Danzig. Toni Kroos beklagt seine Reservistenrolle bei der Fußball-Europameisterschaft - und kritisiert das Spiel der DFB-Elf. „Befriedigend ist das alles nicht. Wir haben jetzt zweimal geführt, ich sehe es nicht so, dass wir überragenden Fußball spielen“, sagte Kroos in einem Interview.

Als Lukas Podolski im deutschen Quartier in Danzig an Mario Gomez vorbeigeht, verpasst er seinem Kollegen mit der Faust einen kleinen neckischen Haken auf die linke Körperseite. Podolski lacht, Gomez lacht. „Wir sind hier bei der Nationalmannschaft ein verschworener Haufen“, sagt Gomez dann etwas später, als wolle er das Gute-Laune-Idyll vervollkommnen. Dieses Bild mag nach den beiden Siegen gegen Portugal und die Niederlande grundsätzlich stimmen, aber längst sind nicht alle im deutschen Lager in diesen Tagen der Europameisterschaft bester Laune. Zum Beispiel Toni Kroos, der gestern aus den vorgeschriebenen Pfaden des freundlichen Miteinanders überraschend deutlich ausbrach.

Auf Kroos' Position gelten Schweinsteiger und Khedira als unverzichtbar

„Befriedigend ist das alles nicht. Gerade nach der Saison, die ich gespielt habe, ist es doch logisch, dass ich spielen will", sagt der 22-Jährige, der beim FC Bayern München eine starke Saison gespielt hat, für den aber im derzeitigen Elite-Ensemble von Bundestrainer Joachim Löw kein Platz zu sein scheint. Auf seiner Position gelten Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira als unverzichtbare Bestandteile der ersten Elf. Kroos wurde daher nur zweimal eingewechselt, jeweils in der Schlussphase. Zwölf Minuten kamen so zusammen. Zu wenig, als dass es gegen den Frust helfen würde.

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„Wir haben jetzt zweimal geführt, ich sehe es nicht so, dass wir überragenden Fußball spielen“, sagte Kroos der Münchner TZ. Nicht einmal die gute erste Halbzeit gegen die Niederländer fand beim Mittelfeldspieler Gnade. „Da geht noch immer was nach oben.“ Und der selbstbewusste Kroos weiß auch wie, schließlich hätte der Bundestrainer „mich auch an diesem Abend gegen Holland bringen können. Oder eben im nächsten Spiel. Ich bin jederzeit bereit."

Das nächste Spiel steht am kommenden Sonntag (20.45 Uhr, live im DerWesten-Ticker) gegen Dänemark an. Nur noch einen mickrigen Punkt benötigt die Nationalmannschaft noch, um sicher als Tabellenerster ins Viertelfinale einzuziehen. Das hätte den speziellen Charme, dass Löws Elf in der nächsten Runde nicht zum Reisen gezwungen wäre, sondern im wenige Kilometer entfernten Danziger Stadion auflaufen könnte. Vielleicht gegen die Russen, vielleicht aber auch gegen das Gastgeberland Polen.

Co-Trainer Flick spricht von einem "harten Stück Arbeit"

Aber so weit denken sie im deutschen Mannschaftsquartier natürlich noch nicht, denn schließlich besteht auch noch immer die theoretische Möglichkeit, dass Deutschland nach der Vorrunde schon die Koffer packen muss. Portugal geschlagen, die Niederlande geschlagen, es ist bislang eine wirklich erstaunliche EM der Deutschen, weil es noch niemand sonst geschafft hat, beide Spiele dieses Turniers zu gewinnen. Das ist ein Qualitätsmerkmal. Nun wartet mit den Dänen die vermeintlich leichteste Aufgabe. Das macht die Sache so schwer. „Die spielen mit großer Ruhe, weil sie wissen: alle anderen in der Gruppe müssen, wir können. Das wird ein hartes Stück Arbeit“, sagt Co-Trainer Hansi Flick. Er wirkt dabei nicht gerade besorgt, er weiß, dass die Aufgabe schon gelöst werden wird. Von den Jungs, die anfangen. Oder von denen, die eingewechselt werden. Obwohl sie vielleicht gereizt sind. Oder vielleicht auch gerade deswegen.