Dortmund. Mahmoud Dahoud glänzte beim BVB mit starken Auftritten gegen Schalke und Sevilla. Das könnte Auswirkungen auf seine Zukunft haben.

Ballannahme, schnelle Drehung, scharfer Pass. Es ist eine einzige fließende Bewegung, die Mahmoud Dahoud am Dienstagvormittag auf den Trainingsplatz in Dortmund-Brackel zaubert. Borussia Dortmunds Trainer Edin Terzic hat eine kurze Einheit angesetzt zum Start in die Trainingswoche vor dem Bundesligaspiel gegen Arminia Bielefeld am Samstag (15.30 Uhr/Sky). 35 Minuten mit technischen Übungen und Spielformen. Gute Ballbehandlung ist also gefordert, ein sauberes Passspiel, außerdem flinke Bewegungen und aggressive Balleroberungen. All das also, was Dahoud auszeichnet. Eigentlich.

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Es findet sich beim BVB kaum jemand, der nicht vom Potenzial und den Begabungen des 25-Jährigen schwärmt. Seit Jahren träumen sie in Dortmund ja von einem Mittelfeldspieler, wie sie ihn einst in Ilkay Gündogan hatten: schnell, trickreich, kreativ; einer, der von hinten das Spiel aufziehen und vorne die Bälle reinschießen kann. Und seit Jahren sind sie überzeugt, dass dieser Dahoud dafür alles mitbringt. Eigentlich.

Aber: Seit Dahoud 2017 aus Gladbach zum BVB kam, hat er dies im Training regelmäßig gezeigt, nur in den Spielen nicht. Immer mal wieder schien es kurzzeitig, als sei der Durchbruch gelungen – und dann verschwand er wieder aus der Startelf oder sogar aus dem Kader.

BVB: Mahmoud Dahoud war im Januar suspendiert

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Zuletzt zum Jahresbeginn, als er im Training mit Edin Terzic aneinandergeraten und kurzzeitig suspendiert war – eigentlich untypisch für Dahoud, der unter den Kollegen zu den Stimmungskanonen zählt und auch bei geringer Spielzeit meist gut gelaunt daherkommt. Und aktuell ist die Laune besonders gut, denn es läuft gut wie lange nicht: Beim 3:2-Sieg beim FC Sevilla in der vergangenen Woche machte der Mittelfeldspieler sein wohl bestes Spiel, seit er in Schwarz-Gelb unterwegs ist. Nicht nur wegen seines sehenswerten Fernschuss-Tores. Und auch beim 4:0 auf Schalke gehörte er zu den Aktivposten. Endlich agiert Dahoud wie ein Nationalspieler, der er ja ist, seit ihn Bundestrainer Joachim Löw im vergangenen Oktober recht überraschend einlud.

BVB-Mittelfeldmann Mahmoud Dahoud (mitte) freut sich über seinen Führungstreffer gegen Sevilla. Seine Teamkollegen Emre Can (links) und Raphael Guerreiro eilen herbei.
BVB-Mittelfeldmann Mahmoud Dahoud (mitte) freut sich über seinen Führungstreffer gegen Sevilla. Seine Teamkollegen Emre Can (links) und Raphael Guerreiro eilen herbei. © dpa

„Wenn er konzentriert, mit Selbstbewusstsein spielt, hat er ein sehr großes Repertoire“, sagt BVB-Sportdirektor Michael Zorc im Gespräch mit dieser Redaktion. „Er darf aber keine Leichtsinnsfehler machen.“ Es ist ein Lob, in dem die Kritik schon enthalten ist. Denn dass Dahoud unter vier verschiedenen Trainern in Dortmund nie zum unumstrittenen Stammspieler wurde, liegt vor allem daran, dass er dieses Repertoire nie konstant zeigen konnte, dass sich manchmal in einem Spiel herausragende Aktionen abwechselten mit haarsträubenden Fehlern. Die Trainer wussten nie so recht, welchen Dahoud sie bekommen würden – und ließen ihn meist draußen.

Dahoud gilt beim BVB als Verkaufskandidat - eigentlich

Deswegen beobachten die Verantwortlichen nun interessiert, aber auch mit einer gewissen Skepsis, wohin die Entwicklung dieses Mal geht. Ob der Hochbegabte, der mit 25 dem Talente-Alter längst entwachsen ist, die eigenen Leistungen endlich verstetigen kann. Denn die Frage könnte die Personalplanung für den Sommer entscheidend beeinflussen.

In der Vergangenheit hatte es immer wieder Anfragen gegeben, die mal nicht attraktiv genug für den Spieler waren, mal vom Verein abgelehnt wurden. Wie im Dezember 2019, als sich der FC Sevilla meldete, nachdem Dahoud bei der U21-EM geglänzt hatte. Für den kommenden Sommer galt er bislang bei noch einem Jahr Vertragslaufzeit und stattlichem Gehalt als klarer Abschiedskandidat, aber wirklich sicher ist wenig in Corona-Zeiten -- gerade in dieser Personalie.

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Sie wissen in Dortmund inzwischen, dass Dahoud Vertrauen spüren muss, dass er keine Angst haben darf, beim nächsten Fehler auf der Bank zu landen – sonst spielt er nervös und fehlerhaft. Aber können sie ihm dieses Vertrauen beim BVB bieten, wo die Konkurrenz und die Ansprüche gewaltig sind?

BVB hofft noch auf die Qualifikation für die Champions Leaue

Andererseits: Man braucht so einen Spielertypen ja, und warum soll man einen für viel Geld holen, wenn man ihn schon im Kader hat? Dass Interesse am Gladbacher Florian Neuhaus ist ja verbürgt – allerdings mehren sich die Zweifel, ob man in Corona-Zeiten und den damit verbundenen Geldsorgen wirklich eine Ausstiegsklausel in Höhe von 40 Millionen Euro ziehen sollte. Und das unabhängig von der Personalie Dahoud. Sollte der nun aber nachhaltig überzeugen, gäbe es kaum noch Argumente, auf dieser Position zu investieren – zumal man ja erst im vergangenen Jahr Jude Bellingham für 25 Millionen Euro geholt hat.

Und dann ist da schließlich die Frage, ob man bei sechs Punkten Rückstand auf Platz vier überhaupt die Champions League und die damit verbundenen Geldtöpfe erreicht, und im Sommer groß investieren kann. Sicher ist nur: Auch dabei wäre ein Dahoud in Bestform mehr als hilfreich.