Essen. Bei der EM 2000 gingen mit Paulo Bento die Nerven durch. Als Trainer der portugiesischen Nationalmannschaft gibt er sich deutlich ruhiger - seine bisherigen Erfolge sprechen aber immer noch für sich.
Als er die Chance seines Lebens verspielte, hatte der sonst so kontrollierte Paulo Bento sich nicht im Griff. Bei der Europameisterschaft 2000 in Belgien und den Niederlanden unterlag die Goldene Generation des portugiesischen Fußballs mit Spielern wie Luis Figo, Rui Costa, aber auch diesem unauffälligen Arbeitstier Bento den noch genialeren Franzosen im Halbfinale nach einem Handelfmeter mit 1:2. Die Goldene Generation ließ ihren Frust am Schiedsrichter aus; Bento versuchte, dem Referee die Rote Karte aus der Hand zu schlagen. Portugals heutiger Fußball-Nationaltrainer wurde für fünf Monate in der Seleccao gesperrt.
"In der Hitze des Kampfes machst du Fehler", erklärt sich der 42-Jährige heute den Fauxpas von damals ganz nüchtern. Paulo Bento, Vater von zwei Töchtern, hat in seiner Karriere als Spieler und Trainer nicht viele Fehler gemacht. Er gilt als außerordentlich diszipliniert und zielorientiert. In der Karriere von Bento ging es nie schnell, aber immer stetig nach oben. Über Estrela Amadora und Vitoria Guimaraes gelangte der defensive Mittelfeldspieler 1994 zum portugiesischen Spitzenklub Benfica Lissabon. Zwei Jahre später wechselte er nach Spanien zu Real Oviedo, ehe er im Jahr 2000 in seinem Heimatland, beim Spitzenklub Sporting Lissabon, im höheren Fußballalter von Anfang 30 seine erfolgreichste Zeit als Spieler - im Klub wie in der portugiesischen Nationalmannschaft - erleben sollte.
Bento scheut die Aufmerksamkeit
Bento war ein fleißiger Arbeiter auf dem Platz. In Portugal nennen sie Spieler wie ihn, anders als in Deutschland, nicht Wasser-, sondern "Klavierträger". Sie schleppen das Klavier ins Haus, den Beifall bekommen aber freilich Pianisten wie Rui Costa, Luis Figo oder Deco. Paulo Bento hat das Klavier immer gerne getragen - zumal er die Aufmerksamkeit ohnehin scheut wie der Teufel das Weihwasser. So war das zu seiner Zeit als Spieler, so ist das auch heute noch der Fall.
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Seine Trainerlaufbahn startete er als Juniorentrainer bei Sporting, 2005 wurde er Chefcoach der Profimannschaft. Vier Jahre trainierte er Sporting - und jedes Mal wurde er mit seinem Team Vizemeister. Kurze Interviews bestritt er häufig mit dem Satz: "Ruhig, ruhig - lasst uns doch in Ruhe arbeiten." In Portugal wurde er dafür von den Medien oft aufs Korn genommen.
Doch sein etwas ausgeprägter Hang zur Zurückhaltung wurde ihm nicht negativ ausgelegt. Im Gegenteil: Nachdem Carlos Queiroz mit einem Remis gegen Zypern und einer Niederlage gegen Norwegen in die EM-Qualifikation gestartet war, engagierte der portugiesische Fußballverband (FPF) im September 2010 Bento als dessen Nachfolger. Und Bentos Bilanz kann sich sehen lassen: In 14 Spielen unter seiner Leitung gewann die Seleccao insgesamt neun Mal bei drei Remis und zwei Niederlagen. Sie qualifizierte sich über die Playoffs noch für das Turnier in Polen und der Ukraine, trotz des schlechten Starts unter Queiroz. Bei der EM nimmt Portugal in der Gruppe B mit Deutschland, Holland und Dänemark wohl eher die Außenseiterrolle ein. Jemandem wie Paulo Bento kommt das bestimmt entgegen.
(dapd)