Tourrettes. Am vergangenen Samstag trafen auch die Bayern-Profis im EM-Trainingslager der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ein. Wie passt das? Bayern? Dortmunder? „Da gibt es keine Probleme. Also, zumindest ganz sicher nicht von meiner Seite“, sagt BVB-Mittelfeldspieler Mario Götze im Interview.

Mario Götze erscheint im nationalen Trikot und mit einem strahlend weißen Handtuch, das er um die Hüfte geschlungen hat. Gerade war Training, bald wird auch dem Jungweltstar von Meister und Pokalsieger Borussia Dortmund das Mittagsmahl serviert werden. Zwischendurch findet dieses Gespräch im Terre Blanche statt, im exquisiten Garten des Hotels, der im exquisiten südfranzösischen Sonnenschein liegt. Mario Götze schwitzt, wird aber erst nach ein paar Sätzen warm.

Nachdem einige Zeit verstrichen ist: Was hat die Nationalmannschaft, was haben Sie aus der 3:5-Niederlage gegen die Schweiz mitgenommen, Herr Götze?

Mario Götze: Relativ viel. Natürlich lag vor der Testpartie eine harte Woche hinter uns, mit vielen Trainingseinheiten. Aber wir haben auch viele Fehler gemacht und in entscheidenden Momenten nicht richtig reagiert.

Haben Sie Reaktionen aus der Heimat mitbekommen?

Götze: Mitbekommen? Nicht wirklich. Grundsätzlich konzentrieren wir uns auf uns. Wir versuchen die Fehler aufzuarbeiten. Und bis zur EM ist es ja auch noch ein Weilchen. Wichtig ist das erste Spiel gegen Portugal.

Gehören Sie denn generell zu den Medienverweigerern?

Götze: Ich lese nicht so viel -, was den sportlichen Teil betrifft. Ich schaue nur ab und zu mal rein. Nehmen wir das Beispiel Basel: Das war ein Testspiel, das uns Lehren mitgegeben hat. Wir müssen die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Das ist alles.

Hat denn so eine Niederlage nicht auch positive Folgen? Trägt sie nicht zur Beruhigung bei? In Deutschland ist die Aufregung um die Nationalmannschaft doch immer gewaltig…

Götze: Wir haben uns schon viel vorgenommen für die EM. Und natürlich war das Spiel in dieser Hinsicht wichtig. Um heraus zu bekommen, wie weit wir sind.

Kapitän Philipp Lahm hat erklärt, es zähle nur der Titel bei der EM. Das erzeugt natürlich Druck.

Götze: Jede Mannschaft, die beim Turnier mitspielt, will ins Finale, jede will den Titel haben. Von daher muss man sich, glaube ich, einfach auf die Spiele konzentrieren, die bevorstehen. Man muss wirklich von Spiel zu Spiel denken. Den Rest kann man nicht beeinflussen.

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War das Dortmunds Weg, den Sie gerade beschrieben haben?

Götze: Wir sind beim BVB damit gut gefahren in letzter Zeit. Von Spiel zu Spiel denken. Ich glaube, das ist die richtige Marschroute.

Dortmunds Götze erlebte mit Verletzung „eine harte Zeit“ 

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Sie waren sehr lange verletzt. Was haben Sie aus dieser Zeit, was haben Sie aus dieser Niederlage mitgenommen?

Götze: Sehr, sehr, sehr viel. Es war eine harte Zeit. Vor allem, weil sie so lang war und ich wirklich nichts machen konnte. Und es war auch die erste schwere Verletzung für mich. Vorher war es noch nie so dramatisch.

Hatte diese Niederlage, diese Aus-Zeit, vielleicht auch etwas Entlastendes? Es gab einen schon unheimlichen Hype um Sie, mit Messi-Vergleich und Götzinho-Schlagzeilen…

Götze: Das gehört einfach dazu. Das ist bei anderen Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, noch viel, viel dramatischer. Und ich glaube, dass ich damit auch relativ gut umgegangen bin. Man kommt auf den Platz. Man will einfach Spaß haben. Das andere ist irrelevant. Deshalb war diese Verletzungszeit für mich einfach eine blöde Zeit. Vor allem auch, weil die anderen so gut gespielt haben. Da wäre ich natürlich immer gerne dabei gewesen.

Ihnen wurde Zeit zum Nachdenken gewährt…

Götze: Ja. Ich hatte immer diesen Gedanken im Kopf: Wie kam es dazu? Und auch: Jetzt hast du vielleicht doch einmal ein bisschen Ruhe… Aber so ein langer Zeitraum -, das ist insgesamt schon sehr negativ.

Und herausgegangen aus der Verletzungszeit sind Sie mit welchem Gedanken?

Götze: Am Anfang war es nicht einfach für mich, das Ganze zu akzeptieren. Aber als ich dann wieder aktiv etwas tun konnte, wollte ich ganz schnell wieder auf die Beine kommen, dann war ich wieder richtig motiviert.

Götze fühlt sich „auf einer offensiveren Position wohler“ 

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© Patrik Stollarz/AFP

Wie ist der Stand der Dinge?

Götze: Sehr gut. Das Spiel war für mich noch einmal sehr, sehr wichtig. Was das Körperliche angeht. Um wieder Spielpraxis zu bekommen. Um insgesamt den Ablauf wieder zu haben.

Beim BVB haben Sie erst einmal diese zentrale Position übernommen, die Sechser-Position. Wie hat sich die Rolle von Bastian Schweinsteiger angefühlt, die Sie gegen die Schweiz gespielt haben?

Götze: Es war ungewohnt. Ich habe diese Position tatsächlich erst einmal in Dortmund gespielt und fühle mich auf einer offensiveren Position auch wohler. Aber im Endeffekt war es schon gut für mich, dass ich diesen Part übernehmen durfte, dass ich so viele Ballkontakte hatte.

Schweinsteiger und die anderen Bayern sind endlich auch eingetroffen. Wie passt das? Bayern? Dortmunder?

Götze: Ach, da gibt es keine Probleme. Also, zumindest ganz sicher nicht von meiner Seite. Ich sehe das, wenn ich bei der Nationalmannschaft bin, absolut vereinsunabhängig. Wir tragen das deutsche Trikot. Das hat überhaupt nichts mit dem Klub zu tun. Und deshalb gibt es auch überhaupt keine Probleme.

Die Bayern sollen nach der Niederlage im Finale der Champions League deprimiert gewesen sein. Die Dortmunder müssten eigentlich nach dem 3:5 gegen die Schweiz deprimiert sein…

Götze: Also, so schlimm ist es nicht! Ich habe nicht den Eindruck, dass wir hier Trübsal blasen. Natürlich waren das unangenehme Erfahrungen. Aber ich glaube, wir alle und alle um uns herum sind professionell genug, sie richtig einschätzen zu können.

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Am Donnerstag steht in Leipzig die letzte Testpartie vor der EM an. Bundestrainer Joachim Löw will weiter experimentieren. Es könnte also eine weitere Niederlage geben…

Götze: Wenn wir am Ende den Titel bei der EM holen würden, würde wieder niemand mehr darüber sprechen. Deshalb sehe ist das relativ entspannt. Aber, natürlich: Wir wollen auch dieses Spiel gegen Israel gewinnen.