Gent/Kiew. . Tausende Belgier versteigern sich selbst als Fans bei ebay. Dann der Schock: Den Zuschlag erhielt die Niederlande. Nun müssen sie den Erzfeind gegen Deutschland anfeuern.

Ausgerechnet Holland! Als Lieven Scheire erfuhr, wer bei seiner viel beachteten Internet-Auktion den Zuschlag bekam, „war das erst mal ein echter Schock“. Aber es half ja nichts. „Die Gefahr bestand von Anfang an“, sagt Scheire im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID): „Aber wir haben in der ebay-Ausschreibung angekündigt: Wir unterstützen den Sieger - selbst wenn es Holland wird.“

Der 31 Jahre alte Scheire, in Belgien ein bekannter TV-Moderator und Comedy-Star, und seine 20.000 Facebook-Unterstützer müssen nun wohl oder übel den Erzfeind Niederlande bejubeln. Erstmals im Spiel am Mittwoch gegen Deutschland. Wie sie es versprochen haben.

„Ich bin jetzt ein echter Oranje-Fan“

„Mein Herz ist gekauft worden. Ich bin jetzt ein echter Oranje-Fan“, versichert Scheire: „Ich habe mir fünf Hüte gekauft. Einen mit Windmühle, einen mit Holzschuh, einen mit Käse ...“ Das sei der einzige Vorteil an den Niederlanden: „Bei einem Land mit so vielen Klischees kann man sich als Fan herrlich austoben.“

Die Idee zum „Fremdgehen“ kam Scheire bei der WM 2010. „Belgien war nicht dabei, aber ein Turnier macht keinen Spaß, wenn man keine Mannschaft unterstützt“, sagt er: „Und ich konnte mich nicht entscheiden, wem ich nun beihalten soll.“

So wurde er vor zwei Jahren für 35 Euro zunächst Fan von Honduras. Dann von Ghana und schließlich von Spanien. Nach dem Ausscheiden wanderte er stets weiter. So wird es auch diesmal sein. „Wenn Holland raus ist, trauern wir 24 Stunden, tragen schwarz, verstreuen Asche. Und dann bieten wir uns wieder zum Kauf an“, sagt er: „Aber das wird nicht passieren, denn Holland wird Europameister. Ich muss das sagen. Ich bin jetzt Fan.“

Lieber kleine Teams wie Schweden und Tschechien

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Natürlich hatte Scheire eigentlich auf einen anderen Auktionsgewinner gehofft. In seinem früheren Leben, „also als ich noch kein Holländer war“, habe er mehr mit den kleinen Teams wie Schweden und Tschechien mitgefiebert. Die Sache durchzuziehen, ist für ihn aber Ehrensache. Einige seine Begleiter seien dagegen sofort ausgestiegen, als sie hörten, dass ein niederländischer Geschäftsmann für 700 Euro den Zuschlag erhielt - der die Summe an das UN-Kinderhilfswerk UNICEF auf 3000 Euro erhöhte. „Aber dafür sind andere dazugekommen“, sagt Scheire: „Insgesamt ist die Zahl sogar gestiegen.“

In Bars quer durchs Land werden nun also Belgier Oranje tragen und die Hymne des Erzfeindes singen. Und gegen Deutschland sein, gegen das sie eigentlich nichts haben. „Deutschland ist auch ein Nachbar, aber die Rivalität zu Holland ist größer“, sagt Scheire: „Zum einen sprechen wir dieselbe Sprache. Zum andern glauben wir bei Holland eher, dass wir sie an einem guten Tag schlagen können. Deutschland spielt für uns in einer anderen Liga.“

Am meisten Spaß hat es ihm bisher gemacht, Honduras-Fan zu sein. „Wir waren die einzigen in ganz Belgien“, erzählt er. Ganze 40 waren es damals. Doch die Bewegung wuchs und wuchs. Bei der WM 2014 würde Scheire gerne darauf verzichten und lieber wieder Belgien anfeuern. „Wenn die Roten Teufel spielen, stehen wir alle hinter ihnen. Eigentlich bin ich auch sicher, dass wir es schaffen. Aber wir bräuchten noch einen Weltklasse-Trainer“, sagt er und ergänzt schmunzelnd: „Ihr habt in Deutschland nicht zufällig einen zu verkaufen?“ (sid)