Essen. . Borussia Dortmund ist Bundesliga-Tabellenführer - aber kein Spieler kokettiert mit einem Wechsel, Großprotzdenken ist nicht ausmachbar. Der BVB wäre ein deutscher Sympathiemeister. Ein Kommentar.

Borussia Dortmund ist mit einer sehr jungen Mannschaft Tabellenführer der Bundesliga, zählt in der Geldrangliste aber nicht zur Spitzengruppe. Üblicherweise bedeutet das im Fußballgeschäft: Die Sprüche sind jetzt lauter. Die Begehrlichkeit der Konkurrenz ist geweckt. Die Spieler sind unruhig. Konflikte werden sichtbar.

Doch nichts von all dem. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke operiert sogar mit dem gewerbefremden Begriff „Demut“, wenn er die Haltung seines Vereins charakterisieren will. Zugetraut worden war ihm das beim Amtsantritt nicht. Aber Lebensbildung ist bekanntlich ein Prozess. Und in Dortmund scheint sie darüber hinaus auch ein Projekt zu sein, etwas, das man als richtig erkannt und zu dem man sich deshalb entschlossen hat.

Keiner der in der Preisliste nach oben geschossenen Spieler hat die Gunst der Erfolgsstunde genutzt, mit der Möglichkeit eines Wechsels zu kokettieren. Keiner hat das Schachern um noch ein größeres Stück vom Mammonkuchen eröffnet. Großprotzdenken, das sich allein schon darin ausdrücken würde, den Titelgewinn tatsächlich schlagzeilenträchtig zum Ziel zu erklären, ist nicht ausmachbar. Und das Faustrecht herrscht in dieser so erwachsen auftretenden Jugendgruppe natürlich auch nicht.

Wer Fußball mit Blut am Schuh, Gras fressen und dem unguten, altdeutschen Führungsspieler assoziiert, wird kaum davon zu überzeugen sein, dass das schwarz-gelbe Idyll existiert. Doch, wie auch immer. Selbst, wenn das Idyll gar nicht so ganz idyllisch wäre: Es reicht doch, dass es so, wie es ist, eben funktioniert.

Auf Schalke darf der Trainer Felix Magath tun, was immer ihm gerade in den Herrscherkopf gespült wurde. Was ist das? Ein Bekenntnis dazu, sich von unserer modernen, auch meinungspluralistischen Gesellschaft abgekoppelt zu haben? Bei den Bayern fühlt sich Superstar Arjen Robben dazu berufen, den angehenden Superstar Thomas Müller körperlich zu züchtigen. Was ist das? Eine Rangelei unter Super-Egos, über die der Klub hinweg schauen darf wie über einen Schüppchenhieb im Sandkasten? Ein weiteres Bekenntnis zur Abkoppelung?

Generell lässt sich schon eines für die Saison 2010/2011 festhalten: Dortmund muss nicht Meister werden. Wenn der BVB aber Meister würde, wäre er nicht nur ein Meister für seine Region, sondern ein Meister vieler, ein deutscher Sympathiemeister. Für ein Unternehmen (hallo, Farfan-Legionärs-VW-Klub VfL Wolfsburg) bringt so etwas übrigens den echten Mehrwert.