Dortmund. In einem Interview hat sich BVB-Boss Hans-Joachim Watzke gegen eine Umverteilung der TV-Gelder ausgesprochen. Er redete auch über den DFB.

Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hält den erneuten Zuschauerausschluss in der Fußball-Bundesliga wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie für falsch. „Richtig wäre es gewesen, einen Prozentsatz der Stadionkapazität zuzulassen. 8000 Zuschauer kann man im Signal Iduna Park und mit unserer Infrastruktur so verteilen, dass sie physisch so gut wie nichts miteinander zu tun haben“, sagte Watzke dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ (Freitag).

Der Dortmunder Signal Iduna Park hat eine Kapazität von über 80 000 Zuschauerplätzen. Laut der Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen ist aber auch in Dortmund vorerst aus Sicherheitsgründen kein Publikum erlaubt. „Solche Geisterspiele hält der Fußball nicht lange durch. Das wird einem ganzen Wirtschaftszweig den Garaus machen“, erklärte Watzke.

BVB-Boss Watzke will den Begriff "Die Mannschaft" abschaffen

Watzke will sich zudem für eine Abschaffung des Begriffs „Die Mannschaft“ für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft einsetzen. „Ich werde das zumindest anregen“, sagte er. Die Bezeichnung für den viermaligen Weltmeister sei ihm „zu abgehoben“, kritisierte der neue Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Fußball Liga (DFL): „Es ist respektlos gegenüber allen anderen erfolgreichen Mannschaften. “Die Mannschaft' gibt es nicht, es gibt viele Mannschaften. Wir müssen bodenständiger werden, uns auf die Basis zurückbesinnen."

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Das Imageproblem des Fußballs ist für den 62-Jährigen auch ein Stück weit hausgemacht. „Der Deutsche Fußball-Bund zum Beispiel hat sich in den vergangenen Jahren viel zu sehr mit sich selbst und viel zu wenig mit dem Fußball beschäftigt“, sagte Watzke und ergänzte: „Wir müssen unsere Nationalmannschaft besser präsentieren. Mehr Nähe zeigen. Mehr Sinn für die Wünsche der Menschen haben.“

BVB-Boss Watzke gegen eine Umverteilung der TV-Gelder

Trotz der Dominanz des deutschen Rekordmeisters Bayern München sprach sich Watzke im Interview gegen eine Umverteilung der TV-Gelder aus. „Das ist kein gangbarer Weg“, sagte Watzke: „Wenn Sie einem Klub 50 Millionen Euro wegnehmen und das Geld auf die 35 anderen Klubs verteilen, dann erhöhen Sie damit nicht die Wahrscheinlichkeit, dass einer der Begünstigten Meister wird.“

Zudem würde jeder einzelne Verein wirtschaftlich davon profitieren, „dass jemand international für Deutschland die Eisen aus dem Feuer holt“. Er sei dagegen, betonte er, „einem Klub etwas wegzunehmen, das ihm zusteht“. Der FC Bayern dominiere auch, „weil er 50 Jahre lang vieles richtig gemacht hat. Mit Zwangsmaßnahmen und Sozialismus ist diese Unwucht nicht zu beheben“.

Watzke: Weg des BVB ist alternativlos

Die Philosophie des BVB verteidigte Watzke. „Dazu gibt es keine Alternative. Wir entwickeln uns wirtschaftlich sehr gut, doch das Wettbewerbsumfeld hat sich verschärft“, sagte er. Seit Jahren entwickelt der BVB europäische Top-Talente weiter, um sie dann zu verkaufen. „Es ist der Sisyphuseffekt, der aber für 98 Prozent aller Klubs weltweit gilt“, so Watzke.

Der BVB-Boss verwies aber auch auf Spieler wie Robert Lewandowski, Ilkay Gündogan oder Pierre-Emerick Aubameyang, die eine längere Zeit geblieben sind. „Aber es stimmt schon, wenn wir den Felsbrocken mal den Berg hoch geschafft haben, rollt er mitunter auch wieder runter“, sagte der 62-Jährige.

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Einen Abgang von Sturmjuwel Erling Haaland noch in der Transferperiode bis zum 31. Januar schloss er aber aus. „Wer gibt denn einen der besten Stürmer Europas in der Winterpause ab, wenn er nicht muss? Borussia Dortmund ist noch in drei Wettbewerben vertreten – und in denen möchten wir mit der bestmöglichen Mannschaft antreten“, sagte Watzke.

Im Sommer kann der Norweger den BVB aber dank einer Ausstiegsklausel für kolportierte 75 Millionen Euro verlassen. „Es wird natürlich schwierig, ihn zu halten. Trotzdem wollen und werden wir es versuchen“, betonte der neue Aufsichtsratschef der Deutschen Fußball Liga (DFL).

Watzke sieht den DFB-Pokalsieger gegenüber den Konkurrenten im Nachteil. „Bayern München stammt aus einem Bundesland, in dem elf von 40 Dax-Unternehmen sitzen, und saugt die Sponsorengelder förmlich an. Auf internationaler Ebene konkurrieren wir mit Klubs, hinter denen Emirate wie Katar oder Abu Dhabi stehen. Oder Oligarchen. Wie sollen wir da finanziell mithalten?“, so Watzke.

Trotz einer möglichen zehnten Meisterschaft des FC Bayern in Serie sieht Watzke aber keine Langeweile in der Liga. Die Liga lasse sich nicht auf die Meisterfrage reduzieren, sagte Watzke. Für die sportliche Attraktivität sei die Dominanz aber nicht gut: „Aber was sollen wir machen? Was sollen die Bayern denn machen? Sie haben sich diesen Status erarbeitet. Sie machen es gut. Sollen alle Klubs beschließen, dass die Bayern jetzt mit minus 15 Punkten in die Saison starten?“ Es gebe „einfach keinen Hebel, diese Dominanz schnell abzustellen“.

BVB sucht keinen Investor

Der Erfolg der Münchner fuße „auf jahrzehntelanger guter Arbeit und einem wirtschaftlich außergewöhnlichen Umfeld“. Am Ende liege es „am Materialeinsatz“.

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Der BVB mache „sicher nichts viel schlechter als Bayern München“. Aber wenn die Bayern „pro Jahr 130 bis 150 Millionen Euro mehr für Gehälter ausgeben können als wir, dann ist das ein Wettbewerbsvorteil, den es in England und Spanien, selbst in Italien so ausgeprägt eben nicht gibt“. Watzke wollte dies aber nicht als „Klagen“ oder „Neid“ verstanden wissen.

Einen Investor sucht der BVB dennoch nicht. „Dem müssten wir uns komplett unterwerfen. Damit würden wir uns viel zu klein machen. Fußball bedeutet in Deutschland mehr, als nur ein Spiel zu gewinnen. Und ich bin Traditionalist und Romantiker, was den deutschen Fußball und seine Strahlkraft in die Gesellschaft hinein angeht“, sagte Watzke. (sid)