Hamburg. . Borussia Dortmund spielt beim Hamburger SV groß auf und holt sich doch nur einen Punkt – in letzter Minute. Fünf Begegnungen stehen nun noch aus. Drei davon sind im Signal-Iduna-Park angesetzt.
Die Begründung des Schiedsrichters war rein, so rein, als wäre sie aus Felsquellwasser gebraut: „Weil der Spieler eine glasklare Torchance verhindert hat.“ Deshalb hat er zum Elfmeterpunkt gebeten. Deshalb hat er Nikolce Noveski die Rote Karte präsentiert. Deshalb hat er den Mainzer bei der Partie in Hannover bereits in der ersten Minute der Nachspielzeit der ersten Hälfte zum Frischmachen geschickt. Der Thorsten Kinhöfer. Der Kollege Peter Gagelmann dagegen ordnete ein paar Kilometer nördlich in Hamburg zwar fast zeitgleich ebenfalls Strafstoß an (wg. Klopapiers auf dem Rasen war später angepfiffen worden). Er verzichtete in Minute 39 aber darauf, den Spieler Mats Hummels mit dem üblichen Kartongruß zu verabschieden.
Und? Hat Hamburgs Trainer Michael Oenning Herrn Gagelmann vor das Gericht gezerrt, das doch eigentlich nach jeder Bundesligapartie tagt? Mit zehn Akteuren hätte der BVB schließlich nach dem 1:0 per Elferschuss von Ruud van Nistelrooy eher nicht mehr das Remis geschafft. Und selbst Hummels hatte ja bereits irgendwie eingeräumt, dass Petric sich vor seiner Attacke in einer Situation befand, die glasklar das Borussentor gefährdete: „Ich glaube, zuerst wollte er schießen, dann sah er mein Bein.“ Und nutzte daraufhin das ungestüme Anrummsen, um sich eine noch viel glasklarere Torchance zu verschaffen. Möglicherweise mit dem weiterführenden Gedanken unter der fein rasierten Schädeldecke, dass der Gegner in Unterzahl leichter zu bekämpfen wäre.
Zur Verhandlung ist es nicht gekommen. Oenning ärgerte sich „über den Zeitpunkt des Gegentores“, darüber, dass der eingewechselte Jakub „Kuba“ Blaszczykowski in der dritten Minute der Nachspielzeit den Ball zum 1: 1 ins Netz wuchten konnte. Ansonsten stimmte er Jürgen Klopp zu, dem Trainer des BVB, der verkündet hatte: „Ich habe es einfach nur als gerecht empfunden, dass wir noch das Tor gemacht haben.“ Und das, obwohl doch die Mächte des Schicksals selten zuvor so angesäuselt in einer Partie herumfuhrwerkten.
Bevor Gagelmann den Elfmeter verhängte und Hummels nicht vom Rasen entfernte, hatte er ein Tor von Lucas Barrios nicht gegeben, weil er den BVB-Angreifer im Abseits wähnte (34. Minute). Knapp vor der Pause zauberte HSV-Innenverteidiger Gojko Kacar einen Ball tatsächlich noch von der Linie, den Dortmunds Jungstar Mario Götze aus einer Entfernung von circa acht Grashalmen angestoßen hatte. Und dazu gesellten sich Torpfostentreffer des BVB und Lattentreffer – und von Zeit zu Zeit stand auch Hamburgs Torhüter Frank Rost im Weg.
Auch Klopp hätte mit den Mächten hadern können. Er erklärte aber: „Was mich am wenigsten interessiert, ist eigentlich das Ergebnis.“ Und: „Für uns ist es wichtig, diese Art Fußball durchzuziehen.“ Diese Art Fußball, die nur von einem Personal auf den Platz transportiert werden kann, das dazu in der Lage ist, über eine Stunde hinweg technisch stark, taktisch diszipliniert, konzentriert, homogen und äußert engagiert zu spielen.
Barrios zur Kernspin
Und das sich in der letzten halben Stunde einer Begegnung in allen Punkten noch verbessern kann. Als die älteren HSV-Herrschaften nur noch reagieren konnten, drehten Götze, Nuri Sahin und vor allem Borussias Außenverteidiger Marcel Schmelzer und Lukasz Piszczek erst richtig auf (Klopp: „Ich bin absolut begeistert von beiden Außenverteidigern“).
Fünf Begegnungen stehen nun noch aus. Dass drei davon im Signal-Iduna-Park angesetzt sind, kann Dortmund nicht beruhigen. Mehr Punkte wurden auswärts akquiriert. Dass ihnen kein Ligaschwergewicht mehr aufgetischt wird, ist ebenfalls nicht unproblematisch. Von drei Niederlagen wurde ihnen eine von Hoffenheim, eine von Frankfurt zugefügt. Und dass Topstürmer Barrios an einer Verhärtung im Oberschenkel leidet und Montag zur Kernspin muss, ist auch keine gute Nachricht. Aber Oenning hat erkannt: „Ihr spielt schon einen guten Ball.“ Das zählt. Oder, wie es Klopp formulierte: „Alles, was da passierte, das waren wir.“