Bochum/Castrop-Rauxel. . Vor dem Spiel gegen die Deutschen bereiten sich griechische Fans auf eine große Fußball-Fete vor. Hellenisch-teutonisches Public Viewing gibt es in Castrop-Rauxel, Fans schauen in Biergärten oder zu Hause. Alle hoffen auf einen Sieg, sehen Deutschland aber als Favoriten.

Schwarz sind die Nudeln, rot die Paprika und gelb ist die Safransoße, die das ganze abrundet. „Pasta schwarz, rot, gold“, heißt diese Kombination im Yamas. „Läuft gut“, sagt Stavros Liakeas, Besitzer des Lokals in der Bochumer Fußgängerzone. „Machen wir, bis Deutschland rausfliegt“, kündigt er an und grinst. „Also bis Freitagabend.“

Ein Scherz. Natürlich. Aber einer, in dem ein wenig Hoffnung mitschwingt. „Möglich ist alles“, sagt auch Ioannis Papadopoulos, Vorsitzender der Griechischen Gemeinde in Castrop-Rauxel und blickt über den Hof des Kulturzentrums Agora, wo am Freitag das wahrscheinlich größte teutonisch-hellenische Public Viewing im Revier stattfindet. Fahnen haben sie hier aufgehängt, viele griechische aber auch ein paar deutsche, Tische aufgestellt und die Kabel für die große Leinwand verlegt. „Und die Getränke“, sagt Papadopoulos, „stehen auch schon kalt.“

Die Götter sollen helfen

Damit wollen sie auf einen griechischen Sieg anstoßen. Gerne auch auf einen ganz knappen. „Aber selbst der wird sehr, sehr schwer“, macht sich Nikforos Georgiadis keine Illusionen. „Deutschland ist klarer Favorit“, räumt auch Stavros Sianas ein und spricht von einem Duell „David gegen Goliath“. Und sein Landsmann Christos Ormanis weiß: „Wir brauchen Glück.“ Oder den Beistand höherer Mächte. „Die Götter müssen uns helfen“, ahnt Georgiadis.

So wie sie es schon in der Vorrunde getan haben. Als scheinbar nichts mehr ging nach dem Unentschieden gegen die Polen und der Niederlage gegen Tschechien. Und als die hoch gehandelten Russen trotzdem besiegt wurden. Vielleicht lag es aber auch daran, dass Stavros Liakeas just an diesem Tag seinen Glücksschal im Keller wiedergefunden hatte. Vielleicht aber auch nur daran, „dass wir Griechen ein starkes Volk sind“, wie Vassilis Sakkalis, Wirt des Bochumer Avli vermutet. Ouzo hat er seinen Gästen nach dem überraschenden Einzug in die K.o.-Runde ausgegeben. Und nicht nur einen. „Am Ende waren wir alle sehr lustig.“

Wollen sie heute wieder sein. Im Innenhof des Avli, vor den Fernsehern im Yamas und in Hunderten anderer griechischer Restaurants im Ruhrgebiet. „Wird wohl überall sehr voll werden“, glaubt Liakeas. Deshalb hat er den Plan auch aufgegeben, zum Spiel seiner Mannschaft nach Danzig zu reisen. „Karten hätte es noch gegeben. Aber an so einem Abend musst du in deinem Lokal sein.“

Geschmückt hat er das Yamas bereits. Aber nur ganz dezent. „Ist ja kein Karneval.“ Gäste dürfen trotzdem gerne im Trikot ihrer Wahl kommen. „Ich ziehe meins auf jeden Fall an.“

Nach jedem griechischen Tor soll es eine Runde geben. Mit einer Ausnahme. „Bei einem möglichen Elfmeterschießen bleibt die Flasche zu.“

Auch interessant

Selbstbewusst sind die Griechen, überheblich sind sie nicht. Deshalb hat der 36-jährige VfL-Bochum-Fan seinen Angestellten auch untersagt, Papiertaschentücher auf die Tische der deutschen Gäste zu legen. Zu gewagt, und: „Macht man doch nicht.“

Kollege Sakkalis will von Tränen ohnehin nichts wissen. „In erster Linie wollen wir alle Spaß.“ Wollen feiern, egal, wie die Begegnung ausgeht. „Mein Herz schlägt für Griechenland“, sagt er und wird das auch zeigen. „Mit ganz viel Temperament.“ Aber auch mit Lokalrunden bei einem Erfolg der Hellenen. Doch bei aller Euphorie, „eigentlich ist es ja nur ein Spiel.“ Wenn auch „ein ganz besonderes“, wie sie alle sagen. Aber auf keinen Fall ein politisches. „Es geht“, stellt Stavros Liakeas klar, „an diesem Tag nur um Sport.“

Politik spielt keine Rolle

„In unserer Heimat mag das anders sein“, sagt Ioannis Papadopoulos. „Da geht es bei diesem Spiel auch darum, der Welt etwas zu beweisen. Zu zeigen, dass man immer noch jemand ist. Aber hier in Deutschland spielt die Politik an diesem Abend keine Rolle.“

Wenn ihre griechische Elf am Freitag ausscheidet, „dann werden die meisten von uns sogar wieder Deutschland die Daumen drücken“, ist Papadopolous überzeugt. Schon deshalb, weil viele von ihnen schon so lange hier sind. Wie Liakeas, der sich selbst „Bochumer Grieche“ nennt. Eine Kombination mit einem ganz speziellen Vorteil. „Egal wer gewinnt“, sagt er. „Ich habe auf jeden Fall ein Team im Halbfinale.“