Dortmund. Am Montag wird Bundestrainer Joachim Löw in Rastatt seinen vorläufigen Kader für die Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine bekannt geben. Den Deutschen Meister Borussia Dortmund wird Löw kaum zufrieden stellen.

Mats Hummels war dabei, als die deutsche Nationalmannschaft am letzten Februartag 2012 die EM-Hoffnungen der Franzosen nährte. Mit 1:2 ging die Partie in Bremen für die erfolgsverwöhnte Auswahl von Joachim Löw verloren. Der Bundestrainer zeigte sich dennoch nicht beunruhigt. Das Fußball-Land demonstrierte sogar große Einigkeit und heftete die Niederlage im Ordner mit der Aufschrift „Was zur rechten Zeit geschah“ ab. Nur einer scherte aus. Hans-Joachim Watzke. Weil der Geschäftsführer von Borussia Dortmund nicht Spieler auf dem Rasen gesehen hatte, sondern Signale, düstere Signale.

Watzke ging es nur am Rande um die kleine Delle in der Reputationskarosserie der Nationalelf. „Ich habe mich gewundert, dass vom deutschen Meister nur ein Spieler gespielt hat“, ließ er wissen, „auf jeden Fall hätte Marcel Schmelzer mit seiner Defensivstärke dem deutschen Spiel gut getan. Auch Kevin Großkreutz, der nicht im Kader war.“ Und schon rauschte es im Blätterwald. Die Personalpolitik von Joachim Löw kritisch zu bewerten, ist nämlich unüblich geworden. Auch wenn der Souverän am kommenden Montag in einem Autohaus in Rastatt sein vorläufiges Aufgebot für die Europameisterschaft in Polen und der Ukraine bekannt geben wird, sind harsche Reaktionen kaum zu erwarten.

Löw muss erst am 29. Mai endgültig entscheiden

Das liegt auch daran, dass der Bundestrainer erst am 29. Mai endgültig darüber entscheiden muss, welche 23 Akteure er mit auf die Reise nehmen möchte. Erst kurz vor dem Meldeschlusstermin der Europäischen Fußballunion ist schließlich zu erwarten, dass die Letzten, die noch im Champions-League-Finale (19. Mai) und in einer Freundschaftspartie gegen die Niederlande (22.) beschäftigten Bayern, im zweiten (!) Trainingslager in Südfrankreich eintreffen. Löw wird deshalb ein paar Spieler mehr nominieren, Spieler, die nah dran sind, aber doch nur vielleicht dabei.

Großkreutz? Dafür spricht, dass Löw bereits ein Auge auf den BVB-Linken geworfen und ihn dreimal berufen hat. Dagegen spricht, dass der Bundestrainer die Alternativen mit dem Heuwagen aus dem Riesenschober fahren kann. Den auf der linken Seite etablierten Lukas Podolski, aber auch Thomas Müller, Andre Schürrle, Mesut Özil, Toni Kroos und den aktuellen Schwarzgelben Mario Götze und den zukünftigen Marco Reus. Sieben gegen Großkreutz. Der Kampf ist nicht zu gewinnen. Neben Götze und Reus werden sich aber weitere Borussen ins Getümmel stürzen. Hummels. Schmelzer. Möglicherweise der oft angeschlagene Sven Bender. Möglicherweise der zuletzt erstarkte Ilkay Gündogan.

Beim FC Bayern ist das Establishment versammelt

Zwei Blöcke, nach deutscher Tradition gebildet aus Protagonisten zweier Mannschaften, wird Watzke bei der EM dennoch selten beobachten können. Beim Meister tummeln sich die aufstrebenden Kräfte. Bei Bayern ist das Establishment versammelt. Philipp Lahm. Bastian Schweinsteiger. Manuel Neuer. Mario Gomez. Holger Badstuber. Thomas Müller. Toni Kroos. Jerome Boateng. Gesamtanzahl der Auftritte im Adlertrikot: 344. Und ein Miniblock von erlesener Qualität wird darüber hinaus aus Madrid angeliefert werden. Mesut Özil und Sami Khedira. Vor dem ersten Tag der Wahrheit, der Kaderbekanntgabe, mochte sich deshalb nicht einmal mehr Watzke, der wackere Vertreter der Meisterinteressen, aus dem Fenster lehnen: „Das wäre kontraproduktiv.“