllt: das Benehmen einiger Berliner Spieler gegenüber dem Schiedsrichter-Team.

Die Beschuldigungen, die Wolfgang Stark erhoben hat, sind ungeheuerlich und in ihrem Ausmaß beispiellos für den deutschen Profifußball. Aufgebrachte Kicker, die das Faustrecht ausüben und wutentbrannt versuchen, die Kabine der Referees zu stürmen – solche Bilder übersteigen die Vorstellungskraft selbst hartgesottener Kenner der Szene.

Berlin hat sich den Abstieg verdient

Obwohl diese Entgleisungen in gesonderten Verfahren zu verhandeln sind, werden und dürfen sie nicht ohne Einfluss auf die Spielwertung bleiben. Hat doch Wolfgang Stark in seiner Zeugenaussage völlig zu Recht darauf hingewiesen: „Wenn man unmittelbar nach dem Schlusspfiff so massiv und gezielt auf das Schiedsrichter-Team losgehen kann, stellt sich die Frage nicht, ob die Spieler Todesängste ausgestanden haben.“

Für die durchgedrehten „Rasenstürmer“ lassen sich bei einigem Wohlwollen noch mildernde Umstände reklamieren – was jedoch der Hauptstadt-Klub Hertha BSC, dessen Anwalt von einem drohenden Blutbad sprach und dessen Spieler Raffael das Leben seiner Familie auf der Tribüne (!) bedroht sah, im Nachhinein daraus macht, ist der weit größere Skandal. Den Abstieg haben sich die Berliner jedenfalls doppelt und dreifach verdient.

Ärgerlich genug, dass das Sportgericht die Urteilsverkündung zu einer Hängepartie macht, obwohl die Fakten seit Tagen auf dem Tisch liegen. Schlimmer jedoch wäre es, würden die Richter dem Hertha-Einspruch am Ende auch noch stattgeben und damit die Tatsachenentscheidung des besonnen reagierenden Schiedsrichters kippen. Es wäre – nebenbei – der nächste Schlag gegen Wolfgang Stark, der diesmal auch die Fortuna ins Mark treffen würde.