Mönchengladbach. Durch das 2:4 in Gladbach rutscht der BVB aus den Champions-League-Rängen. Ein Verpassen der Königsklasse hätte für die Dortmunder fatale Folgen.

Die Eindrücke waren die gleichen und deswegen waren auch die Formulierungen ähnlich: „Ab der zehnten Minute haben wir in der ersten Halbzeit ein Topspiel hingelegt“, sagt Mats Hummels. „Wir haben in der ersten Halbzeit eine ordentliche Reaktion gezeigt nach zehn bis 15 Minuten“, meinte Marco Reus. Es waren grundsätzlich positive Sätze zum Auftritt von Borussia Dortmund, aber es waren auch sehr verräterische Worte – weil sie mit klaren Einschränkungen versehen waren. Ein starkes Spiel über 90 Minuten, das bekommt der BVB in diesen Tagen nicht hin. Und folgerichtig ging die Bundesligapartie bei Borussia Mönchengladbach 2:4 (2:2) verloren.

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Es war ein enttäuschender Abschluss einer enttäuschenden englischen Woche, es war das dritte Spiel in Serie ohne einen Sieg. Nur ein Punkt aus drei Partien, das ist viel zu wenig für einen Champions-League-Aspiranten. Folgerichtig ist der BVB von jenen Plätzen verdrängt, die Zutritt zur lukrativen Königsklasse verschaffen. Spätestens jetzt sollte beim BVB jeder erkannt haben, wie ernst die Lage ist. Vom Titel muss nun längst niemand mehr träumen, es geht darum, sich irgendwie auf einem der ersten vier Plätze ins Ziel zu retten. Denn das Verpassen der Champions League hätte finanziell fatale Folgen, gerade in Corona-Zeiten. Es würde den BVB in seiner Entwicklung erheblich zurückwerfen.

Beim BVB hapert es am absolten Willen

Aber ist sich jeder in der Mannschaft darüber im Klaren? Die jüngsten Auftritte wecken Zweifel. Nach dem 1:2 bei Bayer Leverkusen hatte Trainer Edin Terzic über fehlende Mentalität geklagt und eine Reaktion beim Spiel in Gladbach gefordert. Die gab es durchaus auch. Aber dann stellte sich die Mannschaft wieder einmal ein Bein, weil sie gleich drei Gegentore nach Standardsituationen kassierte. In solchen Szenen geht es um Konzentration, um Verantwortungsgefühl und um den absoluten Willen, als erster an den Ball zu kommen. Und da hapert es allzu oft.

Für die Verantwortlichen ist die Lage nun knifflig: Die Patrone „Trainerwechsel“ haben sie bereits verschossen, rein tabellarisch war es eine Platzpatrone. Terzic brachte zunächst neuen Schwung herein, aber er verzweifelt wie sein Vorgänger Lucien Favre zunehmend an den Launen seiner Mannschaft, die noch vor zwei Wochen beim 3:1-Sieb bei RB Leipzig eine Halbzeit lang den besten Fußball seit langer Zeit zelebrierte – und danach ins Straucheln geriet.

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Inhaltlich kann man Terzic bislang keinen großen Vorwurf machen, seine Personalentscheidungen waren allesamt nachvollziehbar. Den formschwachen Raphael Guerreiro ließ er zwar in der Startelf, aber er hatte als Alternative ja nur den noch formschwächeren Nico Schulz. Wieder einmal wechselte der Trainer spät – aber er hatte a auch nicht wirklich das Personal, um den offensiven Druck zu erhöhen. Für den Angriff saßen auf der Bank, der zuletzt erkrankte Giovanni Reyna, der erst 16-jährige Youssoufa Moukoko und Steffen Tigges, der bislang U23-Kapitän war.

Der BVB hat genug Qualität für die Top-4 - aber ruft diese nicht konstant ab

Die Dortmunder erleben zurzeit mal wieder die Tücken des Weges, der sie überhaupt erst in die Höhen geführt hat, in denen sie sich heute bewegen – und wo die Luft schnell dünn werden kann. Der BVB setzt auf junge Spieler, er vertraut ihnen, er baut auf sie – und muss damit leben, dass Teenager wie Giovanni Reyna (18), Jude Bellingham (17), aber auch Jadon Sancho und Erling Haaland (20) noch nicht die nötige Konstanz in ihren Leistungen haben können – Formschwankungen gehören dazu.

Umso wichtiger wäre da eine stabile Achse aus erfahrenen Spielern. Wenn dann aber die wackeln, die Halt geben sollen, also Hummels, Reus oder Roman Bürki – dann wird das Gebilde sehr schnell sehr fragil. Der Dortmunder Kader hat an sich ja mehr als genug Qualität, um unter die ersten Vier zu kommen. Aber er ruft diese Qualität einfach nicht verlässlich ab. Und das ist, wenn es in dieser geballten Häufung auftritt, kein Pech mehr, sondern ein Problem – und ein Zeichen, dass einiges im Argen liegt.

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Der BVB muss sich irgendwie in den Sommer retten – und dann wird sich einiges ändern müssen. Zum neuen Trainer muss es auch eine erneuerte Mannschaft geben, der BVB bräuchte einen Umbruch. Wie so oft in den vergangenen Jahren. Aber: In Corona-Zeiten ist das schwierig, da fehlt das Geld dafür – wenn man nicht einen Topstar der Marke Haaland oder Sancho verkaufen möchte, was die Mannschaft gleich wieder sportlich schwächen würde. Sollte man die Champions League verpassen, wird der BVB erst recht gezwungen sein, teure Stars zu verkaufen – der BVB und seine Spieler spielen in den kommenden Wochen also sehr konkret um ihre Zukunft.

Dortmund steht vor entscheidenden Monaten

Im Sommer stehen also viele personelle Entscheidungen an – und die müssen sitzen. Nicht nur beim Personal auf dem Platz, auch für den 2022 scheidenden Sportdirektor Michael Zorc bald muss ein Nachfolger gefunden werden.

Die kommenden Monate, sie werden sehr entscheidend für die Zukunft von Borussia Dortmund sein.​