Dortmund. Nach vielen Verletzungen war Marco Reus zuletzt nicht mehr Teil der Nationalmannschaft. Eine EM-Teilnahme ist dennoch nicht ausgeschlossen.

Marco Reus war erst wenige Schritte über den Trainingsplatz in Dortmund-Brackel gegangen, da schnappte er sich gleich einen Ball. Er jonglierte ihn ein wenig mit beiden Füßen, lupfte ihn anschließend immer wieder auf ein Mini-Tor. Die ersten Ballkontakte nach einer Verletzung - wie oft hat der 31 Jahre alte Profi von Borussia Dortmund solche Momente schon durchlebt?

Am Dienstagvormittag war es mal wieder soweit. Rund zwei Wochen hatte der BVB-Kapitän zuvor pausieren müssen. Es war ja auch ein übler, mit der Roten Karte geahndeter Tritt gegen Reus’ schon mehrmals lädierten Fuß, den ihm Vladimir Darida im Heimspiel gegen Hertha BSC (2:0) verpasste. Noch in der Kabine bat der Berliner um Entschuldigung. Reus nahm sie an, im Wissen, dass der Tscheche gewiss kein Rüpel auf dem Fußballplatz ist - und erst recht, weil dem Dortmunder da schon bewusst gewesen ist, dass es ihn diesmal nicht allzu schlimm erwischt hatte. „Glück im Unglück“ nannte es Reus jüngst in einem Podcast von Kicker und DAZN.

Marco Reus wurde beim BVB vermisst - aber seine Leistungen schwanken

Reus und der Wiedereinstieg ins Mannschaftstraining. Es gab Zeiten, da ist dies in Dortmund als Staatsakt zelebriert worden. Dass es diesmal ruhiger zuging, hat verschiedene Gründe. Die Prellung am Fuß war nicht so schlimm wie andere Verletzungen, die er in seiner Laufbahn bereits auskurieren musste. Die beiden Wochen Pause waren vor allem eine Vorsichtsmaßnahme, aufgrund der Länderspiele verpasste er nur die Partie in Köln (2:2).

Vermisst wurde Reus trotzdem, er ist ja schließlich Mannschaftskapitän und Identifikationsfigur - aber längst nicht mehr so sehr wie noch vor ein paar Jahren, als er zu den führenden Offensivkräften in Europa zählte. Die Leistungen des gebürtigen Dortmunders schwanken in dieser Saison, drei Tore und sieben Vorlagen sind ihm in der Liga gelungen. Nach unzähligen Zwangspausen fehlt ihm die Spritzigkeit, die ihn einst auszeichnete.

Joachim Löw (links) im Gespräch mit Marco Reus.
Joachim Löw (links) im Gespräch mit Marco Reus. © dpa

Kurz nachdem Reus nach rund einer Stunde die volle Trainingseinheit ohne Komplikationen mit der Mannschaft beendet hatte, sprach Joachim Löw in Düsseldorf über das heutige Länderspiel gegen Nordmazedonien (20.45 Uhr/RTL). Für die WM-Qualifikationspartien ist der Mittelfeldspieler wegen seiner Verletzung nicht nominiert worden. Löw aber hätte klarstellen können, dass Reus einer der wichtigsten Akteure in der DFB-Elf ist, dass dieser Ausnahmekönner beim Turnier sicher im Kader stehen wird, sofern er gesund ist.

Die Konkurrenz für Marco Reus ist im DFB-Team groß

Aber es ist nicht mehr 2018. Und so knüpfte der 61 Jahre alte Fußballlehrer Reus` EM-Teilnahme deutlich wie nie an Bedingungen. „Wir müssen die nächsten zwei Monate abwarten“, sagte Löw, der vor kurzem mit Reus und BVB-Trainer Edin Terzic Telefongespräche führte. „Wir werden sehen, wie er sich fühlt, ob er körperlich fit und gesund ist. Man weiß, dass er jeder Mannschaft helfen kann, aber die Voraussetzung ist eine große körperliche Fitness.“

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Eine zugeschlagene Tür klingt zwar anders, ein Bekenntnis zu Reus, der bereits die Weltmeisterschaft 2014 (Syndesmosebandanriss) und die EM vor fünf Jahren (Schambeinentzündung) verpasste hatte, war es jedoch nicht. Inzwischen ist die Konkurrenz in der Nationalmannschaft größer, über die Flügel kommen Leroy Sané und Serge Gnabry, im Zentrum, wo sich Reus am wohlsten fühlt, überragt Ilkay Gündogan. Wo ist da Platz für den BVB-Kapitän?

Noch hat Reus zwei Monate Zeit, Löw zu überzeugen. Womöglich schon im Bundesliga-Heimspiel der Borussia am Samstag gegen Eintracht Frankfurt (15.30 Uhr/Sky). Es ist eine immens wichtige Partie für Schwarz-Gelb (5.), geht es doch im direkten Duell mit dem Tabellenvierten um den Einzug in die Champions League. Im ungünstigsten Fall aus BVB-Sicht könnten die Hessen auf sieben Punkte davonziehen.

Eine von Reus’ Stärken war immer, nach Verletzungen sofort wieder in Form zu kommen. Selten ist sie so gefragt wie jetzt kurz vor den Entscheidungen in Liga, Champions League, DFB-Pokal - und EM-Kader.