Dortmund. Der BVB könnte zur Super League eingeladen werden. Die Fanabteilung ist gegen eine Teilnahme – weil sie gegen die Werte des Klubs liefe.
Jakob Scholz hat eine unruhige Nacht hinter sich. Am Sonntagabend haben zwölf der größten Klubs Europa erklärt, dass sie sich abspalten wollen vom europäischen Klubfußball, dass sie ihre eigene Super League gründen wollen. Das beunruhigt den Fußballfan Scholz – auch in seiner Rolle als Vorstand der Fan- und Förderabteilung bei Borussia Dortmund. „Wir sehen das extrem kritisch, wir sind schockiert ob der Entwicklung, die das Thema jetzt genommen hat“, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. „Die größten Klubs spalten sich ab und machen einen Wettbewerb, der kein wirklicher Wettbewerb ist, der sich gegen die fundamentalen Leistungsprinzipien im Fußball und den fairen Wettbewerb stellt, der eigentlich nur der Gewinnmaximierung dient. Damit zerschlägt man den europäischen Fußball.“
Und das könnte bald auch den BVB tangieren, der noch kein Mitglied der Super League ist – den die zwölf beteiligten Klubs aber gerne dabei hätten. „Wir haben Angst davor, was in den nächsten zwei drei Wochen passieren kann“, meint Scholz daher. BVB-Geschäftsführer Hans Joachim Watzke habe eine Super League in der Vergangenheit deutlich abgelehnt. Und aktuell? „Die Stellungnahme heute von Borussia Dortmund war sehr schwammig, weil sie gar nicht die Position des Klubs darstellt, sondern nur sagt: Wir werden uns so verhalten, wie die ECA sich stellt“, erklärt Scholz. „Ich habe Angst davor, dass diese Super League jetzt große Geldkoffer vor die Geschäftsstellen von Borussia Dortmund und Bayern München stellt.“
BVB-Fanabteilung fürchtet die "Zerstörung des Fußballs"
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Denn es geht um gewaltige Summen: 3,5 Milliarden Euro sollen an die Gründungsmitglieder ausgeschüttet werden, zusätzlich sind zehn Milliarden Euro für die erste Saison in Aussicht gestellt – das sind für jeden Klub dreistellige Millionensummen. „Auch ein Verein wie Borussia Dortmund, der immer basisnah und mit den Fans im Dialog war, kann sich irgendwann nicht mehr der Mechanismen des Marktes erwehren“, fürchtet Scholz. „Wir sind eine Kommanditgesellschaft auf Aktien und unsere Aktionäre fordern, dass wir wirtschaftlich handeln.“ Als Fanvertreter könne er „nur meinen eindringlichen Wunsch und meine Forderung äußern, dass der BVB die Entscheidung für den Fußball fällt und gegen die absolute Ökonomisierung und damit langfristig gegen die Zerstörung des Fußballs“.
Sollte der BVB sich zur Teilnahme an einer Super League entscheiden, bliebe das nicht ohne Folgen. „Es würde auf jeden Fall zum Bruch führen“, glaubt Scholz. „Und es würden sich noch sehr viel mehr Leute vom Profifußball und vom BVB abwenden, als dies vielleicht ohnehin schon wegen der Pandemie und den Entwicklungen der vergangenen Jahre getan haben.“
Super-League-Teilnahme "würde die Werte des Vereins mit Füßen treten"
Zwar gab es immer mal wieder Entwicklungen, bei denen die Geduld und die Gefühle der Fans arg strapaziert wurden, und trotzdem kamen sie immer wieder ins Stadion, trotzdem schalteten sie verlässlich den Fernseher ein, kauften Trikots und andere Artikel. Fanliebe verzeiht vieles, das weiß auch Scholz. „Wir haben eine innige Verbundenheit und die gibt man auch nicht so einfach auf. Wir waren da in der Vergangenheit auch oft nicht bis ins Letzte konsequent“, meint er. „Ein Einstieg des BVB in die Super League wäre jedoch ein extremes und einschneidendes Ereignis, was zu massiven Protesten von Fans aller Couleur führen wird. Das könnte sicher auch das letzte Mittel nach sich ziehen, nämlich den Boykott nicht nur dieses Wettbewerbs, sondern aller Spiele.“
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Noch allerdings ist unklar, wie sich der BVB entscheidet, von daher sind auch die Reaktionen schwer absehbar. Scholz aber betont, wie sehr sich der BVB in den vergangenen Jahren für Themen wie Nachhaltigkeit, Basisnähe und Werteorientierung eingesetzt hat, wie er diese im Unternehmen verankert hat. „Eine Entscheidung für eine Super League würde all das konterkarieren, was man in den letzten Jahren mühsam aufgebaut hat“, sagt er. „Es wäre eine unerklärlich und keine nachhaltige Entscheidung. Man würde den Verlockungen des Geldes erliegen, aber alle anderen Aspekte, die Borussia Dortmund und die Werte unseres Vereins ausmachen, mit Füßen treten.“