Dortmund. .

Der Trainer und sein Spieler haben sich im gleichen Zeitrahmen aufgehalten, allerdings nicht an gleichem Ort. Genauer: Trainer, Etage vier, Pressesaal des BVB. Spieler: Katakomben des Dortmunder Stadions. Nur so lässt es sich erklären, dass Jürgen Klopp nach dem 4:1-Sieg über Hannover 96 in kleiner Journalistenrunde für Zurückhaltung im Feierfall Mario Götze warb, während Mats Hummels anderen Medienschaffenden das Kraftfutter für eine Traumstory über den 18-Jährigen servierte. Oben, Klopp: Bitte, bitte auch „im Interesse des deutschen Fußballs“ den jungen Erwachsenen nicht in den Himmel heben. Unten, Hummels: Der „wird nicht von ungefähr manchmal Götzinho genannt“ im intimen Mannschaftskreis.

Das Meisterwort

Das Duell mit seinem Innenverteidiger konnte der Trainer des BVB ebenso wenig gewinnen wie das Duell mit Kevin Großkreutz. Der Offensive hatte nach dem Abpfiff überhitzt von viel Sonne und viel Erfolg in zahlreichen Variationen das Meisterwort auf einen Triumphzug durch Fußballdeutschland geschickt. „Wer so zurückkommt, hat es verdient, Deutscher Meister zu werden.“ „Wer es jetzt nicht sagt, ist doch bekloppt.“ Die pralle Wirkung dieser Schläge aus der Katakombendeckung heraus wird Klopp erst am Anfang der Woche so richtig spüren, wenn die Öffentlichkeitsmaschine auf Hochtouren läuft. Götze, nach seinem Zaubertreffer zum 1:1 in der 59. Minute jetzt aber wirklich nicht mehr nur deutsches Jahrhundert-Talent, sondern weißer Brasilianer. Und Borussia Dortmund, nach dem tollen Kopfballtreffer von Lucas Barrios (64.), dessen Treffer Nummer zwei (73.) und dem finalen Tor von Großkreutz nach schönster Hackenvorlage von schon wieder Barrios (83.) jetzt aber wirklich endlich reif für den „Deutscher Meister 2010/2011“ im Briefkopf .

Noch sechs Spiele sind zu spielen. Noch 18 Punkte sind im Topf. Sieben trennen den BVB in der Tabelle von Verfolger Leverkusen. Beim Zusammenraffen der Fakten ergibt sich: Der Titel-Bär ist gar nicht erlegt. Sein Fell kann noch nicht verteilt werden. Und doch ist der Borussen-Trainer seit Wochen vorrangig damit beschäftigt, allen auf die Finger zu hauen, die ins Wuschelige greifen oder behaupten, beim BVB würde das gefährliche Großwild schon wie ein Teppichvorleger behandelt.

Nach halbstündiger Machtdemonstration gegen die Hannoveraner, die es in der 57. Minute trotz Unterlegenheit gewagt hatten, durch Mohammed Abdellaoue in Führung zu gehen, erklärte Klopp deshalb einerseits: „Wir versuchen, uns ganz auf uns zu konzentrieren. Und das gelingt dieser Mannschaft in erstaunlicher Weise.“ Andererseits investierte er einen beachtlichen Teil seiner Konzentration in das einzige Duell, das ihm die Chance gewährte, den Gegner zur Strecke zu bringen. Mirko Slomka. „Kloppo, tut mir leid“, hatte der Hannover-Trainer gegrient, „ich muss dir heute zum Titel gratulieren.“ Und danach zückte der Kloppo den massiven Säbel. Teilnahme an der Europa League, ach was, an der Champions League würde er von den vor dem Saisonstart als Abstiegskandidaten gehandelten Niedersachsen erwarten: „Alles andere wäre eine Enttäuschung für mich.“

Natürlich gibt es bedeutendere Sorgen. Am Donnerstag vor dem Spiel war Sprengstoff in der Nähe des Signal-Iduna-Parkes gefunden worden. Und alles in allem wird die Welt reichlich durchgeschüttelt. Im schwarz-gelben Biotop jedoch fürchtet man tatsächlich vor allem die möglichen Umwelteinflüsse, die auf dem kürzer gewordenen Weg zur Meisterschaft das Klima trüben könnten. „Man stelle sich vor, wir verlieren gegen Hamburg, und Leverkusen gewinnt“, hat Klopp gesagt. Dann hätte man am 29. Spieltag nur noch vier Punkte Vorsprung. Und: „Ich kann die nächsten sechs Gegner nicht ignorieren“, hat Klopp auch gesagt. Dann wäre sogar die Deutsche Fußball-Liga absolut nicht erfreut.