Dortmund. Im ersten Pflichtspiel der Saison stand Julian Brandt nicht im BVB-Kader, auch künftig dürfte er es schwer haben. Das liegt auch am Trainerwechsel.

Auf dieses Erfolgserlebnis hätte Julian Brandt gerne verzichtet. Dabei gibt es doch kaum einen besseren Saisonstart, als am ersten Pflichtspiel-Wochenende gleich das erste Tor zu schießen. Allerdings hatte Brandt das Richtige im Falschen getan, er hatte zwar ein Tor geschossen – aber das im sportlich belanglosen Testspiel von Borussia Dortmund gegen Antalyaspor. Tags zuvor, beim Auftaktsieg im DFB-Pokal beim Drittligisten 1860 München (3:0), hatte er 90 Minuten auf der Bank gesessen – nur deswegen spielte er ja tags drauf mit den Reservisten und Nachwuchsspielern gegen den türkischen Erstligisten, nur deswegen kam er zu seinem Tor, das er ohne sichtbare Regung zur Kenntnis nahm.

Julian Brandt und der BVB, das ist eine komplizierte Beziehung, seit er vor drei Jahren für 25 Millionen Euro von Bayer Leverkusen kam. Und jetzt, da am Samstag (18.30 Uhr/Sky) das Bundesliga-Auftaktspiel gegen seinen Ex-Klub ansteht, scheint sich die Angelegenheit noch einmal deutlich verkompliziert zu haben. In Leverkusen, da war Brandt eines der aufregendsten Talente des deutschen Fußballs, schon als Teenager ein Leistungsträger. Inzwischen ist er 26 Jahre alt, hat neun Profijahre und 260 Bundesligapartien hinter sich – und scheint noch immer mehr Talent als gestandener Spieler.

Und aktuell ist er in Dortmund erst einmal außen vor. Fünf Spieler wechselte der neue alte Trainer Edin Terzic gegen München ein: Mats Hummels, Thorgan Hazard, Marius Wolf, Emre Can und sogar den 17-jährigen Jamie Bynoe-Gittens – aber nicht den Immer-mal-wieder-Nationalspieler Brandt. „Jamie ist ein etwas anderer Spieler als Jule“, erklärte Sportdirektor Kehl später. Aber zu den genauen Gründen müsse man den Trainer fragen.

Ex-Trainer Marco Rose schätzte Julian Brandt

Damit waren die wesentlichen Faktoren aber benannt: ein Trainer, der andere Spielertypen bevorzugt. Und so zeichnet sich schon jetzt, da die Saison noch gar nicht richtig begonnen hat, ab: Julian Brandt könnte ein Verlierer des Trainerwechsels werden.

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Auch unter Terzic-Vorgänger Marco Rose hatte er zwar nicht immer gespielt. Aber er hatte seine statistisch beste Saison in Dortmund erlebt. Rose schätzte den Menschen und den Spieler Brandt, der wiederum den Trainer Rose mochte. Mit dem neuen Coach Terzic gibt es zwar keine Probleme, aber der bevorzugt andere Spieler mit anderen Profilen: Als Spielmacher ist Marco Reus gesetzt, auf den übrigen Positionen wünscht sich Terzic Tempo und Zweikampfstärke – eher nicht die Stärken eines Julian Brandt. Wo soll sich da ein Platz für Julian Brandt finden?

Auch Abschied ist denkbar

Auch ein Abschied ist nicht mehr undenkbar, bei einem passenden Angebot würde ihn der BVB auch ziehen lassen. Denn der Glaube, dass er sich noch zu dem Spieler entwickelt, den sich die BVB-Verantwortlichen bei der Verpflichtung vor drei Jahren erhofft hatten – dieser Glaube ist nicht mehr allzu groß. Die neun Bundesligatore und acht Vorlagen aus der vergangenen Saison waren ordentlich – mehr aber auch nicht.

Wünscht sich Tempo und Zweikampfstärke: BVB-Trainer Edin Terzic.
Wünscht sich Tempo und Zweikampfstärke: BVB-Trainer Edin Terzic. © Getty Images | Getty Images

Andererseits: Unbedingt loswerden will ihn der Klub auch nicht. Als Berichte aufkamen, Dortmund habe ihm einen Abschied nahegelegt, widersprach Brandt vehement: „Ich habe von der Geschichte natürlich gehört. Aber nicht alles, was man hört, stimmt auch“, sagte er während des Trainingslagers in der Schweiz. „Mit mir hat über solche Themen definitiv niemand gesprochen.“ Auch Sportdirektor Kehl nahm seinen Spieler in Schutz: „Das stimmt nicht, da habe ich einiges gelesen, was ich nicht in Ordnung fand“, sagte er.

Ein Spaß mit Folgen

Brandt hat sich angewöhnt, solche Dinge nicht allzu nah an sich heranzulassen. Er liest keine Zeitungen und er begegnet dem aufgeregten Fußballgeschäft mit einer gewissen ironischen Distanz – die ihm gelegentlich zum Nachteil wird. Im Mai sprach er in einem Podcast von Kicker und DAZN mit sehr viel Augenzwinkern über seine Defensivschwächen und sagte: „Ich hatte viele Trainer, die ich defensiv maximal gebrochen habe.“

Die Aufregung war groß und Brandt musste via Instagram eine Erklärung nachschieben, um die Gemüter zu beruhigen. „Bislang ist noch kein Trainer in zwei Teile gebrochen“, schrieb er da.

Schon lange hat aber auch keiner mehr uneingeschränkt auf ihn gesetzt.