Dortmund. Marco Reus kritisiert die Taktik des BVB im ersten Durchgang. Trainer Marco Rose widerspricht seinem Kapitän.

Reihenweise sanken die Akteure zu Boden, kaum dass Schiedsrichter Felix Zwayer die Partie abgepfiffen hatte. Die Bundesligapartie zwischen RB Leipzig und Borussia Dortmund hatte allen Beteiligten viel abverlangt, bei den Leipzigern kam nun riesengroße Erleichterung dazu, bei den Dortmundern Enttäuschung, Ernüchterung, Frust über diese 1:2 (0:1)-Niederlage vor 43.429 Zuschauern. „Über 90 Minuten war das ein verdienter Sieg für Leipzig“, resümierte BVB-Trainer Marco Rose, der sich die Reise in seine Heimatstadt ganz anders vorgestellt hatte. „In der ersten Halbzeit waren wir nicht gut im Spiel, hatten keine Kontrolle, zu wenig Tiefe, zu wenig Zug zum Tor und waren zu unsauber, wenn wir nach vorne hätten spielen können.“

Leipzig beherrschte das Geschehen überraschend deutlich: In der 13. Minute war der an diesem Abend überragende Stürmer Christopher Nkunku schon einmal durchgebrochen, aber frei vor dem Tor an BVB-Schlussmann Gregor Kobel gescheitert. Den Nachschuss setzte Dominik Szoboszlai knapp daneben. Leipzig drückte, Leipzig wirbelte, Leipzig spielte schnell und direkt nach vorne, während der BVB selten in die gegnerische Hälfte vordrang und den Leipziger Strafraum nur aus der Distanz sah.

BVB-Kapitän Reus über erste Halbzeit: "Können wir komplett vergessen"

Die Führung für die Gastgeber war die logische Konsequenz: Josko Gvardiol passte perfekt in die Spitze, die Dortmudner Abwehrfalle versagte, Manuel Akanji ließ Nkunku laufen, der noch Kobel umkurvte und einschob (29.). Erst gegen Ende der ersten Halbzeit schoss der BVB überhaupt mal in Richtung Tor, aber bei Bellinghams Abschluss stand Mitspieler Donyell Malen im Weg (36.) – es war bezeichnend für das Dortmunder Offensivspiel. Zur Pause stellte Rose dann um von Dreier- auf Viererkette in der Abwehr. „Und die Umstellung hat uns gutgetan, wir sind gut rausgekommen aus der Pause haben Druck ausgeübt und ein Tor geschossen“, meinte der Trainer. Thomas Meunier spielte einen herrlichen Steilpass, den Kapitän Marco Reus frei vor dem Tor zum Ausgleich nutzte (52.).

BVB-Kapitän Marco Reus.
BVB-Kapitän Marco Reus. © firo

Der allerdings hatte nicht allzu lange Bestand, weil Leipzig die gefährlichere Mannschaft blieb und die Gäste defensiv nicht immer Zugriff bekamen. Und so narrten vier Leipziger sechs Dortmunder, am Ende flankte Nkunku scharf und Yussuf Poulsen schob am langen Pfosten ein (68.). „In der Summe war es ein wildes Spiel im zweiten Durchgang, was Leipzig in einer Situation in die Karten gespielt hat“, resümierte Rose, der wieder die vielen Verletzten noch Erschöpfung als Gründe gelten lassen wollte. Nein, die schwache erste Halbzeit war ein Schlüssel: „Die erste Halbzeit können wir komplett vergessen“, schimpfte Reus.

Bei der Ursachenforschung aber gingen die Meinung auseinander – Reus nämlich stieß in überraschend deutlichen Worten eine Taktikdiskussion an: Die Viererkette hätte er lieber von Beginn an gewählt, weil sie „uns einfach deutlich besser liegt, weil wir viel aktiver sind als in der Fünferkette“, meinte er. „In der Fünferkette haben wir einen Mann weniger im Zentrum, der mit uns pressen kann und damit kommen wir gar nicht klar – das müssen wir ganz klar sagen.“

BVB-Trainer Marco Rose widerspricht Kapitän Reus

Das allerdings wollte Trainer Rose so nicht stehen lassen – die Dreierkette war ja auch eine Folge daraus gewesen, dass gleich drei potenzielle Linksverteidiger fehlten. „Thorgan Hazard hat in der zweiten Halbzeit als linker Verteidiger gespielt, das hat er zum ersten Mal gespielt“, meinte Rose. „Hätten wir gewusst, dass er das über weite Strecken so gut spielt, hätten wir uns möglicherweise auch für eine Viererkette entschieden.“ Aber: „Es ist keine Frage des Systems. Wir haben auch mit Dreierkette Punkte geholt. Ich weiß nicht, ob wir mit Dreierkette überhaupt einmal verloren haben, also erübrigt sich die Diskussion.“

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