Dortmund/Madrid. . Nuri Sahin, Profi von Borussia Dortmund, hat mit Real Madrid noch eine Rechnung offen. Auf der “größte Bühne, die man als Fußballer haben kann“, bekam der Sauerländer nicht die Chance, der er erhofft hatte. Jetzt will er die Spanier aus der Champions League werfen.

Es ist ein Gedankenspiel. Dienstag in einer Woche, der 30. April, Borussia Dortmund tritt im Halbfinal-Rückspiel der Champions League bei Real Madrid an (20.45 Uhr/live in unserem Ticker). Schon bei der Verlängerung brennt im Bernabeu-Stadion die Luft. Dann Elfmeterschießen. Nuri Sahin läuft an, verwandelt und hat den größten Traum der Real-Fans zerstört. Den „Decima“, den zehnten Gewinn der Champions League, den die Königlichen seit zehn Jahren herbeisehnen. Der Nuri Sahin, der bei Real Madrid bis 2017 unter Vertrag steht und an den BVB ausgeliehen ist.

Zugegeben, ein Gedankenspiel. Aber kann Sebastian Vettel in einem Ferrari vor dem eigenen Red-Bull-Team ins Ziel fahren? Holt Angela Merkel im Kanzler-Wahlkampf für die SPD Stimmen? Undenkbar. Der Abend, an dem Sahin den Traum von Real Madrid zerstören könnte, ist es nicht.

Es wäre eine Revanche. Denn hat nicht Real Madrid einen Traum von Nuri Sahin zerstört?

Der wurde 2011, nach der Meisterschaft des BVB, zum besten Spieler der Bundesliga gewählt. Sahin, im Alter von 16 Jahren einst jüngster Debütant der langen Bundesliga-Geschichte, war in Deutschland ganz oben angekommen. Der 22-Jährige wollte den nächsten Schritt gehen und in die Fußball-Welt der Superstars vorstoßen. „Real Madrid ist die größte Bühne, die man als Fußballer haben kann. Und die Chance auf die erhoffte Weltkarriere“, sagte er.

Auf dieser Bühne durfte der Deutsch-Türke aus dem Sauerland aber nur selten auftreten. Immer wieder war er verletzt, kam nicht in den Tritt. Bei der Star-Sammlung von Real eine destruktive Mischung. Sahin war Zweitbesetzung, durfte höchstens mal als engagierter Statist ran. Auf nur vier Liga-Einsätze (oder 126 Minuten Spielzeit) kam er in seiner ersten Saison in Spanien. Es sei kein verlorenes Jahr gewesen, findet Sahin, vielmehr habe es den jungen Vater reifen lassen.

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Er ging auf die Insel, wollte sich beim FC Liverpool Spielpraxis, Wettkampfhärte und vor allem frisches Selbstbewusstsein holen. Ohne Erfolg. Erst nach seiner Rückkehr im Januar 2013 zum BVB – seiner alten, seiner echten Liebe – fand er wieder in die Spur. Als Zwölfjähriger hatte er erstmals im schwarzgelben Trikot gespielt. Hier wuchs er auf, reifte zur Persönlichkeit und zum Anführer und Lenker der jungen Meistermannschaft. „Als Fußballer und Mensch funktionierte ich zu 100 Prozent bei Borussia Dortmund. Ich bin überglücklich, wieder zu Hause sein“, sagte er nach der Rückkehr.

Einer, der Nuri Sahin lange trainiert hat, weiß, wie wichtig für den empfindsamen Menschen das passende Umfeld ist. „Der BVB ist für ihn kein Rückschritt, sondern der richtige Weg, weil der BVB heute zu den europäischen Top-Klubs zählt“, sagt Bert van Marwijk, unter dem Sahin einst in der Bundesliga debütierte. Der Niederländer trainierte ihn in Dortmund und bei Feyenoord Rotterdam. „Nuri ist ein sensibler Spieler, der das hundertprozentige Vertrauen des Trainers braucht. Er muss sich auch mal ein weniger gutes Spiel leisten können, ohne Gefahr zu laufen, wochenlang auf der Bank zu sitzen“, sagt van Marwijk weiter.

Klopp bietet ihm Vertrauen

Der Fußballer-Flüsterer Jürgen Klopp bietet ihm in Dortmund dieses Vertrauen. Real-Trainer Jose Mourinho, von dem Sahin nur Gutes sagt, muss einen Käfig voller Superstars bändigen, in dem mehr als überall sonst die Darwinschen Verdrängungs-Gesetze gelten.

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Am Mittwoch sieht Nuri Sahin die Real-Mitspieler, die jetzt seine Gegner sind, wieder. Sein bester Freund im Team, Kaka, wird dabei sein. Es ist der Brasilianer, dessen Karriere bei Real stagniert.

Kommen wir noch mal zum Gedankenspiel vom Anfang. Ist es illusorisch? Es ist zumindest realistischer, als die Rückkehr von Nuri Sahin zu Real Madrid. Eher könnte für den 24-Jährigen die Vergangenheit, die wieder Gegenwart geworden ist, auch seine Zukunft sein.