Gelsenkirchen. . Die Niederlage gegen den FC Schalke 04 wirft Fragen auf. War es richtig, Nationalspieler Marco Reus ausgerechnet im Derby zu schonen und Großkreutz vor Marcel Schmelzer aufzustellen? Trainer Jürgen Klopp muss sich rechtfertigen, denn Derby-Pleiten wiegen im Revier besonders schwer.

Den Schauplatz Gelsenkirchen verlassen die Dortmunder schnell und wortkarg. Kaum einer von den Spielern und Offiziellen will sich über das vertraglich verpflichtende Fernseh-Maß hinaus äußern zu diesem Spiel gegen den großen Kontrahenten. Das mag in Anbetracht der nicht eben unverdienten 1:2-Niederlage wie eine durchaus angemessene Zerknirschtheit wirken, schließlich ist das Derby gegen den FC Schalke, dieses von allen Fans stets herbeigesehnte Treffen mit dem größten aller denkbaren Rivalen auch für den Verein ein Höhepunkt eines jeden Kalenderjahres. Ist es doch, oder?

Klopp muss sich rechtfertigen

Missmutig stapft Jürgen Klopp zur Pressekonferenz im Untergeschoss der königsblauen Arena. Der Trainer des BVB muss sich rechtfertigen, weil er Marco Reus auf die Bank gesetzt und stattdessen den an diesem Tage folgenschwer indisponierten Kevin Großkreutz aufgeboten hatte. Ob das ein Fehler war, wird Jürgen Klopp gefragt.

Gründe für diese Entscheidung gibt es mehr als genug: Auf Großkreutz war zuletzt immer Verlass. Außerdem ist der Einsatz des Bluts-Dortmunders im Derby nie ein Fehler, weil das Gefühl, zu wissen, worum es in diesem Spiel geht, von Großkreutz seit frühester Kindheit inhaliert wird. Zudem taugt er normalerweise als idealer, weil defensiv denkender Partner auf der linken Seite, um den Handlungsspielraum des gefürchteten Schalkers Jefferson Farfan auf ein kümmerliches Nichts zu begrenzen.

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Klopp aber begründet seinen Wechsel anders - mit der Schonung eines seiner wichtigsten Männer: „Bei den Belastungen, die wir hatten, haben und haben werden, müssen wir solche Momente nutzen. Wer das als Fehler ansehen will, kann das tun. Wir würden es wieder so machen.“ Das Mittel der personellen Rochade ist eines, das Klopp im Gegensatz zur enteilten Münchner Konkurrenz nur sehr dosiert einsetzen kann, weil sich die Kader in Quantität und Qualität deutlich unterscheiden.

Derby-Niederlagen wiegen schwerer

Der BVB und seine Fans haben bereits früh in der Saison zu akzeptieren gelernt, dass die internationalen Anstrengungen nicht mit dem Maximum in der Liga zu kombinieren sind. Die Folge ist eine bewusste oder unbewusste Werteverschiebung, welche Duldung im Anhang findet, so lange es sich um Punktverluste gegen Hannover, Wolfsburg oder Düsseldorf handelt und der BVB auf einem Champions-League-Platz residiert. Das ist der Fall.

Aber Niederlagen im Derby wiegen eben schwerer, da kann die Stimmung schnell kippen. Zusammen mit den exorbitanten 20 Punkten Rückstand auf Bayern München und der Derby-Niederlage aus der Hinrunde ergibt sich in diesen Stunden in Dortmund ein veritabler Stimmungskater, den es schleunigst zu bekämpfen gilt.

Klopp kannte die Ausgangsposition, trotzdem entschied er sich, den zwar zuletzt nicht überragenden, aber dennoch immer gefährlichen Ausnahmefußballer Reus zu schonen, ohne dass in den nächsten sieben Tagen ein wichtiges Spiel anstünde. Oder ein Ligaspiel. Erst mit seiner Einwechslung nahm die Borussia Fahrt für die vergebliche Aufholjagd auf.

"Alle haben das Thema Derby zu 100 Prozent verstanden"

Vielleicht werden die Spiele gegen Schalke am Ende der Saison nicht mehr als Randnotizen sein, weil der BVB weitere Festtage in der Champions League hinzufügt - möglicherweise ja sogar gegen Schalke. Vielleicht taugen sie aber auch dazu, die Wahrnehmung einer alles andere als schlechten Saison ein wenig herabzuwerten.

„Alle haben das Thema Derby zu 100 Prozent verstanden“, sagt Jürgen Klopp noch, bevor er missmutig davonstapft. Vorbei an selig ­lächelnden Schalkern.