Hannover/Dortmund. Borussia Dortmunds Trainer Edin Terzic beklagt eine fehlende Eigenmotivation bei seinen Spielern. Der Druck auf den Klub nimmt weiter zu.
Es gab die Bilder nach dem Schlusspfiff in Hannover, die zeigten, wie Edin Terzic seine Spieler herzte. Torhüter Gregor Kobel wurde in den Arm genommen, Felix Passlack gedrückt, Salih Özcan aufgemuntert. Alles gut, könnte man meinen, wären da nicht die Worte, die der Trainer anschließend formulierte.
„Man verfällt in Muster, man lässt sich treiben – da fehlt mir, dass wir uns dagegen wehren und daraus lernen“, schimpfte Terzic nach einem 2:0-Erfolg im DFB-Pokal bei Hannover 96, zu dem der BVB eher geschlittert war, anstatt dass er überzeugten. „Es braucht eine gewisse Form von intrinsischer Motivation der Spieler, das selbst abstellen zu wollen“, meinte Terzic. Fehlt ihm diese aktuell? „In gewissen Phasen schon, das ist ja offensichtlich. Sonst würden wir die Dinge ja schnellstmöglich abstellen und es besser gestalten.“
Nun geht es für den BVB gegen Stuttgart
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Gerade mal ein paar Monate liegen zwischen dem Video, das Borussia Dortmund nach Terzics Vertragsunterschrift in die Sozialen Medien jagte und in dem er alle Dortmunder aufforderte, so hungrig zu sein wie noch nie, und diesen bemerkenswerten Worten. Terzic vermisst eine Eigenmotivation bei seinen Profis. Die Realität scheint den 39-Jährigen eingeholt zu haben. Und der Druck nimmt vor dem Heimspiel gegen den VfB Stuttgart am Samstag (15.30 Uhr/Sky) bereits zu.
Schon Vorgänger Marco Rose hatte die Körpersprache, die Haltung einiger Borussen kritisiert, nun bemängelte Terzic die Arbeitseinstellung. „Wir sind darauf angewiesen, dass alle die Bereitschaft mitbringen“, sagte der Mendener. Als Trainerteam könne man nur Lösungen aufzeigen. „Wir brauchen aber die Jungs, um das zu zeigen. Wir wollen nicht mehr drüber reden, wir wollen das jetzt umsetzen.“
Wieder scheint ein Trainer an dieser Mannschaft zu verzweifeln.
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Nur sieht man davon derzeit wenig, die Formkurve der Dortmunder fällt stattdessen ab. In Hannover mangelte es erneut an Ideen in der Offensive, die Defensive schwankte. Hannover konnte durch das schwarz-gelbe Mittelfeld spazieren. Wären die Rettungstaten von Torhüter Gregor Kobel nicht gewesen, hätte diese Begegnung wohl einen anderen Verlauf genommen.
So droht die leichte Euphorie, die im Sommer rund um den Verein durch Edin Terzic entstanden war, bereits wieder zu verfliegen. Höhepunkte wie das 2:2 gegen den FC Bayern und der 4:1-Erfolg in Sevilla werden von Rückschlägen umrahmt. Auf der Mängelliste lassen sich viele, viele Punkte notieren.
Die Offensive wirkt ideenlos wie pubertierende Schüler beim spontanen Mathetest. Die Abwehr: löchrig. Die Außenverteidiger Raphael Guerreiro und Thomas Meunier, der nun wegen eines Jochbeinbruchs bis zur WM-Pause ausfällt, sind vor allem mit sich selbst beschäftigt. Emre Can bleibt ein Unsicherheitsfaktor. Nico Schlotterbeck unterlaufen trotz der guten Ansätze zu viele Fehler. Donyell Malen deutet sein Potenzial nur an. Vor allem gelingt es nicht, einen Gegner zu kontrollieren. „Wir müssen stabiler werden“, forderte Dortmunds Sportdirektor Sebastian Kehl.
Die Hoffnung des BVB? Marco Reus
Die Folgen: In der Bundesliga-Tabelle ist der BVB auf den achten Rang abgerutscht. Noch kein Grund zur Panik, weil der Rückstand auf Rang vier nur einen Punkt beträgt. Trotzdem würde bei einem weiteren Rückschlag gegen Stuttgart die Unruhe zunehmen. Hoffnung macht, dass Marco Reus zurückkehren könnte. In Hannover verhinderten neue Beschwerden am Sprunggelenk einen Einsatz des 33-jährigen Kapitäns, der weiterhin zu den bedeutsamsten Offensivspielern zählt.
„Wir befinden uns auf einem Weg“, meinte Kehl, „aber wir sind sicherlich noch nicht durch. Wir müssen schnelle Lerneffekte erzielen.“
Verantwortlich dafür ist der Trainer. Edin Terzic erlebt eine komplizierte Zeit in seiner noch kurzen zweiten Amtszeit. Fest steht: Allzu oft kann er seine Spieler nicht mehr öffentlich anzählen, wenn er ihr Vertrauen nicht verlieren möchte.