Essen. Nervige Sprüche und Phrasen von Kommentatoren regen Fußballfans so richtig auf. Passend zur EM haben zwei Berliner die Lösung für das Problem geschaffen. Im Internet können Fans selbst kommentieren oder anderen dabei zuhören. Einfach den Ton des Fernsehers aus- und die PC-Boxen anschalten.

Typische Floskeln und immer gleiche Phrasen, so mancher Fußballfan ist von den Sprüchen der Kommentatoren richtig genervt. Die zwei Berliner Moritz Eckert (32) und Wendelin Hübner (33) haben die Lösung für alle, die keine Lust auf Béla Réthy, Tom Bartels und Co. haben. Auf ihrer Homepage http://www.marcel-ist-reif.de können Fans selber kommentieren oder anderen dabei zuhören.

Ruhrpott- statt Hochdeutsch

"Ich kann mich entscheiden", sagt Eckert. "Will ich den Taktik-Fuchs oder lieber den Spaßvogel? Will ich einen Mann oder eine Frau?" In kurzen Profilen stellen sich die Hobby-Kommentatoren vor. "Wer Interesse an einem emotionalen Kommentar, gepaart mit Hintergrundinformationen (und schlechten Witzen) hat, ist bei mir an der richtigen Stelle", schreibt Dominik Schendzielorz. Philipp Schuster verspricht "hohes Fachwissen, Witz und Charme". Neben Stil können die Hörer auch nach Sprachen wählen. Wie wär's zum Beispiel mal, ein Spiel auf Schwäbisch, Hessisch oder Ruhrpott-Deutsch zu hören?

Seit die Homepage pünktlich zum EM-Start online gegangen ist, hätten sich mehrere hundert Fußballfans angemeldet, sagt Eckert. Die Idee, die Plattform zu schaffen, kam ihm in der Halbzeit eines Champions-League-Spiels auf dem Weg zum Supermarkt. "Die Leute regen sich über Fußballkommentatoren auf." Das Problem: Der Kommentator kann es nicht allen recht machen. "Er muss immer den Mittelweg finden, damit auch der Laie alles versteht." Auf www.marcel-ist-reif.de kann sich jeder den passenden Kommentator aussuchen. Einfach den Ton des Fernsehers aus- und die PC-Boxen anschalten.

Chance für Talente

"Wir sagen nicht, dass wir viel besser sind. Aber wir glauben, dass es hier viele Talente gibt, die sich nach und nach rauskristallisieren", sagt Eckert, der auch selbst kommentiert. Gemeinsam mit seinem Arbeitskollegen Björn Grindberg bewertet er das Spielgeschehen. Trockener Humor und satirische Diskussionen über Themen wie die Generation-Arm-Tattoo machen das Zusammenspiel der Freunde aus. "Das macht Spaß", erzählt Grindberg. "Wir können uns relativ gut die Pointen zuspielen." Außerdem bekomme man eine andere Sicht auf das Spiel und auch auf den Kommentator, sagt Grindberg. "Ich hab Respekt gewonnen, seit ich das selber mache."

Finanziert wird die Plattform für Nachwuchs-Kommentatoren aus eigener Tasche. "Wir machen das als Hobby", sagt Eckert, der auch die Spendenplattform betterplace.org mitgegründet hat. Wendelin Hübner arbeitet hauptberuflich als Journalist. Wie es mit der Homepage nach der EM weiter geht, ist noch offen. "Wir denken von Spiel zu Spiel, und dann schauen wir mal, was daraus wird." Von Fußballfans wird die Seite jedenfalls mit Begeisterung angenommen. Vielleicht kann man bald auch zur Bundesliga entscheiden: "Will ich, dass der lustige Bayer, der ernste Hesse, oder der Schalke-Fan das Dortmund-Spiel kommentiert?"