Dortmund. .

Die Fußball-Oper tanzte Walzer. Im Dreivierteltakt bewegte sich die Südtribüne, nachdem die schwarz-gelben Fußballer ihrer Kette von Siegen ein weiteres brillantes Glied hinzugefügt hatten.

Was ein Gegentreffer nicht erreichen konnte, schafften die Feierlichkeiten: Die Spieler von Borussia Dortmund zeigten Wirkung. Roman Weidenfeller, der erfahrene Torhüter, verspürte eine Gänsehaut. Das sei kein Wunder, sagte er, „wenn das ganze Stadion singt: Wer wird deutscher Meister? Der BVB Borussia.“

Ein weiteres Mal in dieser erstaunlichen Saison war der Standort Dortmund in das Zentrum gerückt. Die Konkurrenz lauerte auf ein Misserfolgserlebnis: Eine Niederlage gegen den Letzten könnte vielleicht der Anfang vom Ende des Ersten sein. Doch als der BVB tatsächlich in den Rückstand geraten war, reagierte die Mannschaft darauf mit einer verblüffenden Selbstverständlichkeit und produzierte kurzerhand die Saisontore 32, 33, 34 und 35 zu einem 4:1 (1:1)-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach.

Dortmunds Spieler feiern vor den Fans auf der Südtribüne den Sieg.
Dortmunds Spieler feiern vor den Fans auf der Südtribüne den Sieg.

Wer soll diesen BVB aufhalten, der doch offenbar auf jede Frage die passende Antwort hat? Und der über ein scheinbar unerschöpfliches Reservoir an Stilmitteln verfügt? Viele waren gegen die tapferen, aber klar unterlegenen Gladbacher zu besichtigen. Der Ausgleich kam durch den erfolgreichen Einsatz einer Uralt-Strategie zustande: Ein langer Innenverteidiger, in diesem Fall Neven Subotic, köpfte einfach eine Ecke ins Tor. Danach brach die Zeit der künstlerischen Abteilung an: Dem Führungstreffer durch Shinji Kagawa ging ein Weltklasse-Pass von Mario Götze voraus. Hätte Lionel Messi diesen Ball gespielt, hätte es wohl geheißen, dass nur Messi solche Bälle spielen kann. Lucas Barrios setzte bei der Vorarbeit zum Tor durch Kevin Großkreutz artistisch die Hacke ein. Zum letzten Volltreffer des Tages gab Antonio da Silva die Vorlage so präzise, als sei er seit Monaten festes Element des westfälischen Fußball-Zaubers und nicht gerade erst in die Vorstellung eingewechselt worden.

Die unglücklichen Gladbacher hätten wahrscheinlich 150 Bälle mit der Hacke vorlegen können, doch niemals wären sie zum gleichen Ergebnis gekommen. „So etwas gelingt dir, wenn du oben stehst“, sagte Jürgen Klopp. Zum sechsten Mal in dieser Saison entschied seine Elf ein Spiel in der zweiten Halbzeit für sich. Auch diesmal zeigte der Trainer den Profis in der Pause mit Hilfe von Video-Bildern die Routen durch die Gladbacher Räume auf. Doch diese Methode ist nicht neu. „Das machen wir seit zweieinhalb Jahren“, sagt Klopp, „und es ist ja nicht so, dass wir früher Unsinn geredet haben.“ Der Unterschied ist, dass die Mannschaft stabiler geworden, mit Kagawa und Götze spielerische Klasse zugeführt bekommen hat und dass ihr in einer berauschenden Spirale des Erfolgs gelingt, was einer Elf, die sich im Abschwung befindet, nie zufallen würde.

So jung die meisten Spieler auch sind: Sie kennen sich im Fußball genügend aus, um zu wissen, dass sich das Schicksal auch wenden kann. Und deshalb erklärte Verteidiger Mats Hummels: „Es ist nicht gut, drei Spiele vorauszudenken.“ Hingegen ist es erlaubt, den süßen Moment zu genießen. Das haben sie getan, unten auf dem Rasen. Ihr Jubel drehte sich um eine Zahl. Hummels: „Wir haben uns die 37 an den Kopf geworfen.“ 37 Punkte und grandiose Spiele - das ist so sensationell, dass an einem eisigen Abend die Massen auf den Tribünen wogen und singen: „Den BVB-Walzer tanzen wir. Ich mit dir, du mit mir.“