Dortmund. .

Borussia Sorgenfrei gewinnt 4:1 gegen Borussia Sorgenfalte und gibt zu: Wir wollen an der Spitze überwintern.

Mats Hummels hat es gewagt und das Wort in den Mund genommen. Allerdings garniert mit etwas welkem Laub. Welches Ziel strebt Borussia Dortmund nach dem am Ende wieder einmal beeindruckend heraus gespielten 4:1-Sieg über die Borussia aus Mönchengladbach an, Herr Hummels? Antwort: „Unser Ziel ist jetzt die Herbstmeisterschaft.“ Die Herbst-Meisterschaft. Diese Meisterschaft, die im deutschen Fußball traditionell im Winter nicht gefeiert wird, weil sie auf der Skala der Wertigkeiten ungefähr auf einer Höhe rangiert mit dem „Waldmeister“.

„Waldmeister wollte ich auch nie werden“, hat Jürgen Klopp nach diesem bei ihm „weniger Freude als Erleichterung“ auslösenden Erfolg erklärt, weil ihm der Titel Herbstmeister offensichtlich nichts bedeutet. Oder zumindest: In offiziellen Verlautbarungen nichts bedeuten darf, weil er sich doch selbst dazu verpflichtet hat, immer mit dem Fuß auf der Euphoriebremse durch die Saison zu reisen. Herbstmeister wird Klopp aber wohl werden müssen. Hummels hat es seinem Trainer vorgerechnet. Und auch im restlichen, mit gefährlichem Positivdenken aufwartenden Deutschland sind Rechenkünste verbreitet.

Nach zwölf Siegen in den bisher absolvierten 14 Bundesliga-Partien, nach nur einer Niederlage (Spiel eins gegen Leverkusen) und nur einem Remis, führt der BVB die Tabelle mit 37 Punkten an. Dass zwölf Siege in den ersten 14 Partien in der Historie der Eliteklasse bisher lediglich dem Rekordmeister aus München in der Saison 2005/2006 gelungen sind, ist dabei kaum von Bedeutung. Von Bedeutung ist, dass Dortmund mit sieben Zählern vor Mainz 05 die Spitze besetzt. (Und mit bereits elf Punkten vor dem Dritten Leverkusen. Und mit bereits 14 Punkten vor dem FC Bayern. Und mit bereits 24 Punkten vor dem ungeliebten Nachbarn Schalke.)

Drei Spiele stehen vor dem Weihnachtsfest noch auf dem Programm. Nur wenn der BVB keine drei Punkte mehr holen sollte, könnte er noch vom Platz an der Wintersonne vertrieben werden. Und keine Drei aus Neun? Das ist im Repertoire wahrscheinlich gar nicht vorhanden. Klopp hat verkündet, er habe befürchtet, dass seine junge Mannschaft zwischenzeitlich in ein Loch stürzen könnte. Er hat aber auch eingeräumt: „Mittlerweile sind wir sehr stabil. Das ist uns auch aufgefallen.“

Bei der Begegnung mit den Gladbachern zum Beispiel. Der Tabellenletzte hatte im BVB-Stadion in der ersten Halbzeit nicht allein „ sehr diszipliniert“ verteidigt (Klopp), sondern durch Marco Reus sogar das 1:0 erzielt (33. Minute). Die 79 200 Zuschauer waren verblüfft, weil selten ein Treffer aus so blitzblankem Himmel gefallen sein dürfte. Doch die Elf von Trainer Michael Frontzeck hat sich nicht schon vor dem Anpfiff ergeben. Sie wurde von Dortmund gestellt und niedergespielt. So niedergespielt, dass Klopp an der Performance der ersten Halbzeit bemängelte: „Für den Riesenballbesitz hatten wir natürlich zu wenige Möglichkeiten.“

Eine nutzte Neven Subotic in der Minute 45 doch noch zum Ausgleichstreffer per Kopfstoß. Und in der zweiten Halbzeit bliesen Shinji Kagawa (52.) nach durchdachtem Zuspiel von Mario Götze und Kevin Großkreutz (77.) nach spektakulärer Hakenvorlage von Lucas Barrios und Barrios selbst (88.) nach klugem Pass von Antonio da Silva das Resultat auf Tabellenführerformat auf. Der seit Wochen mit Rücktrittsforderungen traktierte Frontzeck fand: „Das Bemühen, das Wollen kann man meiner Mannschaft nicht absprechen.“ Bemühen und Wollen bringen die anderen Borussen allerdings ebenfalls mit zur Rasenarbeit. Und das Glück, nicht wie Gladbach vom Verletzungspech gebeutelt zu sein (sieben Defensive fehlten). Und darüber hinaus Begabung, umsichtige Organisation der Begabung und die Leichtigkeit, die aus Siegen und nur aus Siegen erwächst.

Im Moment halten weder Ochs’ noch Esel die Dortmunder in ihrem Lauf auf. Warum das so ist, lässt sich auch im Detail analysieren. Sportdirektor Michael Zorc hat jedoch richtigerweise festgehalten, es sei „die Gesamtheit“, die den Erfolgsweg planiere. Bauschäden sind nicht auszumachen. Großkreutz hat nach seinem Tor den Finger auf den Mund gelegt. Schweigt, hätte er damit ausdrücken können. Schweigt, weil ich eine Stunde lang auf der Bank ausharren musste, bevor ich aufs Feld durfte. Der Ur-Dortmunder hat jedoch anschließend brav dargelegt, es habe sich wieder „gezeigt, dass auch die, die auf der Bank sitzen, nicht sauer sind“.