Essen. Bis Dienstagmittag mussten die 16 EM-Teilnehmer ihre endgültigen Aufgebote für die Endrunde benennen. Ein paar prominente Namen fehlen - ein paar Spieler, die keiner auf der Rechnung hatte, fahren dagegen hin.

Es war längst nicht so aufregend wie beim gespannten Warten auf die erste Hochrechnung am Wahlsonntag. Bis Dienstag, 29. Mai, 12.00 Uhr, mussten die 16 Teilnehmer an der EM in Polen und der Ukraine (8. Juni bis 1. Juli) jeweils jene drei Torhüter sowie 20 Feldspieler melden, mit denen sie während der Endrunde auskommen wollen. Zu großen Überraschungen kam es nicht mehr, ein paar interessante Entwicklungen gab es trotzdem.

Die prominentesten Namen auf der Liste mit dem Vermerk „abwesend“ sind zweifelsohne Carles Puyol and David Villa. Titelverteidiger Spanien muss also ohne zwei Stammspieler auskommen, ohne zwei Weltmeister. Eine Schwächung. Das stand bereits seit ein paar Tagen fest, ebenso wie der Kader von Trainer Vicente del Bosque, der nur drei Turnier-Neulinge berief und sagte: „Wir werden nichts verändern nur um des Veränderns willen. Ich bin seit vier Jahren im Amt, und in dieser Zeit haben wir eine angemessene Erneuerung durchgeführt.“

Fast alle Stars sind dabei

Als die Spielerlisten am Dienstag bei der Europäischen Fußball-Union (UEFA) eingereicht wurden, standen so ziemlich alle darauf, die in Europa einen guten Klang haben - und auch eine entsprechende Staatsbürgerschaft besitzen. Andres Iniesta und Xavi, Cristiano Ronaldo, Andrej Schwetschenko, Robert Lewandowski, Mesut Özil, Wesley Sneijder, Petr Cech, Frank Lampard undsoweiter. Es fehlen nicht allzu viele in Europa aktive Stars bei der EM: Lional Messi ist nun mal Argentinier - und Didier Droga besitzt einen Pass der Elfenbeinküste.

Ein paar unangenehme Überraschungen gab es dennoch: Kurz vor Meldeschluss musste Trainer Morten Olsen vom deutschen Gruppengegner Dänemark Stammtorhüter Thomas Sörensen streichen - der 35-Jährige hatte sich beim 1:3 am Samstag gegen Brasilien in Hamburg den Rücken verletzt. Olsen: „Seine Routine hätten wir in den Spielen gegen die besten Mannschaften der Welt gut gebrauchen können“. Der Nachnominierte ist wenigstens ziemlich prominent: Kasper Schmeichel. Vater Peter Schmeichel war 1992 Europameister mit Dänemark.

Unangenehme Überraschungen für die Italiener

Überraschungen der unangenehmsten Art haben Cesare Prandelli heimgesucht. Wie vor der WM 2006 in Deutschland wird Italien von einem Skandal heimgesucht. Damals ging es um Korruption, diesmal geht es vornehmlich um Wetten, was jetzt dazu führte, dass Prandelli den von ihm fest eingeplanten Domenico Criscito aus dem Kader strich, „weil er einem unmenschlichen Druck ausgesetzt ist, den er nicht aushalten könnte.“ Verteidiger Leonardo Bonucci dagegen bleibt trotz der gegen ihn laufenden Ermittlungen im italienischen Kader.

Und sonst? Roy Hodgson, Coach von England, erfüllte in der Tat die jüngsten Erwartungen und nominierte den 19 Jahre alten Jack Butland, in der abgelaufenen Saison für einen Viertligisten aktiv, als dritten Torhüter. Zuvor hatte Hodgson für Irritationen gesorgt, als er verkündete, Abwehrspieler Rio Ferdinand nicht berufen zu wollen - was er dann auch durchzog. Dafür steht Wayne Rooney im englischen Kader - obwohl der bullige Angreifer von Manchester für die ersten beiden Gruppenspiele gesperrt ist.

Auch Derdiyok und Dzeko fehlen

Bleiben unter „abwesend“ allenfalls noch Yoan Gourcuff und Loic Remy, die prominentesten Härtefälle bei den Franzosen. Oder Edin Dzeko. Der Bosnier hat sich mit seiner Nationalmannschaft freilich nicht mal qualifiziert, ebenso der Schweizer Eren Derdiyok, der am Samstag die deutsche Abwehr auseinandernahm. Ein bisschen zittern muss noch Cesc Fabregas: Der Spanier ist angeschlagen. Sollte er nicht rechtzeitig fit werden, kann del Bosque ihn vor dem ersten Endrunden-Spiel noch austauschen und einen Ersatz nachnominieren. (sid)