Dortmund. Beim 6:1-Sieg gegen den 1. FC Köln zählt Raphael Guerreiro zu den stärksten Profis bei Borussia Dortmund. Seine Zukunft beim BVB ist offen.

Es wurde recht freigiebig umgegangen mit euphorischen Bewertungen an diesem Samstagabend in Dortmund. „Es war eine sehr gute Woche“, berichtete einer der Protagonisten, sprach dann noch von einem überragenden Gefühl – und überhaupt war das alles „einfach geil“ gewesen. Der Mann, der derart aufgekratzt in die Mikrofone sprach, war Marius Wolf. Und die Gefühlslage war durchaus verständlich nach diesem Spiel, diesem auch in der Höhe verdienten 6:1 (4:1)-Sieg von Borussia Dortmund gegen den völlig überforderten 1. FC Köln, der die Fans mal wieder von der Meisterschaft singen ließ.

BVB-Profi Marius Wolf erhält Anruf von Hansi Flick

Aber die Gründe für Wolfs Hochgefühle waren nicht nur in diesem zweifellos sehr gelungenen Spiel zu finden, viel stärker noch in einem Anruf, den er im Laufe der Woche erhalten hatte. „Erst einmal wusste ich gar nicht, wer das ist, ich hatte die Nummer nicht eingespeichert“, berichtete Wolf. Der mysteriöse Anrufer stellte sich dann als Bundestrainer Hansi Flick heraus, der Wolf die Nachricht übermittelte, dass er im zarten Alter von 27 Jahren erstmals in die Nationalmannschaft berufen werde.

Und nun stand zum Abschluss der Woche noch der rauschhafte 6:1-Sieg, der Wolfs Freude noch deutlich verstärkte – obwohl der vielseitige Außenspieler dieses Mal nicht zu den entscheidenden Figuren gezählt hatte. Das waren andere. Raphael Guerreiro, der das 1:0 schoss (15.) und zwei weitere vorbereitete. Sebastien Haller, der Mittelstürmer, der nach Wochen ohne einen Treffer gleich doppelt erfolgreich war (17./69.). Marco Reus, der ebenfalls einen Doppelpack beisteuerte (32./70.). Und Donyell Malen, der ein Tor selbst schoss (36.) und an drei weiteren beteiligt war. Der Ehrentreffer durch Davie Selke (42.) war da zu verschmerzen.

BVB-Kapitän Marco Reus wird bei Frage zu seiner Zukunft deutlich

„Wir haben uns zwischendurch in einen Rausch gespielt“, lobte Sportdirektor Sebastian Kehl. „Es war ein tolles Ergebnis, es war eine tolle Stimmung im Stadion. Wir haben hochverdient gewonnen.“ Natürlich wollte Kehl keinen Spieler hervorheben, einer Sonderbewertung für Guerreiro konnte er sich dennoch nicht entziehen. Der gelernte Linksverteidiger spielte zum zweiten Mal binnen einer Woche im Mittelfeldzentrum, und die Gesamtbilanz seines Schaffens kann sich sehen lassen: Zwei Tore, drei Torvorlagen und jede Menge gelungene Aktionen nach vorne – auf einer Position, auf der zudem Guerreiros Defensivschwächen deutlich weniger ins Gewicht fallen. „Er hat es sehr, sehr gut gemacht“, meinte Kehl.

Das Urteil des Sportdirektors war auch deshalb von so großem Interesse, weil Guerreiro ja zu jenen Spielern gehört, deren Zukunft offen ist, sein Vertrag beim BVB läuft im Sommer aus – und nachdem der Edeltechniker seinen Stammplatz auf der linken Seite zwischenzeitlich an den fußballerisch deutlich schwächeren, dafür mit erheblich mehr Einsatzwillen gesegneten Julian Ryerson verloren hatte, sammelte er zuletzt im Mittelfeld eifrig Argumente für eine Vertragsverlängerung. „Rapha ist ein fantastischer Fußballer, das haben wir nicht erst in den letzten zwei Spielen gemerkt“, meinte Kehl dazu, zeigte sich ansonsten aber wenig mitteilsam. „Wir sind in Gesprächen, mehr kann ich nicht sagen“, erklärte der Sportdirektor. Nur so viel: „Vor Wochen wurde ja schon geschrieben, dass eine Entscheidung gefallen ist, dass uns Rapha verlassen muss. Das ist nicht so, das ist offen. Wir sind in Gesprächen.“

BVB: Enger Austausch mit den Beratern von Raphael Guerreiro

Allerdings war man nach Informationen dieser Redaktion lange Zeit sehr viel eher geneigt, Guerreiro ziehen zu lassen – was bei all dem so offensichtlichen Talent des Portugiesen einerseits wahnwitzig erscheint, beim genauen Betrachten der vielen Formschwankungen und des nicht immer hochprofessionellen Lebenswandels abseits des Platzes allerdings nachvollziehbar ist. Zuletzt aber gab es wieder einen engen Austausch zwischen Guerreiros Beratern und dem BVB – wo die Neigung wächst, mit dem 29-Jährigen in die Zukunft zu gehen. Dazu allerdings wird noch das eine oder andere Gespräch zu führen sein.

BVB-Kapitän Marco Reus (3.v.r.) feiert den Sieg gegen den 1. FC Köln mit den kleinen BVB-Anhängern.
BVB-Kapitän Marco Reus (3.v.r.) feiert den Sieg gegen den 1. FC Köln mit den kleinen BVB-Anhängern. © firo

Und auch mit anderen Profis besteht noch immer Redebedarf, bei den verdienten Führungsspielern Marco Reus und Mats Hummels läuft der Vertrag bekanntlich ebenfalls zum Saisonende aus – und auch bei ihnen ist noch nicht verkündet, wie es weitergeht. In der anstehenden Länderspielpause könnte Zeit für Gespräche sein, doch Kehl wollte sich nicht in die Karten schauen lassen: „In der ersten Woche wird nichts passieren – und was in der zweiten sein wird, kann ich noch nicht sagen.“ Er werde „keinen Zeitraum“ nenne, in dem eine Entscheidung fallen werde, meinte Kehl noch. „Aber wir arbeiten dran.“

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Kapitän Reus höchstselbst ließ eine klare Tendenz durchblicken: „Ich habe es in den vergangenen Wochen, Monaten, Jahren gesagt, dass ich hier gerne meine Karriere beenden möchte“, sagte er. „Ich fühle mich richtig gut. Ich hatte eine schwere Zeit. Wir sind in Gesprächen, alles andere wird sich in den kommenden Wochen ergeben.“ Hummels dagegen tat, was er seit Wochen tut, er schwieg zu seiner Zukunft und auch sonst. Seine Lage allerdings ist auch diffiziler: Während Reus regelmäßig zur Startelf gehört und trifft, sitzt Hummels meist auf der Bank. Gibt es da trotzdem eine Zukunft beim BVB?

BVB muss nach der Länderspielpause zum FC Bayern

Das zu klären wird Kehls Aufgabe während der Länderspielpause sein, die Mannschaft wurde ebenfalls mit einem klaren Auftrag in jene zwei Wochen verabschiedet: „Zieht den Bayern die Lederhose aus!“, schallte es durchs Stadion. Am 1. April nämlich geht es zum Spitzenspiel nach München, dann dürfte sich entscheiden, ob die Dortmunder Ambitionen realistisch bleiben – und die Fans weiterhin von der Meisterschaft singen können.