Dortmund. . Trainer Jürgen Klopp räumt ein, dass er ratlos ist, warum der BVB auch die Heimpartie gegen Hannover verloren hat und auf Platz 15 abgestürzt ist. Eine Harmoniekrise erkennt er aber nicht - und auch keine Trainerkrise, obwohl die Borussia in der Bundesliga öfter verloren hat als Werder Bremen.
Weil sie in der aktuellen Saison schon reichlich Gelegenheit zum Üben hatten, sitzen die Automatismen perfekt. Die Fans von Borussia Dortmund muntern die Spieler auf wie ganz viele instinktsichere Mütter das mit ihren Kindern tun. Die Spieler wundern sich ausgiebig darüber, dass sie Plätze als Verlierer verlassen mussten, obwohl es ihnen selbst doch so erschienen war, als wären sie mehr als einen Tick besser unterwegs gewesen als die Sieger. Und der Trainer verkündet, dass er auch nicht wisse, woran es liege, dass er es aber zumindest garantiert besser wisse als alle anderen.
Nach der 0:1-Niederlage im eigenen Haus gegen Hannover 96, der sechsten Niederlage in der neunten Partie dieser Spielzeit der Fußball-Bundesliga, griffen die Automatismen wieder. Die Mannschaft begab sich auf den grünen Weg Richtung Südtribüne, jeder Kopf gesenkt. Aufmunterung war aber garantiert. Mats Hummels, der neue Kapitän des BVB, wirkte auch sehr kurz nach dem Abpfiff nicht wirklich niedergeschlagen, eher, als hätte ihn schon wieder die brutale Absurdität des Lebens angefallen: Wir dominieren doch die Begegnung, wir erschuften und erspielen uns 17:7 Torchancen. Und dann das: Nimmt der limitierte Hannoveraner, der bis dato auswärts noch gar nicht gewonnen, auswärts noch nicht einmal ein Tor erzielt hatte, doch einfach die Punkte mit. Irre.
Hummels spricht von "hellem Wahnsinn"
Hummels drückte es so aus: „heller Wahnsinn“. Und er betonte mit dem Blick zurück auf das große Punktenullern: „Wir waren gegen keine Mannschaft schlechter.“ Warum trotzdem nichts heraussprang und der BVB vor dem am Samstag anstehenden Duell bei Tabellengoliath FC Bayern auf Rang 15 zwischengelandet ist, erklärte sich der Abwehrmann mit magischen Zirkeln, die das nationale Geschäft für Schwarzgelb „verhext“ hätten.
Ähnlich würde es Jürgen Klopp sicher nie formulieren. Zur Ratlosigkeit bei der letztens noch als zweite deutsche Fußballmacht gehandelten Borussia passte allerdings, dass der Trainer sich nicht dagegen gesperrt hatte, seine Elf in den Trikots der Champions League auflaufen zu lassen, was grob signalisierte, dass man in der Liga auf faulen Zauber angewiesen sein könnte.
Makellose Weste in der Champions League
In der Königsklasse, das macht das Rätsel Dortmund so verzwickt, sind mittlerweile neun Zähler verbucht. Makellose Weste. Am vergangenen Dienstag, dem Dienstag vor dem schwarzen Samstag, wurde noch in Istanbul Galatasaray mit einem 4:0 filetiert. Wer sich auf die Suche nach des Rätsels Lösung begibt, kommt nicht daran vorbei, an dieser Stelle anzusetzen. Was war anders bei der die Lage in der Liga ins Bedrohliche verwandelnden Niederlage?
Zum Beispiel hatte Klopp, der sich auffälliger als früher bemüht, teure Neue zu integrieren und die Taktik zu variieren, das Spielsystem vom 4-2-3-1 mit dem in der Türkei fantastisch auftrumpfenden Alleinstürmer Pierre-Emerick Aubameyang umgestaltet zu einem 4-4-2 mit Ramos an Aubameyangs Seite. Resultat: Der Neue Ramos funktionierte im Gefüge so wenig wie bisher immer, Aubameyang funktionierte auch nicht mehr, später stieß noch der Neue Ciro Immobile hinzu und hinterließ keinerlei Eindruck.
Vor allem Reus fehlte es an Zielgenauigkeit
Chancen hatte der BVB dennoch, vor allem Marco Reus mangelte es an Zielgenauigkeit (wahlweise: an Glück). In der Summe, meinte Klopp, sei nur das tatsächlich von Belang gewesen: „Wir müssen uns in den entscheidenden Momenten belohnen. Und das tun wir nicht.“ Etwas in dieser Art dürften auch die nach Spielschluss besorgt in die Kabine geeilten Reinhard Rauball (Präsident) und Hans-Joachim Watzke (Geschäftsführer) ihren Dauerverlierern mitgeteilt haben. Schießt ins Tor. Belohnt euch für eure Mühen.
Und bemüht haben sich die Borussen ja. An ihrem Willen, die bestmögliche Leistung abzurufen, gibt es keine Zweifel, nirgendwo. Bemühen tun sich jedoch auch die anderen ständig. Und im Fall von Hannover hat sich Hiroshi Kiyotake sogar beim Freistoß so bemüht, dass der Ball in Minute 61 im Netz der Borussen landete.
Hummels nahm das zum Anlass, Torhüter Roman Weidenfeller die Schuld zuzuschanzen. „Der Ball ist sehr lange geflogen. Ich war überrascht, dass er ins Tor geflogen ist.“ Eine Harmoniekrise gibt es bei Borussia Dortmund aber nicht. Klopp: „Es liegt nicht daran, dass irgendeiner mit irgendwem in der Mannschaft nicht kann.“ Und eine Trainerkrise natürlich auch nicht: „Für euch wäre es sicher leichter, Fragen zu stellen, wenn das Thema Trainer auch noch eines wäre.“
Weit entfernt von den Saisonzielen
Letzteres stimmt. Wäre leichter. Würde auch den üblichen Mechanismen entsprechen. Robin Dutt ist schließlich gerade von Werder Bremen in die Arbeitslosigkeit geschickt worden, mit lediglich fünf Niederlagen auf dem Konto und von den Saisonzielen des Klubs lediglich drei bis sieben und nicht zwölf bis 14 Plätze entfernt.