München.. Von der Dienstreise nach München zu den übermächtigen Fußballern des FC Bayern kehrte Borussia Dortmund mit drei Toren, drei Punkten und jeder Menge Selbstvertrauen zurück. Das gilt besonders für den schwarz-gelben Spielmacher und Gelegenheits-Sorgenfall Henrikh Mkhitaryan, der die Dämonen der vergangenen Wochen in die Knie zwang.
Als Henrikh Mkhitaryan München verließ, zog er einen schwarzen Rollkoffer hinter sich her, der nicht den Eindruck erweckte, sonderlich schwer zu sein oder seinen Träger auf außergewöhnliche Weise zu belasten.
Das wäre eine eher beiläufige Bemerkung, wenn nicht Jürgen Klopp kurz zuvor ein ganz anderes Gepäckstück als häufigen Begleiter Mkhitaryans ausgemacht hätte: einen Rucksack. Diesen trage sein Spieler manchmal mit sich herum, sinnbildlichte der Trainer von Borussia Dortmund und meinte, dass sich darin Sorgen und Ansprüche befänden, die seinem Spieler mitunter eine Last aufbürdeten, die er auf dem Platz nicht zu tragen im Stande sei.
Doch in München, nach diesem 3:0-Sieg des BVB bei den Bayern, war bei Henrikh Mkhitaryan kein Rucksack zu sehen, nur ein kinderleichter Rollkoffer.
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„Das wird ihm gut tun“, mutmaßte Klopp über die Auswirkungen dieser 90 Minuten gegen den scheinbar übermächtigen Branchenriesen – und untertrieb wohl noch. Er selbst hatte seinen Spielmacher vor wenigen Tagen in einem persönlichen Gespräch aufrichten müssen. Schließlich hatte der Armenier in der jüngeren Vergangenheit viele beste Chancen ungenutzt gelassen. Eine gruselige Episode, die am vergangenen Dienstag beim Champions-League-Duell gegen das große Real Madrid in einem Pfostenschuss aufs leere Tor gipfelte. Es hätte der Schuss zu einer Fußball-Sensation sein können, so aber verkam der Versuch zu einer Einladung an alle Kritiker, den Wert des 25-Millionen-Mannes auf Discount-Niveau herunterzuwürdigen.
Verfluchter Ball, verfluchtes Tor
Mkhitaryan hatte sich öffentlich bei der Mannschaft entschuldigt, sie und sich nicht zu Helden gemacht zu haben. Er ging wie so oft härter als alle anderen mit sich ins Gericht. Der 24-Jährige denkt viel, das hilft im Leben oft, im Fußball eher selten. Gerade im entscheidenden Moment vor dem Tor. So etwas wächst sich schnell zu einer unschönen Kopfsache aus, je häufiger der verfluchte Ball nicht ins verfluchte Tor will. Umso zufriedener konnte die schwarz-gelbe Reisegruppe nun zur Kenntnis nehmen, dass Mkhitaryan die Dämonen der jüngeren Vergangenheit mit seinem Treffer nach 20 Minuten erfolgreich in die Knie gezwungen hatte.
Untypisch kühl hatte er den Ball versenkt, frei vor dem Tor, mit links und Gefühl, hinein ins persönliche Glück. „Es ist schwer zu beschreiben, wie glücklich ich bin, das 1:0 gemacht zu haben“, sagte der Armenier, der später noch das 2:0 durch Marco Reus sehenswert initiierte und noch später den wuchtigen Treffer von Jonas Hofmann feiern durfte. Drei Schüsse, drei Treffer - Dortmund fertigte München mit seiner Kontertaktik ab. „Nach dem Spiel gegen Real habe ich mich sehr über die vergebenen Chancen geärgert. Aber so ist Fußball. Jetzt ist der Kopf wieder oben“, sagt Mkhitaryan. Aufbauhilfe in eigener Sache, ausgerechnet gegen die Bayern.
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„Wir haben uns noch nicht in vielen Situationen befunden, in denen sich die Bayern jemals befunden haben, aber diese kennen wir: Meister zu sein und gegen Mannschaften zu spielen, die sich viel vorgenommen haben, ist kein Kindergeburtstag“, sagte Jürgen Klopp fast ein bisschen mitfühlend mit den Münchner Meistern. Diese ließen zwar kaum Stars, dafür aber die letzte Ernsthaftigkeit vermissen, während Klopp aus seiner Mannschaft ein bissiges Balljagdmonster schuf, das im Hinblick auf das Wohlsein der lieben Kleinen wirklich niemals Gast bei einem Kindergeburtstag sein sollte. Es biss sich mit Jonas Hofmann, Kevin Großkreutz (gegen Franck Ribery), Erik Durm (gegen Arjen Robben) und den anderen im Münchner Spiel fest, was den Kontrahenten nahezu ganzzeitig lähmte.
Brutal hart, brutal wichtig
„Das war brutal harte Arbeit heute“, bilanzierte Jürgen Klopp, „aber die drei Punkte sind ebenso brutal wichtig für uns.“ Ein Sieg aus den verbleibenden vier Bundesliga-Spielen reicht, um sicher mit den Millionen aus der kommenden Champions-League-Saison planen zu können. Daher kann sich der BVB nun fast vollumfänglich um andere Ziele kümmern. Zum Beispiel das DFB-Pokalfinale in Berlin.
Auf dem Weg dorthin stellt sich am kommenden Dienstag noch der VfL Wolfsburg in den Weg. „Das ist das wichtigste Spiel des Jahres. Wir wollen unbedingt ins Finale“, blickt Henrikh Mkhitaryan voraus. Er und seine Kollegen werden da sein. Vermutlich ohne Rucksack.