Danzig. Bei der EM 2012 droht dem Innenverteidiger des FC Arsenal die Reservistenrolle. Den Platz in der Startelf durfte der 27-Jährige gegen Portugal nicht einnehmen. Optimistisch, dass er Mats Hummels oder Holger Badstuber wieder ablösen könnte, präsentiert sich Per Mertesacker im WAZ-Interview nicht.

WM 2006, EM 2008, WM 2010: Per Mertesacker war immer mittendrin. Bei der EM 2012 allerdings droht dem Innenverteidiger des FC Arsenal das Schicksal, nur noch dabei zu sein. Den gewohnten Platz in der Anfangself durfte der 27-Jährige beim Vorrundenauftaktspiel gegen Portugal nicht einnehmen. Das muss er noch verarbeiten. Und wie es weiter gehen wird mit ihm bei der Partie gegen die Niederländer am Mittwoch? Optimistisch, dass er den jungen Mats Hummels oder den jungen Holger Badstuber schnell wieder ablösen könnte, präsentiert sich Per Mertesacker im Garten des Teamhotels Dwor Oliwski nicht.

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Alle waren überrascht. War es auch für Sie eine Überraschung, dass Sie nicht spielen durften, Herr Mertesacker?

Per Mertesacker: Ja. Es war zwar von vornherein klar, dass es harte Entscheidungen geben würde. Dass es dann mich erwischt hat… – gut, klar, man hat damit nicht gerechnet, weil man natürlich von Anfang der Vorbereitung an alles dafür gegeben hat, auch zu spielen.

Hat der Bundestrainer Ihnen seine Entscheidung persönlich mitgeteilt?

Mertesacker: Ja. Wir kennen uns ja schon etwas länger.

Wie haben Sie die Botschaft aufgenommen?

Mertesacker: Weiß ich noch nicht, muss ich noch sortieren. Es ist für jeden Trainer schwierig, wenn er einen so guten Kader zur Verfügung hat. Und ich habe auch gemerkt, dass es Joachim Löw schwer gefallen ist, mir die Entscheidung mitzuteilen. Trotzdem: Wir kennen uns schon länger. Ich konnte mich in ihn hineinversetzen. Aber natürlich ist das für mich persönlich eine neue Situation. Nun muss ich die neue Rolle einfach so schnell wie möglich annehmen.

Mertesacker will „weiter gut trainieren“ 

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Wie geht es weiter für Sie?

Mertesacker: Ich versuche weiterhin gut zu trainieren. Und die Entscheidung, wer im Endeffekt spielt, die treffe eben nicht ich. Jetzt ist es wichtig, dass die Mannschaft so gut wie möglich unterstützt wird. Das wird der Schlüssel sein. Dass wirklich alle sich dem Thema verschreiben, dran zu bleiben, in den wenigen Spielen immer wieder den Deckel draufzusetzen. Dafür braucht es nicht nur elf Spieler. Davon können Sie ausgehen.

Wie genau können Sie helfen?

Mertesacker: Man versucht immer, irgendwie die Mannschaft zu unterstützen, vor dem Spiel, während des Spiels, mitten im Spiel. Sei es als Wasserträger, sei es durch Aufmunterung. Es gibt viele kleine Dinge, die man tun kann, um dieses Gefühl zu vermitteln: Wir haben eine gute Mannschaft, jeder steht hinter dem anderen. In solchen Situationen zeigt sich der wahre Charakter unseres Teams.

Hollands Starstürmer Robin van Persie ist Ihr Mitspieler bei Arsenal. Bezieht Unterstützung Tipps für die Kollegen mit ein?

Mertesacker: Ja. Aber ich muss nicht groß etwas sagen. Die anderen kennen den Spieler. Vielleicht gibt es nur noch den einen oder anderen Kniff, den ich einmal in irgendeinem Training von ihm gesehen habe. Wenn, dann werde ich das mitteilen und nicht denken: Bloß nichts sagen, vielleicht kann der die anderen damit ja überraschen.

Es könnte für Sie ja auch ganz schnell gehen. Holger Badstuber hat schon gegen die Portugiesen eine Gelbe Karte gesehen…

Mertesacker: Aus Turnieren hat man natürlich schon gelernt, dass ein gewisser Kern, wenn es gut läuft, auch zusammen bleibt.

Mertesacker wünscht sich von Gomez weiter Effektivität 

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Hat man es als Stürmer leichter, wieder hineinzukommen?

Mertesacker: Hat man ja gesehen bei Miro Klose. Der wird eingewechselt und kriegt gleich wieder eine kleine Spielzeit. Aber vielleicht muss man ja auch einmal eine Führung halten? Es gibt schon viele Möglichkeiten, wieder hineinzukommen. Ich denke, erst einmal ist wichtig, wie wir das zweite Spiel angehen. Darauf müssen wir uns konzentrieren. Zuerst die Protagonisten, die spielen −, und wir anderen müssen versuchen, vorher drum herum ein bisschen für gute Stimmung zu sorgen.

Ist die Stimmung gut? Ein deutscher Stürmer ist heftig kritisiert worden nach dem Spiel gegen Portugal. Der Siegtorschütze Mario Gomez. Können Sie das nachvollziehen?

Mertesacker: Ich habe nichts gelesen. Ich weiß nur, dass Mario das 1:0 für uns erzielt hat, das 1:0, das sehr, sehr wichtig für uns war in diesem ersten Gruppenspiel.

Mehmet Scholl hat in seiner Rolle als TV-Kritiker gesagt, Gomez habe sich während des Spiels wund gelegen. Meinte: Er sei so wenig gelaufen…

Mertesacker: Mario soll weiter so effektiv bleiben. Nämlich effektiv, wenn die Bälle in den Strafraum kommen. Er hat seine Gefährlichkeit, und wir müssen versuchen, sie heraufzubeschwören. Und ich glaube, er hat auch genug Selbstvertrauen. Daran prallt alles ab. Vor allem in solchen Situationen und nach einem solchen Spiel: Da ist die Wahrnehmung der Presse, die ganze Wahrnehmung anderer doch erst einmal total zweitrangig.