London. . Die “Südafrika-Helden“ sind im Ausland gefragt: Lukas Podolski wechselt in die englische Hauptstadt zum FC Arsenal und auch Mittelfelddribbler Marko Marin zieht es auf die Insel - zum FC Chelsea.
Es gab eine Zeit, da rühmte sich Deutschland, Export-Weltmeister zu sein. Es ging da um Güter und Warenverkehr. Das ist vorbei. Doch auf anderer Ebene zeigt die Kurve steil nach oben. Deutschlands Fußballer sind in den europäischen Topligen wieder sehr begehrt.
Lukas Podolskis Wechsel in die englische Hauptstadt zum FC Arsenal wurde am Montag offiziell verkündet. Zwei Tage zuvor wurde bekannt, dass es auch Mittelfelddribbler Marko Marin auf die Insel zieht - zum FC Chelsea. Dass die Hanseaten aus West-London offenbar annähernd die Summe überwiesen bekommen, die sie 2009 für den 23-Jährigen zahlten, nämlich an die acht Millionen Euro, ist auf den ersten Blick überraschend.
"Südafrika-Helden" im Ausland gefragt
Schließlich hat Marin in dieser Saison nur fünf Spiele über 90 Minuten für seinen Klub bestritten, seine Karriere in der Nationalelf scheint beendet, bevor sie so recht begonnen hat. Doch ein anderes Argument könnte in Augen der Chelsea-Scouts viel schwerer gewogen haben. Marin ist WM-Teilnehmer 2010.
Viele der 23 Spieler, die in Südafrika die Welt mit ihrem Offensivstil verzauberten, sind seitdem sehr gefragt bei Europas Topklubs. Nun trifft Podolski in London auf Nationalverteidiger Per Mertesacker, bei Lazio Rom erlebte Miroslav Klose seinen dritten Frühling als Torjäger. Selbst ein Ergänzungsspieler wie Piotr Trochowski verdient sein Geld inzwischen in Spanien, beim FC Sevilla.
Da darf es auch nicht verwundern, dass Real Madrid starkes Interesse an Werder-Keeper Tim Wiese zeigt. Wiese ist Deutschlands Nummer zwei, und war dies auch schon in Südafrika. Und in der spanischen Hauptstadt residiert ohnehin der größte Bewunderer des deutschen Fußballs. Jose Mourinho lockte unmittelbar nach dem WM-Turnier die Mittelfeldachse Khedira-Özil zu Real Madrid. Auch die Deutsch-Türken Nuri Sahin und Hamit Altintop spielen bei Real.
Dabei ist noch etwas neu: Die deutschen Spieler trauen sich mittlerweile den Sprung nach draußen wieder zu. "Der Wechsel zu Arsenal gibt mir die Möglichkeit, auf internationaler Ebene in einem europäischen Top-Club zu spielen", gab Podolski als Grund für seinen Wechsel an. Bundestrainer Joachim Löw sagte über Podolski schon im November: "Er hat die Reife, im Ausland zu bestehen." Überhaupt ist Löw von der Deutschland-Flucht seiner Jungs durchaus begeistert. Es spreche ja nur "für die Qualität des deutschen Fußballs, wenn unsere Spieler von großen Vereinen im Ausland wieder gefragt sind."
Export-Welle nach WM in Südafrika
Letztlich ist die Nachfrage aus den reichen Ligen ein Produkt der verbesserten Ausbildung und Nachwuchsarbeit in Deutschland in den vergangenen Jahren. In England hat neben dem 4:1-Sieg des deutschen Teams im Achtelfinale in Südafrika auch der 4:0-Sieg des deutschen Nachwuchses über die Briten bei der U21-EM 2009 imponiert, wo Manuel Neuer, Özil, Jerome Boateng oder Mats Hummels erstmals nachhaltig international auf sich aufmerksam machten. Boateng wechselte schon 2010 zu Manchester City.
Die "Generation Jetzt" knüpft damit an die Weltmeister 1990 an, denen Karlheinz Rummenigge und Hans-Peter Briegel Ende er 80er Jahre den Boden in Italien bereitet hatten. Als die Elf von Franz Beckenbauer in Rom den Titel holte, war der Exodus bereits in vollem Gange. Dem Inter-Mailand-Trio Lothar Matthäus, Andreas Brehme und Jürgen Klinsmann und den beiden AS-Römern Thomas Berthold und Rudi Völler folgten nach dem Turnier noch Karlheinz Riedle (Juventus Turin) und Thomas Häßler (Lazio Rom) über die Alpen.
Aus dem 23-köpfigen DFB-Kader bei der Heim-WM 2006 spielten dagegen nur Stammtorwart Jens Lehmann (FC Arsenal) und Ersatzverteidiger Robert Huth (FC Chelsea) nicht in der Bundesliga. 2010 flog gar kein einziger im Ausland tätiger Profi unter schwarz-rot-goldener Flagge mit nach Südafrika. Die begeisternden Auftritte am Kap aber haben eine neue Export-Welle mit eingeleitet.
Kein Zweifel: Sollte die deutsche Elf auch in Polen und der Ukraine die Beobachter verzücken, könnte der Export in die finanzstärksten Ligen der Welt weiter gehen. Schön für die Profis, schade für die Bundesliga. (dapd)