Dortmund. . Warum Jakub Blaszczykowski bei Bundesliga-Spitzenreiter Borussia Dortmund unverzichtbar ist – auch wenn er nur von der Ersatzbank kommt.
Geschlagen wurde der Ball von der linken Seite, von Marcel Schmelzer, weitergeleitet wurde er von Patrick Owomoyela, per Kopf, und am Ende landete er bei Jakub Blaszczykowski. Kurz. Sehr kurz. Der Pole nahm den Ball volley. Er trieb ihn mit brutaler Wucht über die Linie.
Er erzielte das 1:1 beim Hamburger SV, am vergangenen, bedeutungsvollen Samstag, in dieser Bundesligapartie, die von Borussia Dortmund auf hohem Niveau geführt wurde, die aber dennoch hätte verloren gehen können. Wenn nicht Jakub Blaszczykowski gewesen wäre. Wenn er nicht den Ball in ein Geschoss verwandelt hätte. Lachen sah man den 25-jährigen nach seiner Großtat allerdings nicht. Er ließ sich feiern. Er jubelte mit den Kollegen. Aber sein Gesicht drückte noch immer Entschlossenheit aus, Bissigkeit, Genugtuung. Nicht Freude.
Was drückte der Lauf von Jürgen Klopp aus? Als das Geschoss Blaszczykowskis im Netz der Hamburger einschlug, rannte der Trainer des BVB los. Er war nicht mehr zu halten. Warum, erklärte er später: „Ich bin eben nicht nur Trainer von Borussia Dortmund, sondern auch Fan meiner Mannschaft.“ Ein Teil dieser Mannschaft ist Blaszczykowski, der nur Kuba genannt wird. Aus leicht nachvollziehbaren Gründen. Auf den Kapitän der polnischen Nationalelf hatte Klopp erst spät gesetzt. Ab der 62. Minute ließ er ihn für Robert Lewandowski spielen. Lewandowski hatte in der Anfangsformation gestanden wie schon bei der Heimpartie gegen Hannover 96. Und besser, noch besser geworden war Dortmund gegen Hannover und gegen Hamburg, nachdem er durch Blaszczykowski ersetzt wurde.
Klopp ist auch Kuba-Fan. Wenn der Trainer des BVB einmal ins Schwärmen gerät, dann ist er ja auch ohne den Sprint anzuziehen mit dem Lasso nicht mehr einzufangen. „Kuba ist total wichtig für uns“, hat er verkündet und von dessen Qualität berichtet, genau in dem Moment körperlich und geistig präsent zu sein, in dem er den Rasen betreten darf: „Er kommt einfach schnell rein. Das hat ihm sehr gut getan und uns auch.“ Für Blaszczykowski hatte Klopp wieder die Mittelfeldanordnung verändert. Kevin Großkreutz preschte zunächst über die linke Seite, Mario Götze trickste über die rechte Seite – und die Mitte, die Verteilerposition hinter Alleinstürmer Lucas Barrios, hielt Lewandowski besetzt. Dem aber mangelt es am kreativen Potenzial zum Fädchenzieher. Oder: Er demonstriert es zumindest nicht in den Spielen.
Austausch: Götze in die Zentralrolle, Kuba auf die rechte Seite. Neustart.
„In der zweiten Halbzeit haben wir überragend gespielt“, hielt Blaszczykowski anschließend fest. Und dass das überragende Spiel in dem Moment das gute Spiel ablöste, als er aufs Feld gekommen war, konnte daraus erschlossen werden. Klopp hatte allerdings Gründe dafür, seinen rasanten Außenakteur nicht von Beginn an aufzubieten. „Das Problem war, dass er kleinere Sachen hatte.“ Kleinere gesundheitliche Sachen. Und für Blaszczykowski ist Spritzigkeit, Explosivität die Basis für beeindruckende Leistung. Wie stark er sein kann, weiß der stille Kuba aber. Er kann sich sogar ein wenig selbst bewundern: „Das war kein einfacher Schuss.“
Technisch nicht. Und auch nicht auf der Wichtigkeitsskala. Seit 2007 schon ist der Mann, der von Wisla Krakau kam, bei der Dortmunder Borussia. Erstmals ist er mit ihr auf dem Weg zur Meisterschaft. Fünf Punkte Vorsprung sind es noch immer gegenüber dem härtesten Konkurrenten Bayer Leverkusen. Dank Kuba. Am Sonntag gegen den SC Freiburg könnte es sein, dass Klopp nicht auf dessen Qualität als Hineinkommer spekuliert. Die Grundlage für ein Umdenken des Trainers in der Personalfrage ist gelegt. Beziehungsweise: geschossen.