Dortmund. Jude Bellingham ist in seiner zweiten Bundesliga-Saison beim BVB bereits ein Leistungsträger. Doch der 18-Jährige muss auch noch etwas lernen.

Am Ende bremste sich Borussia Dortmunds Dauerbrenner selbst aus: 135 Pflichtspielminuten wären noch zu absolvieren gewesen im Jahr 2021, für Jude Bellingham aber war Schluss. Im vorletzten Hinrundenspiel gegen Greuther Fürth (3:0) hatte er sich wegen unsportlichen Verhaltens die 5. Gelbe Karte der laufenden Saison geholt, was ein Spiel Sperre bedeutete – und weil er sich danach noch einige rustikale Grätschen erlaubte, nahm ihn Trainer Marco Rose sicherheitshalber schon zur Halbzeit vom Platz. Und so fehlte der Mittelfeld-Motor bei Hertha BSC, was sicher nicht der einzige Grund für die 2:3-Niederlage war. Doch sehnlichst vermisst wurde Bellingham auf jeden Fall.

In seinem zweiten Jahr in Dortmund hat es der zentrale Mittelfeldspieler zur unverzichtbaren Größe gebracht – und das mit gerade einmal 18 Jahren. Von 26 Pflichtspielen in der Hinrunde verpasste er nur zwei, eins wegen einer Sperre, das andere wegen Knieproblemen. Ansonsten stand er immer in der Startelf – und schoss dabei immerhin drei Tore und legte neun weitere auf. Nur Erling Haaland und Marco Reus waren an mehr BVB-Treffern direkt beteiligt.

„Er versprüht unheimlich viel Energie, hat enorme Qualität und geht immer bis zum Letzten“, lobt Rose. „Ich erinnere mich an das Heimspiel gegen Ajax, als er in der 92. Minute noch den Gegner angesprintet hat, obwohl wir schon 47 Minuten in Unterzahl gespielt hatten.“ So ging es Spiel für Spiel, Woche für Woche. „Wenn es sein muss spiele ich jeden Tag für diese Mannschaft“, sagt Bellingham selbst. „Ich spiele solange, bis ich nicht mehr laufen kann.“

BVB-Trainer Marco Rose mit Jude Bellingham.
BVB-Trainer Marco Rose mit Jude Bellingham. © Getty Images | Getty Images

Liebling der BVB-Fans

Und er spielt mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit, egal wie der Gegner heißt. „Ich habe nie Gänsehaut, ich bin nie nervös“, sagt der 18-Jährige selbst. „Ich vertraue darauf, dass ich meine Aufgabe erledigt kriege.“ Längst gehört Bellingham zu den Publikumslieblingen, bei jeder seiner Aktionen ist im Stadion ein langgezogenes „Juuuuuude“ zu hören.

Sympathien hat er jüngst auch in seiner englischen Heimat gesammelt: Der Nationalspieler war zu einer Gala in Manchester eingeladen, bei der die junge Sportpersönlichkeit des Jahres geehrt wurde. Bellingham musste sich zwar der 13-jährigen Skateboarderin Sky Brown geschlagen geben, die bei den Olympischen Spielen Bronze geholt hatte. Dass er danach dennoch von Tisch zu Tisch ging und sich von Teilnehmern und Zuschauern verabschiedete und auch dem Personal dankte, trug ihm viel Lob ein. Auch in Dortmund fällt Bellingham immer wieder als bodenständig und höflich auf: Bei Medienrunden wird jeder Journalist per Handschlag – oder Corona-Faust – begrüßt und verabschiedet. Eskapaden neben dem Platz sind keine bekannt, lieber verbringt der junge Mann seine Freizeit zu Hause mit seiner Mutter, die ihn aus England nach Dortmund begleitet hat und bei ihm wohnt.

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Emotionale und aggressive Spielweise

Auf dem Platz ist es schnell vorbei mit Zurückhaltung und Höflichkeit, Bellingham diskutiert gerne und oft mit dem Schiedsrichter und schießt dabei auch mal übers Ziel hinaus – die Gelbsperre war die logische Konsequenz. „Natürlich reden wir mit ihm darüber“, sagt Rose. Aber er weiß auch, dass das eine Gratwanderung ist, denn Bellingham soll sich seine emotionale und aggressive Spielweise ja erhalten, soll sich weiterhin mit allem, was er hat, für den Erfolg der Mannschaft einsetzen. „Er gibt uns so viel, dass ich einfach möchte, dass er so bleibt, wie er ist“, meint der Trainer. Ein wenig besser kanalisieren soll Bellingham seine Emotionen in Zukunft – aber mit gerade einmal 18 Jahren bleibt noch Zeit, das zu lernen.