Dortmund. .

Als Kinder sitzen sie vor den Computern und spielen Real Madrid gegen den FC Barcelona. Lionel Messi macht das heute noch, er spielt sich dann selbst in diesem Duell der Großen. Nuri Sahin kann das in Zukunft auch tun.

Noch einmal sind die Farben Schwarz und Gelb. Noch ist Nuri Sahin in Dortmund, am Samstag werden sie ihn hier verabschieden, jetzt hat er in einem Konferenzraum im Stadion Platz genommen und sieht sich einem Großaufgebot von Reportern gegenüber. Es ist ein Termin von internationaler Strahlkraft: Wenn ein Spieler zu Real Madrid wechselt, interessiert das die Welt, zumindest die Fußball-Welt.

Nuri Sahins Farbe wird in Zukunft Weiß sein: Real Madrid, das ist der königliche Klub, das ist aber auch das weiße Ballett. Eine Zeitlang war von den „Galaktischen“ die Rede, wenn es um Real ging, doch die illustre Sammlung der Welt-Stars um Zinedine Zidane, David Beckham oder Luis Figo hat sich verabschiedet. Das aktuelle Team von Trainer Jose Mourinho spielt weder galaktisch noch wie ein Ballett: Real braucht neue Spieler, Spieler wie Nuri Sahin.

Wäre es nicht so, hätte der bedeutendste Verein des Globus’ dem in Lüdenscheid geborenen und in Meinerzhagen aufgewachsenen jungen Mann kein Angebot gemacht. Er hätte ihm keinen Sechsjahres-Vertrag vorgelegt, wie es jetzt geschehen ist. Nuri Sahin musste nur unterschreiben und schon war er dort, wo er früher einzig in der virtuellen Welt hingelangte.

„Es war mein Kindheitstraum“, sagt der 22-Jährige gestern, „das allerhöchste Limit im Fußball zu erreichen.“ Er hat Ja gesagt zu Real Madrid, der prominentesten Bühne für einen Fußballer. Er sagt damit Nein zu Borussia Dortmund, dem Verein, an dem sein Herz hängt, wie er erklärt: „Ich bin ein Borusse.“ Sahin hat im Alter von elf Jahren beim BVB begonnen, er hat alle Jugendmannschaften durchlaufen, er stand als Balljunge am Spielfeldrand, er hat schlechte Zeiten mitgemacht und ist heute der geniale Regisseur der spektakulärsten Meister-Elf, die der Klub je besaß.

Nuri Sahin zu Real

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    Nun geht er.

    Sie haben alles versucht, ihn zu halten. Doch sie hatten keine ernsthafte Chance. Denn Sahin, der beraten wird von dem Iraner Reza Fazeli, der auch schon Mesut Özil nach Madrid gebracht hat, ließ vor zwei Jahren eine Ausstiegsklausel in seinen Vertrag aufnehmen. Die Dortmunder haben sich darauf eingelassen, weil sie damals, wie Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sagt, „nicht die hübscheste Braut“ waren. Im Klartext: Sahin wäre ohne Klausel nicht bereit gewesen, langfristig zu verlängern.

    So wird der Transfer nun zu einem Millionen-Geschäft, das den BVB nicht glücklich macht. Die festgeschriebene Ablösesumme für den Wechsel ins Ausland soll zehn Millionen Euro betragen, der Marktwert des Profis ist mehr als doppelt so hoch. Sahin soll in Spanien vier Millionen Euro im Jahr verdienen. Es ist kein Berater nötig, um zu ermitteln, was dabei in sechs Jahren herauskommt.

    „Es geht mir überhaupt nicht ums Geld“, sagt Sahin in das gelbe Mikrofon, das vor ihm aufgebaut ist. Den Satz haben seine Zuhörer in diesen Situationen schon tausend Mal gehört. Selten entsprach er der Wahrheit. Sahin sagt: „Ich bin kein Mensch, der lügt.“ Am Sonntag hat er seine Mitspieler über seine Entscheidung informiert und auch den Trainer, Jürgen Klopp. „Es war emotional“, sagt er. Seine Stimme klingt nicht mehr fest. Der Moment des Abschieds ist gekommen.

    Nuri Sahin geht. Ganz in Schwarz steht er vor dem kalten Silbergrau des Aufzugs, der ihn aus dem Stadion bringt. Es ist kein Bild des Glücks.