Spanien feiert Doppel-Torschütze Xabi Alonso

Donezk. . 100. Länderspiel und zwei Tore beim 2:0 über Frankreich: Mittelfeld-Stratege Xabi Alonso erlebte im Viertelfinale einen ganz großen Tag. Auch Bundestrainer Joachim Löw schwärmt vom „Umschaltspieler“ des Welt- und Europameisters.

Xabi Alonso hat in dieser stickigen Nacht von Donezk erst gar keinen Fluchtversuch mehr unternommen. Gleich an der ersten Biegung der aus zwei langen Gängen bestehenden Mixed Zone im Erdgeschoss der Donbass-Arena bekamen die spanischen Radioreporter ihren Liebling zu fassen. Und der auffälligste Akteur des erstaunlich spannungsarmen Viertelfinals gegen Frankreich (2:0) ließ sich mit einem Lächeln auf den Lippen vereinnahmen; die „Man-of-the-Match“-Trophäe hielt der aus dem baskischen Tolosa stammende Doppeltorschütze so fürsorglich in der Armbeuge wie daheim seine kleine Tochter.

Wegen eines stilsicheren Kopfballtreffers und eines souverän verwandelten Elfmeters setzte eine ausufernde Befragung ein, denn so etwas exakt zum 100. Länderspiel auf der EM-Bühne anzubringen, gilt als großes Kino. Erst als alle Kollegen längst im klimatisierten Bus saßen, hetzte ihre Nummer 14 hinterher. Von allen vergeblich wartenden Wissensdurstigen verabschiedete sich der Protagonist mit einem Winken.

Er hätte noch ausrufen können, dass er Mittwoch bereits zurückkehrt: Dann findet in dem Fünf-Sterne-Tempel auf einem begrünten Hügel mit Blick auf altsowjetische Monumentalarchitektur das Halbfinale statt, im dem Spanien – wie im Viertelfinale der WM 2010 – auf Portugal trifft. Die zweite Dienstreise in die Ost-Ukraine betrachtet Trainer Vicente del Bosque mit gemischten Gefühlen. „Portugal hat zwei Ruhetage mehr. Und es ist sehr heiß hier.“

Xabi Alonso ist in Spaniens Reihen der stille Stratege

Natürlich hat Spaniens Taktgeber Xabi Alonso registriert, dass man derzeit wenig Spektakel fabriziert; er glaubt jedoch, das erklären zu können: „Unsere Erfahrung wächst, aber auch die Erwartung.“ Der Ertrag bleibt deshalb reichlich, weil Alonso hinter allen Linien die Kontrollinstanz gibt. Mit allen Freiheiten – fast nur er schlug die Diagonalbälle, um die spanischen Passmaschine auf eine andere Spielfeldseite zu versetzen. Alonso brachte diesmal mehr Zuspiele (118) an als Xavi (99) – und es sollte nicht zum Schaden der Spanier sein.

Der stille Stratege, für den Real Madrid vor drei Jahren 30 Millionen Euro bezahlte, um Ordnung in ein unausgereiftes Spiel zu bekommen, verteilte die Bälle mal hinten mit Gerard Piqué, mal eroberte er sie zentral an der Seite von Xavi, mal stieß er vorne rein – wo sonst niemand stand. „Nach Augenkontakt“ mit Flankengeber Jordi Alba, wie Alonso sagte, brachte er den ersten Wirkungstreffer an. Doch wann hat es je ein Alonso-Kopfballtor gegeben? Vielleicht noch im Dress des FC Liverpool? Eine Frage, die ihn komplett überforderte. Sekundenlang kraulte er sich am Bart, starrte an die Decke. „Ich weiß es wirklich nicht.“

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Von Peter Müller

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Mehr Auskunft konnte Alonso zum Duell gegen seine Klubkollegen Pepe und Cristiano Ronaldo geben: „Wir kennen Portugal genau, aber sie kennen uns auch gut. Sie werden sich nicht auf unseren Stil umstellen.“ Eine dezente Spitze gegen die verängstigten Franzosen, die ursächliche Verantwortung trugen, dass Spaniens erster Pflichtspielsieg gegen die Équipe Tricolore beinahe langweiliger als ein Groschenroman wirkte.

Bundestrainer Joachim Löw hat schon vor Jahren vom „Umschaltspieler Alonso“ geschwärmt, und wer jetzt del Bosque lauschte, erfuhr ähnliches. „Er ist einer der komplettesten Mittelfeldspieler der Welt“, beschied der 61-Jährige. Und bei Bedarf ist Alonso eben auch mal die Sturmspitze, die im spanischen Team nominell gar nicht besetzt ist.