Tourrettes. Ein Bastian Schweinsteiger in Normalform ist für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft unverzichtbar. Nicht zuletzt wegen diverser Verletzungen in den vergangenen Monaten und seinem verschossenen Elfmeter gegen den FC Chelsea ist der Mittelfeldspieler von Bayern München aber noch nicht auf der Höhe.
Noch wird Bastian Schweinsteiger in Watte gepackt. Der „emotionale Leader“ der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, wie ihn Bundestrainer Joachim Löw während der WM vor zwei Jahren in Südafrika bezeichnete, wird anderthalb Wochen vor dem Start der EURO in Polen und der Ukraine (8. Juni bis 1. Juli) wegen seiner diversen Probleme behandelt wie ein rohes Ei.
„Bastian Schweinsteiger ist immer noch angeschlagen. Er hat sich im Spiel gegen Chelsea einen Bluterguss in der Wade zugezogen, und zwar direkt in der Anfangsphase. Er hat damit 115 Minuten gespielt. Das macht die Sache schwieriger als wir gedacht haben“, sagte Löw zum Abschluss des Trainingslagers in Südfrankreich.
Ob der Vize-Kapitän am Donnerstag bei der EM-Generalprobe gegen Israel in Leipzig (20.30 Uhr/ARD und im Liveticker) eingesetzt werden kann, ließ der Bundestrainer noch offen: „Wir wollen das Risiko absolut minimieren. Wir gucken von Tag zu Tag.“
Bislang nur individuelle Einheiten
Der Mittelfeldspieler von Bayern München, der ebenso wie seine Vereinskollegen erst seit Montag am Trainingsbetrieb der Nationelf teilnimmt, konnte bislang nur individuelle Einheiten absolvieren. Mal quälte sich der 27-Jährige wie am Mittwoch auf dem Ergometer, mal absolvierte er spezielle Übungen für seine Fitness, mal drehte er abseits der Truppe seine Runden.
Oliver Bierhoff trat allerdings allzu großen Befürchtungen entgegen: „Ich habe volles Vertrauen, dass es gehen wird und bin für das erste Vorrundenspiel guter Dinge", sagte der Manager der deutschen Nationalmannschaft. Parallelen zu Ex-Kapitän Michael Ballack, der bei der EM vor vier Jahren ebenfalls an Wadenproblemen laborierte, wollte Bierhoff nicht ziehen. „Bei ihm war es eine Verletzung, die häufiger aufgetreten ist und kein einzelner Fall", sagte Bierhoff: „Bei Bastian Schweinsteiger sollte mit dem richtigen Auskurieren die Sache erledigt sein."
Angeschlagen wird Schweinsteiger gegen Israel nicht spielen
Dass Schweinsteiger der DFB-Auswahl an allen Ecken und Enden fehlt, wurde besonders bei deren ersten beiden Auftritten in diesem Jahr deutlich. Beim 1:2 im Februar gegen Frankreich wurde Schweinsteiger im defensiven Mittelfeld ebenso als Dreh- und Angelpunkt vermisst wie beim 3:5 am vergangenen Samstag in Basel gegen die Schweiz. Auch beim 3:3 im November 2011 in der Ukraine war Schweinsteiger nicht mit von der Partie.
Deshalb würde ihn Löw am liebsten schon bei der EM-Generalprobe wieder spielen lassen. „Wir wollen sehen: Wie weit kann er gehen? Wie kann er den Schmerz ertragen?“, sagte der Bundestrainer, der auf jeden Fall den Rat der Mediziner beachten will. „Wenn von ärztlicher Seite ein Einwand vorhanden ist, werde ich einen Teufel tun und einen Spieler angeschlagen in ein Spiel schicken“, sagte der 52-Jährige.
Löw will, dass Schweinsteiger bei der Schlussetappe der Vorbereitung auf das erste EM-Gruppenspiel am 9. Juni gegen Portugal wieder im Vollbesitz seiner Kräfte ist: „Er braucht jetzt die eine oder andere zusätzliche Einheit, um auf die nächste Woche vorbereitet zu sein.“
Ist das Chelsea-Spiel schon abgehakt?
Während sich der Bundestrainer um die körperliche Verfassung des 90-maligen Nationalspielers sorgt, macht er sich um dessen psychische Verfassung gar keine Gedanken mehr. „Über das Spiel gegen Chelsea wird nicht mehr gesprochen. Das ist abgehakt, die Bayern haben jetzt alle ein neues Ziel“, sagte Löw auch mit Blick auf Schweinsteigers verschossenen Elfmeter gegen Chelsea.
Nach eigenen Angaben hat Schweinsteiger die Enttäuschung über die bittere Niederlage im Finale der Champions League aber immer noch nicht verdaut. „Du versuchst zwar, den Kopf frei zu kriegen, aber du denkst trotzdem immer an dieses Spiel“, sagte er der Bild. Dennoch richtete er seinen Blick nach vorne: „Es ist nicht leicht, aber wenn man sich neue Aufgaben sucht, geht es einfacher. Die EM ist ein Neuanfang.“
Sami Khedira hat dagegen bei seinem Partner nach dem Vize-Triple der Bayern keine Folgeschäden feststellen können. „Er macht ganz normale Späße, er lacht ganz normal, er isst ganz normal und ich glaube, er schläft auch ganz normal“, sagte der spanische Meister von Real Madrid, der vor zwei Jahren bei der WM in Südafrika mit Schweinsteiger ein kongeniales Duo gebildet hat. Jetzt fehlt eigentlich nur noch, dass Schweinsteiger auch wieder ganz normal spielt. (sid/dapd)