Dortmund. .

Kevin Großkreutz hat einen glänzenden Draht zu den Fans von Borussia Dortmund. Es bedarf bei ihm keiner Autogrammstunde und keiner Pokalübergabe bei einem Turnier auf dem Dorf, um mit der Basis in Kontakt zu kommen. Wenn Großkreutz mit seiner Familie und Freunden spricht, dann sind das BVB-Fans. Er hatte somit aus erster Hand erfahren, dass es nun in diesem Spiel gegen Hannover zählte – mehr als in jedem anderen.

„Klar haben wir das gemerkt. Es war eine richtig geile Stimmung“, sagte Großkreutz. Er bezog das auf die halbe Stunde vor dem Anpfiff, die allerdings in der grandiosen letzten halben Stunde des Spiels getoppt wurde. Der BVB drehte „das Ding mal kurz um“, wie Großkreutz trocken sagte. Aber er legte noch nach: „Wir wären doch bekloppt, wenn wir jetzt nicht sagen, dass wir Meister werden wollen.“

Aus einem 0:1-Rückstand (Mohammed Abdellaoue, 57. Minute) wurde ein 4:1-Sieg durch Treffer von Mario Götze (59.), Lucas Barrios (64., 73.) und Großkreutz (84.). Der Bundesliga-Tabellenführer verteidigte seinen Vorsprung von sieben Punkten auf Bayer Leverkusen. Bei einer um 18 Treffer besseren Tordifferenz sind es eher acht Punkte, die von der Werkself noch aufgeholt werden müssten, um die siebte Meisterschaft des BVB zu verhindern.

Uff. Drei Buchstaben genügen, um die Reaktionen der Dortmunder zusammenzufassen. In der langen Version sagte Trainer Jürgen Klopp: „Das war ein ganz, ganz wichtiges Ding heute. Das spürt jeder, der sich für uns interessiert.“

Sie waren nach zwei sieglosen Spielen eben doch nicht so cool und ohne Selbstzweifel in die Partie gegangen, wie sie es vorher behauptet hatten. Das Pressing funktionierte nur leidlich, dem Passspiel fehlte die Präzision, Chancen gab es gegen taktisch glänzende Hannoveraner kaum. Mario Götze sprang der Ball so häufig vom Fuß, als ginge es ihm um die Erbschaft von Jürgen Klinsmanns Spitznamen „Flipper“. Doch dann zeigte der Nationalspieler, warum die Kollegen ihn ab und an schon „Götzinho“ nennen.

Eine Niederlage, eine dann handfeste Krise – das durfte nicht sein. Götze nahm sich den Ball, dribbelte an hilflosen Hannoveranern vorbei und traf zum Ausgleich. Götze veredelte eine Verzweiflungstat zum Glanzstück. „Weltklasse“, bescheinigte BVB-Sportdirektor Michael Zorc, Großkreutz schwärmte: „Wenn der Mario so weiter macht, dann sehen wir den noch woanders.“

Nach dem Treffer zog Götze sein Trikot hoch und zeigte ein extra angefertigtes T-Shirt mit der Rückennummer 17, die dem 32 Jahre alten Dede gehört. Der Brasilianer, der den Verein nach der Saison verlassen wird, brachte zunächst vor Rührung kein Wort heraus. Später sagte er wimmernd: „Dass ein 18-jähriger Junge einem Opa ein solches Geschenk macht, kannst du mit Geld nicht bezahlen. Das bleibt für immer in meinem Herzen.“

„Heimspiel“ in Hamburg

Von einem sentimentalen Verhältnis war während der Pressekonferenz nichts zu spüren. „Glückwunsch dazu, dass ihr sicher in der Europa League seid. Alles andere fände ich nach dieser Saison schon enttäuschend. Wahrscheinlich wird es sogar die Champions League“, stichelte Jürgen Klopp gegen Mirko Slomka, der den FC Bayern passieren lassen musste und mit 96 auf den vierten Platz abrutschte.

Hannovers Trainer hatte zuvor vermutlich nur ein wenig lieb sein und die Bewunderung über das bemerkenswerte Comeback ausdrücken wollen, indem er sagte: „Kloppo, es tut mir leid, aber ich muss dir heute zum Titel gratulieren.“ Er sei zwar ein optimistischer Mensch, aber „ich kann die nächsten sechs Gegner nicht ignorieren“, erwiderte Klopp.

Als nächste Aufgabe steht für den BVB die Partie beim HSV an. Er hatte das vermutlich noch nicht mit der Familie und seinen Kumpels abgesprochen, aber Kevin Großkreutz sagte: „Jetzt machen wir aus Hamburg ein Heimspiel, gewinnen da, und dann stoppt uns keiner mehr.“