Essen. . Neben Nani ist vor allem Christiano Ronaldo das Aushängeschild der portugiesischen Nationalmannschaft. Sein Spiel ist überragend. Die Leistung der Mannschaft blieb zuletzt aber hinter seiner individuellen Qualität zurück. Das soll sich nun ändern.

An Deutschland hat Portugals Superstar Cristiano Ronaldo keine guten Erinnerungen. Gleich drei Paar seiner Fußballschuhe wurden ihm in München vor dem Hinspiel des Champions-League-Halbfinales gegen die Bayern geklaut. Wobei die entwendeten Treter für den 27-Jährigen, der im Jahr inklusiver diverser Werbeeinnahmen 40 Millionen Euro verdienen soll, noch leichter zu verkraften gewesen sein dürften als das Ausscheiden in der Königsklasse gegen die Münchner oder die EM-Viertelfinalniederlage gegen Deutschland im Jahr 2008. Portugals Superstar hätte sich angesichts der jüngeren Vergangenheit sicher einen anderen Gegner zum Auftakt in das EM-Turnier gewünscht als das DFB-Team.

Ronaldo ist der Star - nicht nur bei den Portugiesen, sondern wohl auch bei dieser Europameisterschaft in Polen und der Ukraine. 46 Saisontreffer reichten in Spanien zwar nur zu Platz zwei in der Torjägerliste hinter Lionel Messi, aber sie zeigen doch Ronaldos herausragende Qualität. Im Nationalteam bleibt er oft hinter den Erwartungen zurück, was möglicherweise auch an der Wankelmütigkeit der portugiesischen Mannschaft liegt. Als "Wundertüte" wird das Team von Trainer Paulo Bento oftmals umschrieben - man weiß nicht, was rauskommt. Es kann ein überragendes 6:2 sein, wie im Playoff der EM-Qualifikation gegen Bosnien-Herzegowina. Es kann aber auch ein 4:4 sein, wie im Spiel zuhause gegen den krassen Außenseiter Zypern.

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Die Leistungsschwankungen legen den Schluss nahe, dass dies weniger mit Qualität der Mannschaft als vielmehr mit deren Einstellung zusammenhängt. Stars wie Ronaldo, Nani oder Pepe schalten gegen schwächere Teams schon einmal einen Gang zu viel herunter. Was aber auch bedeuten könnte, dass sich die Mannschaft bei der EM gegen Top-Teams wie Deutschland, den Niederlanden und Dänemark von ihrer guten Seite zeigen wird. Von der individuellen Stärke sind die Portugiesen bei dieser Europameisterschaft ohnehin ganz oben anzusiedeln.

Kaderschmiede von Sporting Lissabon bringt viele Stars hervor

In Portugal brauchte man sich noch nie Sorgen um den Nachwuchs zu machen. Besonders die Kaderschmiede von Sporting Lissabon brachte und bringt immer wieder neue Stars hervor. Ob Ronaldo, Nani oder Ricardo Quaresma - alle wurden sie bei Sporting ausgebildet und alle sind sie filigrane Techniker und fallen durch spektakuläre Dribblings auf. Doch allein mit wendigen Flügelstürmern ist noch kein Spiel gewonnen. Die Qualifikation zur Europameisterschaft wurde erst über den Umweg Playoffs erreicht.

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Es verfestigte sich der Eindruck, dass das Spiel der Portugiesen noch nicht ganz ausgereift ist. Was der Mannschaft fehlt, sind ein Spieler von internationalem Format in der Mittelfeldzentrale sowie einer im Sturmzentrum. In Joao Moutinho und Raul Mereiles verfügt Portugal über fleißige Arbeitsbienen im Zentrum, aber einen klassischen Taktgeber wie die einstigen Stars Deco oder Rui Costa sucht man vergeblich. Bento hofft, dass Moutinho - ebenfalls bei Sporting ausgebildet - trotz seiner Stärken in der Balleroberung und seines immensen Laufpensums die Offensivspieler im 4-3-3-System mit klugen Pässen versorgt.

Bereits mit 18 Jahren gab Moutinho sein Debüt in der Nationalmannschaft; bei Sporting streifte man ihm schnell das Trikot mit der Nummer 28 über, welches zuvor Ronaldo getragen hatte. Doch während dieser zum Weltstar avancierte, brachte es Moutinho zwar zu viel Reputation in seiner Heimat, international aber ist er bisher kaum in Erscheinung getreten. Da sich die Gegner Portugals stark auf Ronaldo konzentrieren werden, könnte die Form Moutinhos maßgeblich für das Abschneiden der Portugiesen sein.

Ronaldos Alleinherrschaft im Sturm

Im Angriff hat die portugiesische Nationalmannschaft ein notorisches Problem. Schon seit jeher bestand ein Leistungsgefälle zwischen Angriff und Mittelfeld der Seleccao. In Polen und der Ukraine werden sich Helder Postiga (Real Saragossa) und der ehemalige Bremer Profi Hugo Almeida (Besiktas Istanbul) um den Platz im Sturmzentrum streiten. Beide haben eine durchwachsene Saison bei ihren Vereinen hinter sich. In der EM-Qualifikation kamen die beiden Angreifer zusammen auf sieben Treffer. Das schaffte Ronaldo alleine.

Ronaldo wird bei der Europameisterschaft mehr Unterstützung brauchen, um geklaute Fußballschuhe oder jüngste Champions-League-Niederlagen vergessen zu machen.

(dapd)