Dortmund. Heute, Montag, ist ein besonderer Tag: Es gibt keine einzige Minute Live-Fußball! Kein Montagsspiel, keine internationaler Wettbewerb — nichts. Genießen Sie den Moment, unternehmen Sie etwas. Denn in diesen Wochen droht die fußballerische Reizüberflutung, meint Kolumnist Chhristoff Strukamp.

Für den Fall, dass Sie heute – an diesem herbstlichen 22. September 2014 – gerne etwas Live-Fußball schauen möchten: Vergessen Sie es. Ehrlich. Schauen Sie Günther Jauch, gehen Sie mit Ihrer Frau / ihrem Mann aus oder gehen Sie ins Kino. Gerne auch kombiniert. Im deutschen Fernsehen gibt es heute keine einzige Minute Live-Fußball!

Das ist deshalb verwunderlich, weil das die vergangenen zehn Tage anders war und das auch die kommenden 14 Tage anders sein wird. Bis zum 6. Oktober kommen wir Deutschen in den “Genuss” von 24 Tagen Live-Fußball in gerade einmal 25 Tagen. Doch wie sehr kann man sich noch an etwas erfreuen, das öfters kommt als der Postbote und fast im selbem Rhythmus wie die Tagesschau?

Noch in den 80er und 90er Jahren schauten Fußball-Fans neidisch hinüber auf die britische Insel. In den legendären “Three-Game-Weeks” kamen die Briten in den Genuss von drei Spielen ihrer Lieblingsmannschaft in gerade einmal sieben Tagen. Die “englische Woche” war geboren – echte Fußball-Festtage, die hier zu Lande eigentlich nur den Teams vorbehalten waren, die europäisch vertreten waren. Auch die gerade beginnende Woche ist eine “englische” – nur eben, dass uns am Mittwoch nicht der FC Arsenal aus London im Westfalenstadion besucht, sondern der VfB Stuttgart. Bundesliga statt Champions-League oder DFB-Pokal.

Rahmenterminplan platzt aus allen Nähten

Dabei ist der Kick unter der Woche längst kein Novum mehr im Spielkalender. Schließlich platzt der Rahmenplan, den die FIFA in Abstimmung mit der UEFA und den Verbänden zu Saisonbeginn durchsetzt, schon längst aus allen Nähten. Aus dem Spiel mit der runden Kirsche ist ein Marathon geworden. Einer, der inzwischen auch den härtesten Fan ein wenig ins Schwitzen bringt.

Zugegeben, es gibt sicherlich Schlimmeres, als unsere schwarzgelbe Mannschaft alle paar Tage im Stadion oder vor dem Fernseher über 90 Minuten live zu erleben, doch auf den zweiten Blick stellt sich irgendwann dann doch die Frage, wie besonders “die schönsten 90 Minuten der Woche” noch sind, wenn sie alltäglich werden? Sind Fußball-Spieltage auf Dauer noch immer wieder aufs Neue echte Feiertage, wie wir es Jahrelang erlebt haben?

Marathon-Fußball verändert das Spiel

Dabei geht es gar nicht mal um die fußballerische Redundanz im TV. Wenn sich der Fußballsport im wahrsten Sinne des Wortes zu einem Marathon entwickelt, verändert es auch das Spiel. Allein ein Blick in die Verletztenliste der großen Bundesligamannschaften – sei es beim BVB, auf Schalke oder auch beim FC Bayern – zeigt deutlich, dass längst auch die Profifußballer “am Stock gehen”. Wie förderlich es für die Gesundheit ist, von einer Weltmeisterschaft gleich in den Liga-Alltag zu springen, vermag ich medizinisch sicherlich nicht abschließend bewerten zu können, aber das eine gewisse Belastungsgrenze längst erreicht oder gar überschritten wurde, ist nun keine waghalsige These mehr.

Wie hilft man also dem Fußball, den Spielern und letztendlich auch auf Dauer uns Fans?
Sicherlich nicht damit, dass man den Spielkalender weiter aufbläht und die Zuschauer einer Art Reizüberflutung aussetzt, die sich irgendwann als Boomerang erweisen könnte. Schließlich lebt Euphorie auch immer von großer Vorfreude. Wenn aber der Fußball, der Spieltag, der Besuch in unserem Westfalenstadion und Borussia als Ganzes zur Gewohnheit werden ist die Gefahr groß, dass sich der Fußball auf Dauer selber abnutzt.

(22.09.14 – Christoff Strukamp – die-kirsche.com)